laut.de-Kritik
Nostalgietrip in die Schulzeit.
Review von Paula FetzerLina dreht die Lautstärke auf diesem Album ein großes Stück runter. Immerhin, zwischen diesem und "R3bellin" liegen gute fünf Jahre. Mit der Zeit ist sie nicht nur dem Schauspielern in "Bibi und Tina"-Filmen entwachsen, auch musikalisch begibt sie sich auf eine neue Reise. Weg vom überdrehten Synth-Pop-Krawall, hin in ruhigere Pop-Gefilde. Trotzdem bleibt sie zielgruppengerecht und wendet sich mit ihren Themen an Gleichaltrige. Lyrisch hapert es jedoch an einigen Stellen und das Album wäre auch mit ein paar Tracks weniger ausgekommen.
Auf "Lost Kids" singt Lina im Jugendjargon über ihre Erfahrungen in dem Alter. Der Nostalgietrip in die Schulzeit setzt sich gleich im darauffolgenden "Kakao" fort und zeigt sich als wenig aufregend. Hier stellt sich die Frage, was die beiden Lieder zum Album beitragen und was sie zu den zwei Songs qualifiziert, die den Hörer als Erstes erwarten.
Besonders mit der Single "Schön Genug" spricht Lina jedoch auf authentische Weise ein Problem der jungen Erwachsenen im TikTok- und Instagram-Zeitalter an. Es geht um eigene Unsicherheiten und die Angst, nicht genug zu sein. "Der Spiegel zeigt mir nur das, was ich eh an mir hass' / Irgendwann schlag' ich ihn ein / Von den Zweifeln ganz blind und für andere taub / Die sagen, 'Fehler sind richtig, denn sie machen mich aus' / Ich will mich nicht vergleichen / Ich will einfach nur reichen", singt die 25-Jährige. Diese Verletzlichkeit spiegelt sich auch in der Besetzung wider: Eine akustische Gitarre und ihre Stimme erzählen zusammen die Geschichte. Das Autotune-Gesumme am Ende zerstört jedoch abrupt die Stimmung und passt so gar nicht rein.
In "Klippe", ebenfalls als eine der Singles vorab releast, fällt vor allem das Denglisch auf, dessen sich Lina bedient. Weder in den Lyrics noch musikalisch passiert sonderlich viel, das Ganze wirkt eher wie eine Aneinanderreihung von Klischees.
Einer der interessantesten Momente auf "24/1" stellt dahingegen "Lina, Was Ist Los Mit Dir?" dar. Lyrisch geht Strahl auf eine Reise in sich selbst und thematisiert das Gefühl, emotional in ein Loch zu fallen und nicht zu verstehen, warum das gerade passiert. "Ich will da raus, doch ich schaff es nicht / Sag mir, dass morgen alles anders ist / Warum bin ich nur so kompliziert? / Was ist los mit mir? / Lina, was ist los mit dir?!", klagt Lina im Lied. Überraschenderweise folgt auf diese Lyrics ein kleiner Breakdown, den man so nicht bei der Pop-Künstlerin vermuten würde.
Mit "Offenes Verdeck", "Caprisonnen" und "Blackbox" bietet Lina den Jugendlichen von heute Musik zum gemeinsamen Chillen. Während sich die ersten beiden Tracks zwischen Pop und Rap bewegen, könnte man ihre Inspiration für "Blackbox" bei The Weeknd vermuten, konzentriert man sich auf die Musik hinter der Stimme. Alle drei erfordern in textlicher Hinsicht wenig Anstrengung der grauen Zellen.
Auch wenn das Album im Vergleich zum letzten kaum noch Kopfschmerzen macht, besteht Songwriting-technisch noch Luft nach oben. Obwohl die oft inhaltsleeren Lieder alle nur etwa zwei Minuten umfassen, ziehen sich manche unerträglich lang. Lichtblicke sind dahingegen "Schön Genug" und "Lina, Was Ist Los Mit Dir?" die durch Authentizität herausstechen.
3 Kommentare
Zumindest des dümmlichen Nena Blick irgendwo zwischen Schlaganfall und Schlafzimmer hattse schon drauf. Reicht in Deutschland. (Siehe Laut Portrait)
Dieser Kommentar wurde vor einem Jahr durch den Autor entfernt.
Lina hat mich durch meine Kindheit begleitet, ich hatte mir, jetzt wo ich selber erwachsen bin auch erwachsenere Musik gewünscht und wurde nicht enttäuscht. Der Song "Klippe" klingt mir leider etwas zu "billig produziert" und im Vergleich zu "Caprisonnen" (eines meiner Highlights des Album) eher schwach. Ich bin froh, dass Lina sich bspw. mit dem Song "Lina, was ist los mit dir?" ehrlich präsentiert, ich wünschte ihr Label würde mehr in sie investieren, mit großen Kollaborationen, Auftritten etc. könnte sie definitiv zu den ganz großen gehören.