Zu kleine Bühne, zu wenige Frauen im Line-Up: Die Rapperin spricht Klartext.
Frauenfeld (lru) - Beim größten Hip-Hop-Festival Europas trat Ikkimel am vergangenen Donnerstag nicht auf einer der Hauptbühnen auf, sondern auf der kleineren "La Fabrik"-Stage. Vielen Besucher*innen des Openair Frauenfeld blieb der Zugang verwehrt, der Platz war voll. Bei Instagram bedankte sich die Rapperin zunächst für den Andrang und schickte in Richtung der Schweizer Veranstalter einen sarkastischen Vorschlag hinterher: "Dann gebt mir nächstes Mal doch einfach die größere Bühne."
Doch dabei blieb es nicht. In ihrer Story legte Ikkimel nach: Es sei keine Ehre, beim Openair Frauenfeld als eine der wenigen Frauen im Line-Up aufzutreten – sondern "eine absolute Schande". Ihre Kritik trifft einen wunden Punkt: der Anteil von Acts mit FLINTA-Beteiligung lag 2025 bei gerade einmal 16 Prozent. Und das in einem Jahr, in dem Frauen wie Doechii, Raye oder Nina Chuba längst Festivalbühnen füllen.
Schon 2023 war das Verhältnis in Frauenfeld unausgewogen. Auch 2024 dümpelte die Quote irgendwo knapp über 20 Prozent. Dass diese Schieflage kein rein schweizerisches Problem ist, zeigt ein Blick aufs splash! Festival. Auch dort bewegt sich der Frauenanteil seit Jahren auf ähnlich niedrigem Niveau, trotz prominenter Headlinerinnen. Trotz Diskussionen, wie sie etwa Rike van Kleef in ihrem Buch "Billige Plätze" angestoßen hat: Wer darf auftreten? Wer wird gehört? Und warum scheint weiblicher Rap immer noch als Sonderkategorie zu gelten?
Ikkimel polarisiert, das ist nichts Neues. Aber sie packt ihre Kritik an der Festivalrealität in klare Worte. Während viele sich über Einladungen zu solchen Events freuen, stellt sie eine Gegenfrage: Warum wird das überhaupt als Ausnahme gefeiert? Seit der ersten Frauenfeld-Ausgabe 2006 hat sich auf dem Line-Up wenig bewegt – von vier Frauen damals zu zehn in diesem Jahr. Mit ihrer Haltung reiht sie sich in eine wachsende Gruppe von Künstlerinnen ein, die Missstände nicht länger hinnehmen, sondern benennen. Zuletzt geriet die Künstlerin wegen ihrer Aussagen gegenüber der christlichen Community in die Kritik.
"Noch ein kleiner Ratschlag, wenn du willst, dass ich stoppe: Nimm das Kreuz aus deiner Bio, du F*tze!": Die Zeile stammt aus ihrem Song "Who's That" und sorgte – wie vieles, was Ikkimel sagt oder rappt – für Diskussionen. Es geht ihr nicht um eine pauschale Ablehnung von Religion, sondern um die Doppelmoral jener, die von Nächstenliebe sprechen, aber Hass säen. Besonders gegenüber queeren oder feministischen Stimmen.
Ikkimel macht keine halben Sachen. Sie rappt, sie provoziert, sie fordert heraus. Und wenn ein Festival sie bucht, bekommt es nicht nur eine Show, sondern auch eine klare Haltung mitgeliefert.
8 Kommentare mit 31 Antworten
Sie scheint wohl einen Nerv im Publikum getroffen zu haben. Schade, dass die Bühne nicht groß genug gewesen ist. Mir ist sie zwar etwas zu frech, aber das kann auch daran liegen, dass ich nur mit konservativen, männlichen Langweilern rumhänge, wobei ich Niveaulosigkeiten als fiktiven Identitätsausgleich eigentlich sehr feiere.
...letztens auch wieder eine Nette kennengelernt. Sie meinte, man könne sich vorzüglich mit mir unterhalten und ich wäre eine Bereicherung für ihr Leben. Ich lass die ganzen Zwischensequenzen jetzt mal weg, ihr wisst was kommt: Friendzone. Für eine Beziehung bestünde nicht diesselbe Wertebasis. Sehe ich genau so, wollte auch gar keine. Mag so dieses Eheding gar nicht, obwohl mein Charakter für sie anscheinend in Ordnung gewesen ist. Naja, kurz um: ich meinte, terminlich wird es bei mir schwierig mit Freunden, da ich ein gefragter Gesprächspartner bin und meine Geber-Ressourcen mittlerweile ausgereizt sind. Glaub, sie war schon sauer bzw. verletzt. Aber lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Ich mag einfach auch die Ruhe, das Achtsame und das Meditieren. Das nervt die Leute auf dauer sowieso zu sehr, meine Erfahrung.
Nur 16% FLINTA-Beteiligung ? O_o
Am Ende ist es immer eine Sache von Angebot und Nachfrage. Toleranz kann man nicht erzwingen, das endet nur in Ablehnung.
Aber wenn man nichts sagt ändert sich auch nichts.
@Koliger: kein aber, sondern ein „Nein!“ gehört da hin. „Angebot und Nachfrage“ ist eine sehr krude Bezeichnung für eine Art der Modellbildung, die sich im Kontext des obigen Satzes nicht sinnvoll nutzen lässt. Die grobe Denkrichtung, dass Angebot und Nachfrage voneinander abhängige Variablen sind stimmt manchmal, aber nicht einmal immer. Die genauen Definitionen der Angebots- und Nachfragefunktionen können das Modell sehr stark beeinflussen, außerdem ist die allgemeine Voraussetzung eines Gleichgewichts a priori reduktiv. Von der Annahme des Homo oeconomicus mal ganz abgesehen.
Außerdem können wir hier mit einer sehr einfachen Metrik das Verhältnis von Angebot und Nachfrage beschreiben: Es wollten mehr Menschen Ikkimel rappen sehen als es Menschen konnten, also war hier die Nachfrage größer als das Angebot.
Ich denke, dass der Homo Oeconomicos einfach der normale ad Hominem ist. Moral war ja auch in den Monarchien stets Kapital bzw. von der Inquisition als ein solches vorgeschoben. Aktuell würde mir China als Nachbildung einfallen mit den SCPs und den Vorgaben, was man zu denken und wie man zu handeln hat. Gerade für Linke und Vernunftbegabte ist Autonomie wichtig.
Also mal die oben stehende Diskussion über den Home Oeconomicus ignorierend und einfach deinem Gedanken folgend:
Der Aufhänger war doch literally, dass viele Leute ihr Set nicht sehen konnten weil sie auf ner zu kleinen Bühne war.
Klingt für mich nach zu kleinem Angebot für zu große Nachfrage.
Ein Problem was leicht mit mehr angesagten FLINTA Acts auf der größeren Bühne gelöst werden könnte oder versteh ich da was falsch?
ich habe es schon bei billige plätze kommentiert. wie macht laut.de denn INTAS sichtbar? was unternimmt deutschlands größtes musikportal, um INTA kunstschaffenden einen raum zu geben in form besprechungen, berichten oder interviews?
ps: neues laura jane grace albung die woche
Hä?
-> Album der Woche:
https://laut.de/Kae-Tempest/Alben/Self-Tit…
!?
https://laut.de/Blond/Interviews/Ich-sehe-…
Interessiere mich null für Deutschrap, spare mir also eine sehr subjektive Einschätzung. Aber ich finde es immer sehr bereichernd, wenn jemand alternative Lineup-Listen erstellt. Mit ein wenig Social-Media-Boost nimmt man so den (in aller Regel) boomerigen Bookern das Argument, es gebe zu wenige Rapperinnen, und sorgt direkt für "Nachfrage".
Es geht beim lineup um Qualität, nicht darum ein politisches Zeichen zu setzen. Musik wird nicht besser, weil sie von einer Gruppe von Menschen gemacht wird, die sich nicht ausreichend repräsentiert fühlen. Wenn diese Grundlage dazu führt, dass nur noch non-binäre Gruppen auftreten, die geile Musik machen, ist das doch gut. Keine Sau braucht Quotenkünstler, die Scheiße sind.