Nach Anschuldigungen in Böhmermanns "ZDF Magazin Royale" entschuldigt sich der Sänger, weist aber zentrale Vorwürfe zurück.

Zeven (dol) - Fynn Kliemann geht in die Offensive. Nach den Betrugsvorwürfen von "ZDF Magazin Royale", er habe medizinische Masken aus Bangladesch und Vietnam als fair gehandelte Ware aus Europa verkauft und minderwertige Masken an Flüchtlingscamps gespendet, veröffentliche der Sänger auf Instagram ein Entschuldigungsvideo – mit einigen Einschränkungen: "Ich möchte mich in aller Form bei allen Personen, Organisationen und Institutionen entschuldigen, die auf den ersten Blick enttäuscht und geschockt sind. Ich bitte um Verzeihung und um einen differenzierten Blick auf alle Perspektiven."

Immer wieder verweist er bei strittigen Fragen auf seine Geschäftspartner, sucht Schuldige oder gibt sich überfordert. So habe 2020 "die ganze Welt nach Masken geschrien". Bis zu 500 Mails pro Tag haben ihn zu dem Thema erreicht. Für ihn sei die "Notlage" in Deutschland "unfassbar" gewesen. Leicht erkennbar, inszeniert sich Kliemann als Retter in der Not. Zumindest räumt er ein, in der Hektik seinen "Wertekompass aus den Augen verloren" zu haben. Er sei nun für "Transparenz und Aufklärung" bereit, betont aber auch, dass die "Betrugsvorwürfe einfach nicht stimmen".

Kliemann behauptet, selbst nie Masken verkauft oder beworben zu haben, die außerhalb Europas produziert worden waren: "Überall, wo Portugal oder Serbien draufstand, war auch zu 100 % Portugal und Serbien drin." Das Textilunternehmen Global Tactics, an dem der Sänger laut Jan Böhmermann beteiligt sei, habe in Bangladesch Masken herstellen lassen – als ein "reines Großhandelskontingent für Handelspartner und Großabnehmer". Alle Abnehmer seien über das Herkunftsland informiert gewesen, so auch der Versandhändler About You.

Tarek Müller, Mitgründer und Geschäftsführer des Online-Händlers About You, wies besagtes Wissen am Freitag auf Twitter zurück: "Dass die Masken teilweise nicht in Europa produziert wurden, war uns bis heute nicht bekannt und wir haben den Fall unverzüglich intern geprüft, um uns ein genaues Bild zu machen." Selbst der "Verantwortliche von Global Tactics hat unserer Einkäuferin am Telefon heute bestätigt, dass wir nie eine Info erhalten haben über Produktionen außerhalb Europas". About You habe die Masken nun aus dem Shop entfernt.

In einem Spiegel-Interview bekräftigte Fynn Kliemann am Wochenende sein Dementi. Es stimme nicht, dass er "selbst Masken aus Bangladesch verkauft habe oder absichtlich kaputte Masken an Flüchtlingslager geliefert habe". Gleichwohl habe er "nie dementiert, dass Masken von Global Tactics in Bangladesch produziert werden. Ich wurde nur nie danach gefragt." Er sei lediglich die "Galionsfigur" seiner geschäftlichen Partner gewesen, die seinen Namen zu Werbezwecken genutzt hätten. "Da wurde ich vielleicht missbraucht", erklärt der Sänger im Gespräch.

Auch sonst beschreibt sich Fynn Kliemann vor allem als Opfer der Umstände. So sei ihm etwa versichert worden, dass die Fabrik in Bangladesch für "faire Löhne und faire Arbeitsbedingungen" stehe. Es sei genauso viel bezahlt worden wie in Serbien. "Da muss man sich fragen, wo das Geld bleibt, wenn es nicht bei den Arbeitern und Arbeiterinnen landet." Stets hatte er nur Gutes im Sinn: "Ich wollte am Ende des Tages nur, dass möglichst viele Masken den deutschen Markt erreichen. Darauf beziehen sich auch viele Nachrichten, die im Nachhinein total ekelhaft klingen."

Viele der privaten Nachrichten, die Jan Böhmermann in seiner Sendung präsentierte, bezeichnet Kliemann als unpassend. "Da haben sich Freunde gegenseitig angestachelt", relativiert er gegenüber dem Spiegel. Obwohl er stets behauptet hat, an den Masken nichts verdient zu haben, räumt er nun einen Gewinn von knapp 415.000 Euro ein. "Ich habe übertrieben und das muss ich mir in Zukunft abgewöhnen", dampft er es auf ein rein kommunikatives Problem ein, "Vor allem muss ich an mich selbst ran und damit aufhören, mein Bild schöner dastehen zu lassen, als es in Wirklichkeit ist."

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10 Kommentare mit 25 Antworten

  • Vor 2 Jahren

    Sollte ab sofort Xavier Tönnies heißen

  • Vor 2 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 2 Jahren

    Erwartbar, dass er ganz und gar auf die Vollmilchstraßenbewohner*innen des Alternativfakten-Universums baut.

    War auch krass auf anderen Plattformen mitanzulesen, wie von direkt nach Ausstrahlung gefühlten 15-20% unerschütterlicher Die Hard-Follower von Fynn bereits nach 72 Stunden wieder dieses perfekte Spaltungsmaß 50:50 eingekehrt schien und die Hälfte an den investigativen Aufklärungswillen des "guten Böhmi" und seiner Redaktion glaubt während die andere Hälfte sich durchaus vorstellen kann, dass dem "nicht minder guten Kliemann" hier einfach nur was von nem kommerzgeilen Klatschmagazin in einer Mischung aus Lust an eigenem Reichweitenwachstum, Profiterhöhungsinteresse und unverfälschtes pures Gutmenschentum in anderen nicht gönnen können innerhalb dieser "konstruierten Schmierenkampagne" angeheftet werden soll.

    Wenn die Zahlen stabil bleiben und meinetwegen in 2 Jahren die Hälfte glaubt, Kliemann sei hier was unrechtmäßig angehängt worden und meinetwegen weitere 20% glauben zudem an eine vollständige Läuterung und Rückkehr zum vermeintlichen ursprünglichen "Wertekompass" des Geschäfts-Kliemanns nach diesem Vorfall hier, dann wird er bei all seinen bis dahin neu gegründeten und erworbenen Geschäftsbeteiligungen noch immer sehr viel besser von Spendeneinnahmen und auf Kumpelbasis erbrachten Handwerks- bis Dienstleistungen leben können als die allermeisten die in dem Zahlenbereich überhaupt noch Einnahmen regulär in Deutschland versteuern...

    Mad respect für die Chuzpe in dieser Masche und das method acting-mäßige Durchziehen derselben. Schmarotzi-Fynn hat diese Gesellschaft und ihre Mechanismen ganz eindeutig durchschaut. :)