laut.de-Kritik
Skurrile Sounds mit bezirzenden Harmonien.
Review von Kai ButterweckDie Verpackung des neuen Mogwai-Albums macht schon ein bisschen Angst, vom plakativen Namen ganz zu schweigen. Bereits auf ihrem letzten Werk "Les Revenants", dem Soundtrack zur gleichnamigen französischen TV-Serie, verzichteten die schottischen Post-Rocker nahezu komplett auf flächendeckende Gitarrenwände.
Hört das ehemalige Sound-Herz der Insulaner nun komplett auf zu schlagen? Ein an die Bettwäsche von Dr. Motte erinnerndes Coverartwork sowie der Titel "Rave Tapes" sorgen bei Freunden organischer Klänge jedenfalls erst einmal für zittrige Hände.
Doch alles halb so wild. Zwar entschwinden die Herren Burns, Braithwaite und Co. hin und wieder in elektronische Sphären fernab des klassischen Rock-Handwerks. Doch das zeigt nur eine Seite eines ansonsten wieder einmal fulminanten Klangpakets voller Aufs und Abs.
Synthetischen Wellen, die sich um einiges verschrobener als bisher aus den Boxen zwängen, stehen gewohnt markante Treibsand-Drums und teils tief verzerrte Bass- und Gitarren-Themen gegenüber, die trotz der durchaus kompakten Regler- und Effekt-Offensive zu jeder Zeit die Oberhand behalten ("Simon Ferocious", "Remurdered").
Auch anno 2014 setzen Mogwai wieder einmal Maßstäbe, wenn es um die Verbindung von skurrilen Sound-Verknüpfungen und bezirzenden Harmonieflächen geht. Mit musikalischen High End-Wegbegleitern für allabendliche Feierabend-Stunden ("Hexon Bogon", "Repelish") und komplexen Sudoku-Einschüben ("Master Card") spielt die Band bereits zur Mitte des Albums hin spielend leicht alle Trümpfe aus.
Wer allerdings jetzt schon irgendwo zwischen dem schottischen Hochmoor und der Milchstraße Abschied nimmt und sich mit geschlossenen Augen, nur noch vor sich hindämmernd, treiben lässt, der verpasst mit den drei finalen Melancholie-Paukenschlägen "Blues Hour", "No Medicine For Regret" und "The Lord Is Out Of Control" das vielleicht üppigste Post-Rock-Menü der jüngeren Vergangenheit.
Wieder einmal packen die Schotten kräftiger zu als alle anderen und legen die Latte im Genre des schwerelosen Bombasts in schwindelerregender Höhe an. Wer hier rüber will, muss sich ganz schön strecken.
11 Kommentare mit 9 Antworten
Hey Dude, wenn das nur immer so klappen würde
So isses.
@ KB: Zwar routiniert geschrieben, aber das zeigt nur, dass du dich mit Mogwai auskennst.
Auf jeden Fall ein gutes Album, finde trotzdem, dass es im Vergleich zum Vorgänger "HWNDBYW" schon recht routiniert daherkommt. Mit "Remurdered" haben Mogwai für mich den stärksten Song schon vorab veröffentlich und ich ich finde es etwas schade, dass sonst kein Song drauf ist, der mir ähnlich gut gefällt... wobei ganz klar ist: mal wieder kein Ausfall.
Ansonsten fehlt mir der hier beschrieben Bombast etwas, es ist im Gesamten eher ein reduziertes und ruhigeres Album ähnlich wie "Rock Action" oder "Happy Songs For Happy People".
Selbst mit nur einem "soliden" Album im Gepäck bringen die immer noch die vollsten Netze von allen Fischern in diesem Genre heim. Und das konstant seit über einer Dekade. Von denen erwarte ich kein zweites "Mr. Beast". Aber schön fände ich es trotzdem. Darüber hinaus hat jenzo schon alles von mir vorweggenommen
Zwar kein "Rano Pano" auf Position 3 aber nach dreimaligem hören schon so das erste echte "erwachen" auf den "Rave Tapes", mit der spürbarsten Nachwirkung im Abklang des Albums.
Sensationell irreführender Albentitel mal wieder, vergleiche "Rock Action" und "Hardcore..."
Bäm, hat am Ende doch noch voll gezündet. Der Opener, "Deesh" und "No Medicine For Regret" bringen das Album wieder auf das obere Mogwai-Level.
Kompliment an Butterweck, dass er das schon anfangs gemerkt hat. Bei mir hat's drei Monate gedauert.
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