Kulturstaatsminister Weimer interveniert, und das Event des Satirikers hat einen ersten Skandal.
Berlin (ebi) - Chefket wird am 7. Oktober im Rahmen einer neuen Ausstellung von Jan Böhmermann im Berliner Haus der Kulturen der Welt (HKW) nicht auftreten. Medien- und Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hatte dem Rapper zuvor in einem Brief Antisemitismus vorgeworfen.
Ein für die Bundesregierung klar antisemitisches Motiv
"Chefket hat auf seinem Instagram-Kanal ein Foto von sich in einem T-Shirt mit einem Motiv veröffentlicht, das das Existenzrecht Israels infrage stellt, da der gewünschte Staat Palästina dort auf israelischem Staatsgebiet entsteht und kein Platz für Israel vorgesehen ist", zitiert der Spiegel aus einer dpa-Meldung.
Nach Überzeugung der Bundesregierung sei dies ein klar antisemitisches Motiv. Dass der Auftritt auch noch am Jahrestag des Hamas-Anschlags auf Israel am 7. Oktober geplant sei, empfinde er als "Provokation". Als HKW-Aufsichtsrat werde er nicht akzeptieren, sollte dieses für antisemitische Aktionen missbraucht werden.
"Ich boxe die von der Bühne"
Im HKW gebe es keinen Platz für Antisemitismus, hatte Intendant Bonaventure Soh Bejeng Ndikun umgehend reagiert, zudem sei Böhmermanns "klare Haltung zur Frage des Antisemitismus" öffentlich bekannt. Böhmermann selbst hatte seine Haltung am Samstag auf einer Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung noch einmal launisch unterstrichen: "Wenn hier das Existenzrecht Israels geleugnet wird oder der Holocaust, dann schnappe ich mir Wolfram Weimer, hake mich ein und boxe die von der Bühne", betonte er.
Die Kehrtwende
Zwei Tage später die Kehrtwende: "Wir sehen und hören den Einspruch, insbesondere auch von jüdischer Seite, gegen den Konzertabend am 7. Oktober 2025. Diesen Einspruch nehmen wir ernst. Er ist Anlass für uns, die Veranstaltung, deren Integrität wir nicht mehr garantieren können, an diesem Tag abzusagen", heißt es heute in einer gemeinsamen Pressemitteilung von HKW und Böhmermann.
Die Haltung zu Fragen des Antisemitismus sei "hinreichend dokumentiert", und: "Am zweiten Jahrestag des Terrorangriffs vom 7. Oktober 2023 soll keine von uns präsentierte Veranstaltung daran auch nur den geringsten Zweifel lassen." Chefket hat auf die Affäre bisher nicht direkt reagiert. Auf seinem Instagram-Kanal teilte er gestern ein Posting aus Hamburg mit den Worten: "Wir stehen zusammen für Frieden auf der Welt! Gegen Antisemitismus, Gegen Rassismus, Anti-Muslimischen Rassismus, Gegen jeden Genozid."
Böhmermanns Ausstellung, besser Happening, "Die Möglichkeit der Unvernunft" läuft noch bis 19. Oktober. Neben Konzerten stehen auch TV-Aufzeichnungen, Performances oder Talkrunden auf dem Programm: Am 8. Oktober kommt Kulturstaatsminister Weimer gar höchstpersönlich als Gesprächsgast vorbei.
Vergangene Wochen machten außerdem Meldungen die Runde, dass Böhmermanns Sendung "ZDF Magazin Royale" zukünftig weniger oft ausgestrahlt werden soll. Auch der Satiriker und Moderator selbst wolle bezüglich seiner Late-Night-Show "aus den alten Mustern ausbrechen", hieß es dazu im Spiegel.
3 Kommentare mit 4 Antworten
Vergleichen wir doch mal:
Netanjahu präsentiert gerne Karten, auf denen man das exakte Gegenteil sieht: Israel als Gesamt-Palästina, kein Platz für die Palästinenser.
Und das Existenzrecht Palästinas stellt er seit Jahrzehnten in Frage.
Im Manifest seiner Likud-Partei steht nach wie vor das Motto "From the River to the Sea!".
Den Gazastreifen bezeichnet sein Finanzminister als "Immobilien-Goldgrube".
Wie soll man DAS nun nennen?
Äh, whataboutism?
Tjoa... Ist halt eher weniger ein Problem, wenn so eine Karte die Hoffnung dafür symbolisiert, die seit 77 Jahren unterdrückte, massakrierte, entrechtete Menschengruppe könne in ihrer jahrtausende alten Heimat ununterdrückt und friedlich leben.
Ist etwas problematischer, wenn ein Militärstaat, der gerade offen und stolz Genozid begeht und Landraub betreibt, so eine Karte propagiert.
Im ersten Fall kann man gerne annehmen, dass bei den Unterstützern weltweit 95% der Menschen einen offenen, demokratischen, multireligiösen und multiethnischen Staat mit gleichen Rechten für alle wünschen.
Der Gedanke ist im zweiten Fall eher abwegig. Wer in Israel menschenfreundlich, liberal, links, offen, friedfertig ist, wird wohl kaum eine Karte ganz Palästinas als Israel, geschweige denn eines großisraelischen Reichs verwenden. Er wird vielmehr seine eigene Regierung bekämpfen.
"Whataboutism"?
Also, HIER geht es um Folgendes:
"...trug er jüngst aber ein Sporttrikot mit der Aufschrift „Palestine“. Auf Brusthöhe waren darauf zwei kleine Embleme in den Umrissen des Staats Israels und der von ihm besetzten Gebiete in Form arabischer Kalligrafien zu sehen..."
Und im umgekehrten Fall steht da gerne mal offiziell ein Ministerpräsident vor einer Karte mit dem selben Umriß. Nur mit Israel an Stelle Palästinas.
Und in Israel selber?
"Zudem sind solche Karten, die das gesamte Gebiet des historischen Palästinas zeigen, auch in Israel sehr verbreitet – allerdings unter umgekehrten Vorzeichen, oft in den israelischen Nationalfarben Weiß-Blau..."
https://taz.de/Konzert-Absage-Jan-Boehmerm…
Ich würde sagen: Das läßt sich ziemlich gut vergleichen, und gehört zusammen.
Warte, irgendwo im Schrank muss doch noch mein „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“ T Shirt sein. Wo hab ich’s bloß??
https://taz.de/Antisemitismusvorwurf-an-Bo…

Ich möchte nur gaaaaaanz kurz explizit erwähnen, dass der in dem Artikel - wo es u.a. auch um die Grenzen von Satire und was dann noch zur Ernsthaftigkeit fehlt - benannte Medienkritiker mit Nachnamen Niggemeier heißt.