laut.de-Kritik
Ein dunkel leuchtender Hardrock-Gig.
Review von Eberhard DoblerSchon wieder live? Was sonst, könnte man antworten. Schließlich zeichnen sich Jane's Addiction nicht durch Übereifer aus, was neues Material angeht. Im Gegenteil. Vier Alben in nun fast 30 Jahren: angesichts des Underground-Klassikerstatus, den die Kalifornier inne haben, ziemlich wenig.
Natürlich gilt es dabei, den jahrelangen Break in den Neunzigern zu berücksichtigen, den sie sich ausgerechnet mehr oder weniger auf dem Höhepunkt ihrer Karriere leisteten. Gitarrist Dave Navarro spielte ab 1994 einige Zeit bei den Peppers, auch der Rest der Band war in Nebenprojekten wie Porno For Pyros aktiv.
Der Paradiesvogel am Mikro, Perry Farrell, ein gebürtiger New Yorker, schrieb zudem als Begründer des Lollapalooza Festivals (seit 1991) Alternativerock-Geschichte. Jane's Addiction gingen mit der Nummer "Been Caught Stealing" (1990) in jene ein. Womit wir bei der aktuellen Livescheibe angelangt wären.
Bereits der Comeback-Platte 2011 lagen Livetracks bei. "Live In NYC" wurde im selben Jahr bei einem Gratiskonzert im Zuge der Albumpromotour am 5. Juli im Terminal 5 aufgenommen. Ein Jahr zuvor kam eine Live-DVD aus New Orleans. Also braucht es das? Braucht jemand drei Mal Janes's Addiction live innert vier Jahren, zumal die Setlists der Veröffentlichungen nicht gerade übermäßig variieren?
Sagen wir: Jein. "Live Voodoo" von 2010 dokumentiert die vorrübergehende Reunion mit Urbasser Erik Avery, was den Release rechtfertigt. Die Livesection von "The Great Escape Artist" lässt, was die Tracks angeht, "Live In NYC" dann nicht dringend notwendig erscheinen.
Klar, jede Band führt ihre bekanntesten Stücke immer und immer wieder auf: Neben "Been Caught Stealing" fehlen bei Jane's Addiction "Jane Says" und "Stop!" eigentlich nie. Das gilt auch für "Mountain Song" oder den heavy Opener "Whores". Seit dem Album "Strays" ist auch "Just Because" oft dabei. "Ted, Just Admit It ..." und zum Glück auch der super Rocker "Ocean Size" zählen ebenfalls zu den Bandfavoriten.
"Live In NYC" bietet darüber hinaus die erste Liveaufnahme der Single "Irresistible Force (Met The Immovable Object)", eine gute, auch live mit Elektronik angereicherte Nummer, aber nicht die beste des Studioalbums, dazu die eine oder andere abweichende Version eines Klassikers. Der Newswert hält sich in Sachen Setlist also tatsächlich in Grenzen.
Trotzdem ist die New Yorker Show auf DVD insgesamt sehenswert: ein direkt gefilmter, dunkel leuchtender Hardrock-Gig mit amtlichem Sound. Das Publikum ist bei der Sache, wobei es sich bei "Been Caught Stealing" fast lächerlich zurückhält. Zu Beginn schweben zwei kaum bekleidete Performance-Girls auf die Bühne der tollen Location ein.
Navarros Finger erledigen wie immer einen herausragenden Job an der Gitarre, Drummer Stephen Perkins lässt einen satten Punch auf die Kessel nieder, und Viersaiter Chris Chaney wird wohl die erste Wahl als Avery-Ersatz bleiben. Farrell erweist sich zudem als sympathisch exaltierter und stets gut aufgelegter Entertainer, auch wenn er gegen Ende der Show bei "Three Days" oder "Jane Says" nicht mehr jeden Ton trifft - es mag der Flasche Wein geschuldet sein.
Im kurzen, charmanten und reflektierten Bonusinterview plaudert Farrell unter anderem über die Anfänge der Band in den Achtzigern, deren Einflüsse oder seine Gewissheit, dass es Jane's Addiction dereinst packen würden. "Live In NYC" allein als Tondokument muss nicht sein, abgefilmt wird das Konzert aber zu einer schön runden Angelegenheit.
7 Kommentare
Schade das niemand in deutschland Janes Addiction kennt.
Nothings Shocking und Ritual de lo Habitual sind einfach nur großartige Werke (Meilensteine?).
Die beiden letzten Alben allerdings, insbesondere The great escape artist sind zu vernachlässigen.
Live in NYC ist leider ebenfalls nix besonderes bis auf Jane Says das mit Steeldrumms aufwarten kann.
The great escape artist solltest du mal intensiver hören - ich habe JA dadurch wiederentdeckt. Einer meiner absoluten Lieblingsscheiben. Aber recht hast du - die sind hier merkwürdigerweise total unbekannt. Vor Jahren in der Kölner Live Musik hall war der Laden nichtmal ausverkauft.
in welcher realität machen JA hardrock
Naja Hardrock steckt zumindest im Ansatz drinne.
Das erste Album hat schon ein gewisses Led Zeppelin Gefühl mit diesem wunderbaren Größenwahn der durch die fast schon unnötig vielen Solis entsteht.
auf great escape artist waren livetracks? war das ne special edition?
@abbedudde («
Die beiden letzten Alben allerdings, insbesondere The great escape artist sind zu vernachlässigen. »):
das kann ich so nicht stehen lassen - der kauf lohnt mind. fuer track 1 und 2!