laut.de-Kritik
Das stärkste Album kommt zum Schluss.
Review von Manuel BergerNichts ist für immer. Nicht mal die "gefährlichste Band der Galaxie". Zwar halten sich die Killerpilze die Möglichkeit eines Comebacks offen, vorerst werden sie Ende des Jahres aber von den Bühnen verschwinden - und legen zum Abschluss ihr stärkstes Album vor.
Auf die Popduseligkeit des Vorgängers "High" verzichten die Münchener diesmal größtenteils. Stattdessen schrubben sie die härtesten Riffbretter ihrer bisherigen Karriere. Druckvolles wie im Refrain des Openers "Planet B" wird live hervorragend funktionieren. Einmal, in "Mutausbruch", screamt Frontmann Jo Halbig sogar. Ja, man kann auch ganz unironisch zu den einstigen Bravo-Titelhelden moshen.
Apropos Bravo und Ironie: Die Killerpilze beweisen ein gesundes Verhältnis zur eigenen Vergangenheit und singen in "Gefahr" – gemeinsam mit Itchy – ein augenzwinkerndes Loblied auf sich selbst: "Was die gibt es immer noch? [...] Werft noch mehr BHs!". Als anderthalbminütiger Punkabriss sei das gegönnt, auch wenn die Nummer an sich verzichtbar bleibt.
Gleiches gilt für "Isar", ein mit Floskeln gespicktes Liebeslied an die Heimat, verpackt in Uptempo-Ska-Punk. Etwas ungelenk versucht die Band hier zuvor betont oberflächlichen Lyrics noch Tiefe zu verleihen: "Macht lieber was fürs Klima / Holt das Plastik aus der Isar / Ist noch ein Tropfen Bier da?". Nee, sorry. So schmeckt weder das kühle Blonde noch der gut gemeinte Denkanstoß.
Besser gelingen da die Statements in "LaLaLa" und "Gegenparty". Letztere inszenieren die Killerpilze gemeinsam mit den Berlinernvon ZSK als gut gelaunten Poppunk mit einer klaren Botschaft an besorgte Bürger und die bräunlich gefärbte Grauzone: "Du siehst dich selbst nicht als Rassist und genau das ist das Problem".
Bei "LaLaLa" geht es nicht um falsches Tun, sondern ums Wegschauen und geheuchelten Aktivismus. Am Mikro steht hier ausnahmsweise Gitarrist Mäx Schlichter. Mit seliger Gleichgültigkeit in der Stimme säuselt er: "Wieder mal ein Flüchtlingsboot / Wieder mal sind Kinder tot / Und ich, ich sitze da / Es ist mir egal". Wichtiger sind "LaLaLaLaLaLa-Likes". Noch bissiger wirds in der zweiten Strophe: "Ich hab' die Slums erlebt / Das war wirklich hart, die Hungersnot zu sehen / Schatz, geh'n wir zum Buffet? LaLaLaLaLaLa-Lachs ...".
Drummer Fabi Halbig, der schon in der Banddoku "Immer Noch Jung" federführend war, konzipierte zu "LaLaLa" auch ein sehenswertes Instagram-Musikvideo. Am Schlagzeug pausiert er dagegen kurz. Beschwingte Streicher- und Holzbläser-Melodien prägen den Track. Mit dem progressiven Arrangement tanzt der Track zwar musikalisch aus der Reihe, gerät gerade deshalb aber zum überraschenden Highlight der Platte.
Dank solch starker Impulse im Rücken übersteht man auch die textliche Netflix-Romanze "Wie Fremde" und bemühte Wortspiele im Weichspül-Rock "Nachtronauten" (feat. Curse). Denn wenn Jo dort "schwerelos" auf "lassen wir die Schwere los" reimt, erinnert das schon arg an die Worthülsen gewisser Deutschpop-Chartstürmer. Zum Glück belassen es die Killerpilze auf "Nichts Ist Für Immer" beim kurzen Zehentunken und sieden nicht im gleichen Topf. Symbol dafür: die lyrisch zwar ebenfalls eher gen Kategorie Wandttattoo driftenden, aber mit kreativem Post-Rock-Instrumentalteil ausgestatteten YOLO-Hymne "Letztes Leben" (mit Gastbeitrag von Massendefekt).
Trotz weniger Ausreißer bleibt am Ende ein überwiegend positiver Gesamteindruck. Nach "Nichts Is Für Immer" darf man guten Gewissens ein bisschen traurig sein, dass die Killerpilze abdanken – egal, ob Superfan seit 17 Jahren oder nach langer Skepsis doch noch überzeugter Späteinsteiger (schöne Grüße vom Autor dieser Zeilen). Die beste Nachricht: Auf der anstehenden Abschiedstour werden die neuen Songs noch besser funktionieren als auf Platte. Und das Comeback kommt bestimmt.
3 Kommentare mit 3 Antworten
Raus mit die Viecha!
Unjehört 0/5, klar wie Kloßbrühe.
3 Punkte, "stärkstes" Album lel... Habt ihr'n Schuss nich jehört?
Dat jibt ne Anzeije.
Dieser Kommentar wurde vor 5 Jahren durch den Autor entfernt.
4,5/5! Ein Album, das die Ärzte heute gerne schreiben würden.
Spinnste? 5/5! Das haut selbst J. S. Bach aus den Pantoffeln!