Best of 1974: 50 Jahre, 50 Alben

Glam Rock und Disco regieren. Prog und Punk halten dagegen. Die "Autobahn" ist betoniert: Der Fahrt nach Lodz steht nichts im Weg. Ready to rumble?

Konstanz (laut) - Manches begleitet uns schon so lange, dass man meint, es habe seit Anbeginn der Zeiten existiert. Der VW Golf, Playmobil, "Derrick", die Ramones ... stimmt aber gar nicht: All dies trat erst im schönen Jahr 1974 auf den Plan. Genau wie die folgenden musikaischen Zeitdokumente, die wir für euch zusammengestellt haben:

50 Jahre, 50 Alben

Die Auswahl spiegelt das musikalische Geschehen: Glam Rock befindet sich auf seinem Zenit, und weil jedes Pendel immer auch in die entgegengesetzte Richtung schwingt, bringen sich auf der anderen Seite Progressive und Art-Rocker in Stellung, um das kosmische Gleichgewicht zu bewahren. Die Flower-Power-Ära treibt ihre letzten hippiesken Blüten. Während die "Seasons In The Sun" ihrem Ende entgegentaumeln, keimt im Dreck bereits ein neues Pflänzchen: Punk wird es heißen, manch eine*r betrachtet Patti Smiths Debüt-Single "Hey Joe" als erste greifbare Manifestation dieses stinkwütend brüllenden neuen Genrebabys.

Wer A sagt, muss auch BBA sagen

Den Mainstream, machen wir uns nichts vor, den regiert anno 1974 noch ohne jeden Zweifel andere. George McCrae oder Carl Douglas locken die Menschen mit Fönwellen, Schlaghosen und Koteletten, noch breiter als die breiten Krawatten, scharenweise auf die Tanzflächen. Spätestens als ABBA mit "Waterloo" den ESC gewinnen, der seinerzeit noch Grand Prix de la Chanson Eurovision heißt, und damit den Startschuss für ihre Weltkarriere legen, ist klar: Das Ding der Stunde heißt Disco.

Doch gerade in deutschen Landen (ja, damals gibt es noch zwei davon) erfreut sich neben Kraftwerks frisch betonierter "Autobahn" der Schlager ungebrochen großer Beliebtheit. "Tränen Lügen nicht", versichert Michael Holm, während Vicky Leandros einen ominösen Theo zu einem Ausflug nach Lodz auffordert. Dass es sich dabei um einen musikalischen Kommentar zu Willy Brandts Ostpolitik handeln könnte, glauben allerdings nur die verwegensten Interpretationen.

Als Willy Brandt Bundeskanzler war ...

Ja, wir befinden uns im letzten Jahr, auf das Funny van Dannen referieren kann, wenn er singt: "Als Willy Brandt Bundeskanzler war". Nachdem sich sein persönlicher Referent als DDR-Spitzel entpuppt hatte, tritt das Staatsoberhaupt zurück (so handhabte man das damals noch, wenn man Anstand im Leib hatte) und macht Platz für seinen Nachfolger Helmut Schmidt. In den USA fällt dem Präsidenten derweil die Watergate-Affäre auf die Füße: Auch Richard Nixon nimmt seinen Hut.

Sonny und Cher lassen sich scheiden, Peter Gabriel verlässt Genesis, Duke Ellington stirbt ... nix hält mehr? Immerhin läuft es im Sport: Deutschland wird Fußball-Weltmeister im eigenen Land, und am Boxsport interessierte Menschen bekommen mit dem als "Rumble in the Jungle" in die Geschichte eingegangenen Kampf Ali vs. Foreman ein Spektakel für die Ewigkeit geboten. Everybody does Kung-Fu Fighting? Von wegen.

So klingt 1974

... und weil natürlich auch fünfzig Alben nicht ausreichen, um den kompletten musikalischen Querschnitt eines ganzen Jahres abzubilden, gibt es auf laut.fm/bestof1974 das noch breitere Spektrum. Wir hatten Joy und Fun beim Kompilieren, genießt ihr beim Hören also gerne die Seasons in the Sun: