laut.de-Biographie
Faber
Seit seinem crowdgefundeten Debüt "Alles Gute" gilt der 1993 geborene Zürcher Singer-Songwriter Faber als vielleicht größte Hoffnung im Schweizer Popgeschäft. Die EP erscheint im Mai 2015 beim Sophie Hunger-Label Two Gentlemen und erntet bis weit nach 2016 hinein im gesamten deutschsprachigen Raum gute Rezensionen, und auch seine Live-Auftritte finden schnell großen Zuspruch.
Für diese Begeisterung ist mutmaßlich Fabers Authentizität verantwortlich (was er sicher nicht gern hören würde, denn er hasst diesen Sei-Du-Selbst-Kult). Allein an der Akustikgitarre bildet der Sohn des italienischen Liedermachers Pippo Pollina und Bruder von Madlaina in Windeseile eine treuergebene Gefolgschaft: mit bildhaften Texten, die von Freiheit, Selbstzweifeln und Verlierertum erzählen.
Denn Faber, mit bürgerlichem Namen Julian Pollina, beherrscht das Balancespiel zwischen Schwermut und ironischer Distanz, wenn er etwa die Wählergemeinde rechtspopulistischer Parteien in der Schweiz, Österreich und Deutschland zeitgemäß personifiziert. "Mein Dorf ist grau / Mein Alltag und meine Alte auch / Nur die Bunte bringt hier Farbe ins Haus / Ich träume oft von früher und wie schön es war", heißt es etwa im Song "Wer Nicht Schwimmen Kann Der Taucht".
Er hat ein Händchen für griffige, einprägsame Songzeilen wie "Zürich brennt nicht mehr, Zürich kauft jetzt ein". Der zugehörige Song heißt "Züri", seine Texte trägt Faber aber in einwandfreiem Hochdeutsch vor, obwohl er natürlich auch das Schwizerdütsch beherrscht.
Mit dieser rau raspelnden Unverstelltheit bei zugleich einfachem Mitteleinsatz tritt er, der nach diversen Bandformaten 2013 mit dem Sololiedermachen beginnt, im Umfeld von AnnenMayKantereit, Element Of Crime und Von Wegen Lisbeth auf den Plan. Mit selbigen teilt er sich auch das Management. Sophie Hunger hatte er bei einem Konzert von Stiller Has getroffen und einfach angesprochen.
Zunächst rekrutiert Faber seine Hörerschaft noch vorrangig bei schlecht bezahlten Hochzeits- und Restaurantauftritten und überall sonst, wo man ihn in seiner Zürcher Heimat lässt. "Wenn ich daran zurückdenke, bin ich schon froh, dass ich mittlerweile Konzerte spielen kann, wo mich das Publikum hören mag."
So bescheiden muss Faber, der gelegentlich auch unter dem Künstlernamen Jimmy Ragusa auftritt, allerdings gar nicht sein. Allein im Sommer 2016 spielt er mit Mitmusiker Tillmann Ostendarp (Posaune, Schlagzeug) im Zuge seiner zweiten EP "Abstinenz" auf Dutzenden Festivals. Wenn es sein muss, eben auch vor der Bühne. Mehr als Gitarre, Schlagzeug und Posaune ist dafür nicht nötig. Auch ein Vorbandauftrag für die zu jener Zeit gefeierten Wiener von Wanda springt dabei heraus. Neben Ostendarp zählen noch die Musiker Goran Koc (bürgerlich Silvan Koch, Klavier, Orgel), Max Kämmerling (E-Gitarre, Darbuka, Bouzouki, Saxophon) und der auch bei Panda Lux aktive Janos Mijnssen (E-Bass, Cello) zu seiner Live-Band, dem Goran Koc y Vocalist Orkestar.
An selbstironischem Augenzwinkern mangelt es Faber in keinem Fall. "Das Reizvolle ist bei uns vielleicht, dass wir zwar unter dem Label Singer-Songwriter angekündigt werden", so der Schweizer. "Aber wenn man uns dann live sieht, merkt man, dass es eigentlich viel brachialer ist. Akustik-Punk für Mädchen – so könnte man es sagen. Am liebsten würde ich wie Jacques Brel klingen. Ich klinge leider anders."
Zwischenzeitlich tritt Faber live etwas kürzer oder probiert andere Sachen wie das Zappa on the Hill-Projekt bei Luzern. Ende 2019 erscheint "I Fucking Love My Life". Die sich anschließende 'Promo'-Tour wird von Publikum und der (deutschen) Presse wieder regelrecht gefeiert und dann leider vorzeitig vom Virus beendet.
Zu Beginn der Pandemie in Zürich gestrandet, treffen Faber und sein Mitbewohner Dino Brandao im Frühjahr 2020 bei einer Wohnzimmer-Session erneut auf Sophie Hunger. Es folgten der erste gemeinsamen Live-Auftritt beim Züricher Radiosender gds.fm, den man hier noch anhören kann, sowie mehrere Gigs in der Roten Fabrik. Aus den Sessions geht das viel gelobte gemeinsame Album "Ich Liebe Dich" hervor.
Im Sommer 2022 geht Faber wieder mit seiner Band auf Deutschland-Tour. Im August erscheint mit "Orpheum" Fabers erstes Live-Album, ein Mitschnitt des Auftritts in der gleichnamigen Spielstätte in Graz. In Österreich werden Faber und seine Band eben ähnlich euphorisch gefeiert wie in Deutschland, und so wundert es kaum, dass Pollina beim Konzert in der Arena Wien im verkündet: "Ich bin nach Wien gezogen, das war die beste Entscheidung meines Lebens." Dem Publikum gefällt's, der Wohnort Wien bleibt aber nur eine Episode.
Abgesehen von einem Gig als Ersatz für Florence & The Machine beim Zürich Open Air hört man 2023 zunächst wenig von Faber. Erst im August kündigt er das neue Album "Addio" und die dazugehörige Tour an - die er wenig später wegen gesundheitlicher Probleme auf das Frühjahr 2024 verschieben muss. Damit verschiebt sich auch der Album-Release: nur wer für die "Addio"-Tour Tickets kauft, bekommt als Dreingabe das Album vorab als Vinyl und einen Code zum Streamen.
Mit "Addio" erfindet sich Faber ein Stück weit neu. An die Stelle der Balkan-Beats treten treibende Elektro-Rhythmen und arabisch anmutende Klangfarben, die auf den neuen Produzenten Thomas Azier zurückzuführen sind. Eine weitere markante Neuerung sind die allgegenwärtigen, von Janos Mijnssen arrangierten mehrstimmigen Gesänge, Chöre und Choräle. Diese bringen Faber und seine Band bei der "Addio"-Tour Anfang 2024 in großer Besetzung u.a. mit Dino Brandao auch live auf die Bühne.
Im Herbst 2023 gibt Julian Pollina aka Faber in dem Film "Der Junge Dem Die Welt Gehört" auch sein Schauspiel-Debüt bei den Hofer Filmtagen. In dem von der Hofer Jury explizit gelobten Film spielt Pollina die Hauptrolle, die ihm allerdings auch wie auf den Leib geschnitten ist. Weitere Rollen bestreiten Denis Lavant und Corinna Harfouch, bei Regie und Produktion haben Robert Gwisdek und Chiara Höflich zusammen gearbeitet, die zuvor auch schon gemeinsam mehrere Videos von Rammstein gedreht hatten.
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