laut.de-Kritik
The queen is gone, but she's not forgotten.
Review von Giuliano BenassiThe queen is gone, but she's not forgotten
Dass Janis Joplin auch ein halbes Jahrhundert nach ihrem frühen Tod in Erinnerung geblieben ist, zeigt sich am Wert, den ihr Porsche 356 SC bei einer Auktion im Dezember 2015 erreicht hat: 1,75 Millionen Dollar sind mindestens das zehnfache des Preises eines Fahrzeug desselben Typs ohne namhafte Vorbesitzerin und ohne die psychedelische Lackierung, die ihm ein Roadie verpasst hatte.
2015 kam auch der sehenswerte Dokumentarfilm Amy Bergers in die Kinosäle, an dem die Regisseurin sieben Jahre lang gearbeitet hatte, mit Unterstützung der Familie Joplins und der Stiftung, die das Erbe der Sängerin verwaltet. "Janis" zeichnet das Bild einer verletzlichen Frau, die auf der Bühne alles gab, abseits der Jubels aber einsam war und von Selbstzweifeln regelrecht zerfressen wurde. Das führte zu jenem Drogen- und Alkoholmissbrauch, der 1970 im Alter von 27 Jahren zu ihrem Tod führte.
Auf der CD zum Film, dem Soundtrack sozusagen, sind natürlich auch Joplins bekannteste Lieder vertreten: George Gershwins Herz zerbrechendes "Summertime", das eher fröhliche "Piece Of My Heart", die Reibeisenhymne "Cry Baby" und ihr einziger Nr. 1-Hit (kurz nach ihrem Tod), Kris Kristoffersons Klassiker "Me And Bobby McGee". "Freedom is just another word for nothing left to lose" – niemand hat diese Zeile mit solcher Inbrunst gesungen wie sie.
"After you reach a certain level of talent, and quite a few have that talent, the deciding factor is ambition, or as I see it how much you really need – need to be loved, to be proud of yourself… I guess that's what ambition is; it's not all a depraved quest for position and money, maybe it's for love. Lots of love" schreibt Joplin in einem Brief, der im Booklet abgebildet ist. Liebe als entscheidenden Faktor, ob sich Talent in Erfolg umwandelt.
Talent hatte sie reichlich, Erfolg nur kurz. Er begann 1967 beim Monterey Festival, wo sie mit der bluesig orientierten Big Brother & The Holding Company in die erste Performance-Liga aufstieg. Als sie 1969 in Woodstock mit der eher psychedelischen Kozmic Blues Band auftrat, war Joplin ein Star, doch bereits so sehr von ihrer Vorliebe für Heroin und Southern Comfort gekennzeichnet, dass ihr Label die Freigabe der Aufnahmen für den enorm einflussreichen Kinofilm verweigerte. Mit der Full Tilt Boogie Band liefen die Dinge wieder besser, doch reichte es vor ihrem Tod nur noch für ein gemeinsames Album, ihr viertes – und den einzigen Nummer 1-Hit.
Natürlich gab es danach noch viele weitere Veröffentlichungen, allen voran die Best-Of mit dem Cover, auf dem sie mit runden Sonnenbrillengläsern auf einem Chopper sitzt, die in kaum einem Haushalt fehlen dürfte. Dennoch lohnt sich der vorliegende Soundtrack, denn er bietet auch weniger bekannte Stücke. Bezeichnend der Titel des dritten, "Women Is Losers", einer der wenigen aus ihrer Feder, aufgenommen in San Francisco 1966. Die hier vorliegende Version von "Piece Of My Heart" war bislang unveröffentlicht, "Raise Your Hand" stammt vom einzigen Konzert, das Joplin in Deutschland gab, nämlich in "Frankfort, West Germany" (so das Booklet) im April 1969.
Liebe hat Janis Joplin gelegentlich gefunden. Und viel davon gegeben. Leonard Cohen verewigte ein Techtelmechtel in einem seiner eindringlichsten Stücke, "Chelsea Hotel #2: "You were famous, your heart was a legend. You told me again you preferred handsome men, but for me you would make an exception", erklärte er ihren Humor. "You said, 'Well, never mind. We are ugly, but we have the music'".
The queen is gone, but her music lives on
5 Kommentare
is this the story of janis joplin?
Knappes Jahrhundert?
Dieser Kommentar wurde vor 8 Jahren durch den Autor entfernt.
Feines Review. Neben "Cobain: Montage of Heck" u. "Amy" wohl der stärkste Soundtrack, leider schon toter Künstler in den letzten 3 Jahren. Für alle die Janis erst jetzt kennen lernen fast ein Pflichtkauf. DIE Rockröhre des vergangenen Jahrhunderts und selbst in 100 Jahren wird es so sein. Unerreicht und dank dieser Doku unvergessen.
Gruß Speedi
Janis Joplin !!!
Little Girl Blue.
Ich glaube so war sie und unvergessen.