Mit vier Monaten wurde Spencer Elden für das Cover von "Nevermind" fotografiert. Seitdem sei sein Name verbunden mit "sexueller Ausbeutung", klagt er nun.

Konstanz (mima) - Der mittlerweile 30-jährige Spencer Elden, der auf dem Cover von Nirvanas "Nevermind"-Album zu sehen ist, klagt gegen Cobains Nachlassverwalter sowie die noch lebenden Bandmitglieder Dave Grohl und Krist Novoselic - wegen Kinderpornographie. Elden verlangt mindestens 150.000 US-Dollar als Entschädigung für die lebenslangen Schäden, die er davongetragen habe. Und das ausgerechnet kurz vor dem 30. Album-Jubiläum. Für die einen ein Grund zu feiern, für die anderen ein Grund zu klagen.

Das Cover zeigt Spencer Elden als Baby, wie er in einem Swimming-Pool schwimmt und nach einem Ein-Dollar-Schein greift. Das Baby ist nackt. Der Klageschrift zufolge fühlt Elden sich dargestellt wie ein "Sexarbeiter, der nach einer Dollarnote greift."

Kurt Cobain selbst setzte damals das Cover durch

Schon damals äußerte Nirvanas Label Geffen Bedenken darüber, dass Eldens Penis zu sehen sei. Kurt Cobain hielt aber dagegen und meinte, dass er es höchstens erlauben würde, einen Sticker auf das Geschlechtsteil zu kleben, auf dem stehen müsste: "If you're offended by this, you must be a closet pedophile." Zu deutsch: "Wenn dich das hier schon kränkt, musst du wohl ein verkappter Pädophiler sein." Nun behauptet Elden aber, dass seine Eltern zu keinem Zeitpunkt formal zugestimmt hätten, das Bild als Album-Cover zu verwenden und dass das Bild kinderpornographisch sei. Zumal die Sache mit dem Sticker nie an seine Eltern herangetragen, geschweige denn ausgeführt wurde.

Komisch an der ganzen Sache ist, dass er 2016 noch ganz anderer Meinung war: Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums stellte er das Cover nach und schlug sogar vor, es vollkommen originalgetreu zu machen - sprich nackt. Diesbezüglich sagte er gegenüber der New York Post: "Ich habe zum Fotografen gesagt 'Lass es uns nackt machen.', aber er meinte, dass es seltsam sein würde, also hab ich eine Badehose getragen." Darüber hinaus meinte er im selben Interview: "Das Jubiläum bedeutet mir etwas. Es ist komisch, dass das nur fünf Minuten dauerte, als ich vier Monate alt war, und es dann so ein ikonisches Bild geworden ist."

"Ich habe diese Typen nie kennengelernt"

Das war nicht das erste Mal, dass Elden seine ambivalente Beziehung zum Cover und der Band öffentlich zeigte. Vor dem Jubiläums-Fotoshoot äußerte er sich insofern negativ zum Cover und der Band, als er in einem BBC-Interview folgendes verlauten ließ: "Wissen Sie, es ist eine Sache, ein Album-Cover mit mir zu machen. Eine andere ist es, wenn die Band dann damit 30 Million Alben herstellt und gleichzeitig so tut, als ob man mich nicht kennen würde. Ich habe diese Typen nie kennengelernt. Es ist irgendwie frustrierend, es einfach so abzutun - als ob ich nicht exisiteren würde."

Mal so, mal so: Scheinbar kann sich Elden nicht so recht entscheiden, ob er es eigentlich ziemlich cool findet, Teil eines legendären Albums zu sein oder ob er nicht doch irgendwie einen Haufen Profit daraus schlagen will. Die Tendenz geht momentan wohl in die letztere Richtung.

Fotos

Nirvana

Nirvana,  | © Motor (Fotograf: ) Nirvana,  | © Motor (Fotograf: ) Nirvana,  | © Motor (Fotograf: ) Nirvana,  | © Motor (Fotograf: )

Weiterlesen

laut.de-Porträt Nirvana

Der Verantwortliche, der 1992 bei MTV den Song "Smells Like Teen Spirit" auf Heavy Rotation setzt, ist sich wohl kaum bewusst, dass er damit den Schalter …

laut.de-Porträt Dave Grohl

Kaum ein Musiker ist seit den Neunzigern in der Alternative-Szene derart umtriebig und dabei noch so erfolgreich wie Dave Grohl. Er versteift sich nicht …

laut.de-Porträt Kurt Cobain

Kurt Cobain: Das Idol, der Mythos, die Ikone einer ganzen Generation. Wie auch bei anderen Rockstars ging die Mystifizierung seiner Person erst so richtig …

12 Kommentare mit 6 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Danke für diesen Artikel. Er hat mir die Augen geöffnet. Ich werde nun auch Anzeige gegen meine Eltern erstatten und meinen Cousinen und Cousins das Gleiche empfehlen. Die kranken Schweine bunkern mit Kinderpornografie in den Familienalben. Da diese ab und an bei Familienfeiern gezeigt wurden werden sie sogar aktiv verbreitet. Es war mir nie wirklich bewusst, aber nun ist mir klar wie oft ich doch Opfer des Missbrauchs wurde. Das erklärt nun auch, warum ich so viele Probleme hatte. Ich bin wirklich froh, dass ich nach erfolgtem Gerichtsverfahren dann endlich durch das Schmerzensgeld geheilt sein werde. Endlich wieder Hoffnung!

  • Vor 3 Jahren

    Und zum 35. Jubiläum zieht er dann wieder durch alle Talkshows. So kommt man auch an ein nettes Zubrot.

  • Vor 3 Jahren

    Da der Junge mit 4 Monaten noch nicht geschäftsfähig war, kann er meiner nicht-juristischen Meinung nach nur seine Eltern verklagen, ihn in diese Situation gebracht zu haben.

    Diese können dann klagen, für den Fall das Band / Management / Plattenfirma das Foto ungefragt benutzt haben. Was ich nicht glaube...

  • Vor 3 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 3 Jahren

    Also mich als universell libertär-orthodoxen Bewohner dieser Galaxis fasziniert das fast genauso sehr, was dann doch auch alles noch irgendwie auf dieser "Geht jetzt nicht mehr klar, weil Zeitgeist und so!"-Schiene hier so klammheimlich oder einfach dumm-dreist wie im o.g. Beispiel durchgedrückt werden soll, wie mich auf der anderen Seite bei manchen Geschichten genau das so freut und erleichtert, dass sich ein gesellschaftlicher Konsens zu bilden scheint, dass so was zumindest erst mal ne Zeit lang wieder eben nicht klar gehen sollte.

    Meine persönliche Theorie: Zeitalter der Instrumentalisierung. Deswegen lernt ja kein Mensch mehr, gescheit ein Musikinstrument zu beherrschen, die Musik des bevorzugten Genres leben und/oder mit der eigenen Musik voran bringen zu wollen - es wird an zu vielen Orten von zu vielen Menschen gleichzeitig konsequent den ganzen Tag sieben Tage die Woche auf allem anderen gefidelt und auf alles schwermetallisch geknüppelt, was der eigene Sozialmedienkanal des Vertrauens als Aushängelappen der Kalenderwoche in seine Auslage stellt.

    • Vor 3 Jahren

      Du meinst das Engagement in Subkulturen, oder?

      Generell eilt die Zahl der Musikschüler in den letzten Jahren von einem Höchststand zum nächsten. Durch den Druck der (weltweiten) Vergleichbarkeit und der freien Verfügbarkeit von Informationen war das Niveau nie höher als jetzt. Und was "gescheites" Beherrschen sein soll, ist vielleicht auch nicht so einfach. Oder hast du die "russische Klavierschule" o.Ä. durchgearbeitet?

    • Vor 3 Jahren

      "Deswegen lernt ja kein Mensch mehr, gescheit ein Musikinstrument zu beherrschen"

      ???
      Ist das ein Scherz?
      Es gab noch nie so viele virtuose Instrumentalisten wie heutzutage.

    • Vor 3 Jahren

      So was ähnliches in Sachen Aufnahmetechnik. Weswegen ich jetzt immer alles aus Prinzip ein bisschen schräg, unsauber oder unterproduziert mache. So ähnlich, wie ich es auch unter wahrnehmungsverzerrten Zuständen noch hinbekäme.

      Ich spiel in der einzigen "klassisch instrumentierten Rockband" der Gegend und in unserem Alter (bzw. jünger), die nicht live jeden Ton mit Click im Ohr spielen.

      Metronom-tight ist was anderes als miteinander eingespielt tight und ich gehöre diesbezüglich auch zu der Fraktion, die dieses metronom-tight auf der Bühne als häufig ebenso steril und austauschbar wahrnimmt im Soundbild wie die nächste und die 250 letzten Roadrunner- oder Nuclear Blast-Hausproduktionen...

    • Vor 3 Jahren

      Also, unser Drummer - eigentlich kein schlechter - schwankt auch gerne mal im Tempo, was ihm dann eine spöttische Bemerkung von Gitarrist und Bassist einbringt, mich stört es zumeist weniger.

      Ist halt Classic Rock, das muss nicht perfekt sein - wobei das Jimmy Page ganz anders sieht. Stairway to heaven war da eine Ausnahme "When I did studio work," acknowledged Jimmy Page, "the rule was always: you don't speed up. That was the cardinal sin, to speed up. And I thought, right, we'll do something that speeds up".

      Sobald Zuspieler oder sequenzierte/arpeggierte Synthparts dabei sind, dann geht ohne Click gar nichts.
      Und bei Musikrichtungen, bei denen Exaktheit besonders essentiell ist (alles Richtung Mathrock/Djent), da gibt es keine andere Option, würde ich mal sagen (oder die sind auch so gut genug).

      Die Stones haben übrigens schon vor 30 Jahren mit Click gespielt - erinnere mich noch an einen Artikel im Spiegel (?), in dem den Stones Playback vorgeworfen wurde, weil der Autor sich nicht anders erklären konnte, wie sie das Break in Rock and a hard place live so sauber hinbekommen hatten - die Antwort hieß Clicktrack... (musste dann in der nächsten Ausgabe als Gegendarstellung gedruckt werden)

  • Vor 3 Jahren

    Den hier fand ich ganz nett:

    "Wenn es dich so dermaßen traumatisiert hat, als Baby auf dem Cover von einem Nirvana-Album zu sein, dass Du das Foto zu mehreren Zeitpunkten in Kindheits-, Jugend und Erwachsenenalter und dabei jedes mal reichlich Presse vor Ort nochmal nachstellst, bevor Du die Band verklagst...".
    Internetpeople waren wie immer so fein und haben das auch längst als Fotomontage mitselbstveröffntlichten Fotos des Ex-Cover- und immer noch Cry-bBabys auf die üblich verdächtigen Verteiler hochgeladen.

    Wahrscheinlich hat's ihn so traumatisiert als Baby, dass er einfach hart verdängt hat und sich durch die nachgestellten Fotos ganz bewusst re-traumatisierte um sich plötzlich wieder erinnern konnte, wie sehr ihn das traumatisiert hat... Natürlich nur so lange, bis sein bevorzugter Abwehrmechanismus "Verdrängung" alsbald wieder das Ruder in seiner Psyche übernahm usw usf.