Wein, Frauen und Songs: Die Comic-Biografie "Leonard Cohen: Like a Bird on a Wire" zeigt das Leben der Singer/Songwriter-Legende.
Konstanz (giu) - Leonard Cohen starb am 7. November 2016 - einen Tag, bevor Donald Trump zum Präsidenten der USA gewählt wurde. Posthum erschienen ein Gedichtband ("The Flame", 2018) und ein Album ("Thanks For The Dance", 2019), an denen er bis zuletzt gearbeitet hatte. Ansonsten ist es eher ruhig um den Kanadier geworden. Zu ruhig, fand sein Landsmann Philippe Girard, und ersann zum Großmeister des schwermütigen Singer/Songwritertums einen Comic (Cross Cult, 120 Seiten, gebunden, 25 Euro), den er nach Cohens bekanntestem Lied benannte.
"Leonard Cohen war ein hart arbeitender Mensch, der hohe Ansprüche an sich selbst stellte und seine Arbeit sehr ernst nahm. Deshalb hatte ich das Gefühl, dass alles, das über ihn entsteht, sein Maß an Qualität einhalten muss", erklärte Girard bei der Veröffentlichung. Er las alles über Cohen, das die Bibliothek von Québec City hergab, und hörte sich seine Platten an. Live gesehen hat er ihn natürlich auch, 2012. Dennoch himmelt er ihn nicht als Star an, sondern sieht in ihm (auch) eine Person aus Fleisch und Blut.
Ein Leben als Rückblende
Passend dazu beginnt die Erzählung mit Cohens letzten Atemzügen, in der Dunkelheit neben dem Bett liegend, aus dem er gefallen ist. Als niemand seine Hilferufe hört, blickt er auf sein Leben zurück, auf seine Kindheit in Montreal, wo er 1934 auf die Welt kam. Auf den Tod seines Vaters, als er neun war. Auf seine Zeit als Dichter und Autor, die ihm zwar Ruhm, aber wenig Geld brachte. Er erinnert sich an seine Weggefährten - und besonders an die Weggefährtinnen.
Wein, Frauen und Songs
Zwei Grundsätze erklärt Cohen seiner Mutter zu Beginn der Geschichte: "Ein Gedicht ist niemals fertig, Mama. Man hört nur auf, daran zu arbeiten." Und: Was ihn interessiere, seien "Wein, Frauen und Songs". Zigaretten, Pillen und die Suche nach dem Sinn des Lebens spielten allerdings auch eine wichtige Rolle, wie Girard ausarbeitet, mit unspektakulären, jedoch liebevollen und detailtreuen Zeichnungen. Wie etwa die Darstellung von Cohens Haus auf der griechischen Insel Hydra, wo er 1961 die große Liebe seine Lebens traf, Marianne Ihlen. Ihre Beziehung hielt nicht lange, wie alle in Cohens Leben, doch behielt die Norwegerin immer einen wichtigen Platz in seinem Herzen.
Im Gegensatz zu den zwei Suzannes, die Girard zu einer Person zu machen scheint, mit vielen Techtelmechteln zwischendrin. Die erste war die Frau eines Freundes, des Bildhauers Armand Vaillancourt. Mit ihr hatte er zu Beginn der 1960er Jahre eine kurze (platonische) Beziehung, die Cohen im Lied "Suzanne" verewigte. Die zweite, Suzanne Elrod, war in den 1970er Jahren seine Ehefrau und die Mutter seiner beiden Kinder, Adam und Lorca. Sie liefert im Buch die Begründung, warum es mit den Beziehungen nie so recht klappte: "Entweder bist du auf Tournee, und wenn es das nicht ist, dann ist es die Depression oder die Frauen oder der Buddhismus. Ich bin immer allein! Wenn wir überhaupt mal zusammen irgendwohin gehen, sind wir bei deiner Mutter, und die nennt mich Marianne. Ich habs satt!"
Natürlich landete Cohen nicht bei allen Frauen, etwa bei Nico. Dafür entstand eine unwahrscheinliche Freundschaft zu Lou Reed, die begann, noch bevor Cohen im für Pop-Verhältnisse biblischen Alter von 34 Jahren 1968 sein erstes Album veröffentlichte. "Wir haben Glück, zur selben Zeit zu leben wie Leonard Cohen", erklärte Reed in seiner Laudatio zu Cohens Aufnahme in die Rock'n'Roll Hall Of Fame vierzig Jahre später.
Der Typ, der "Hallelujah" coverte
Neben seiner Gabe mit Worten hatte Cohen auch die Fähigkeit, sein Publikum zu fesseln - wie jeder weiß, der das Glück hatte, ihn live zu erleben. Legendär sein Auftritt beim Isle of Wight Festival 1970, als er ein räudiges Publikum aus 600.000 Menschen in seinen Bann zog. Dass er ab den 1990er Jahren der Typ war, der "Hallelujah" von John Cale beziehungsweise Jeff Buckley coverte, nahm er mit Humor. Mehr oder weniger, da das Lied natürlich aus seiner eigenen Feder stammt und es unzählige andere sind, die es interpretiert haben.
Viel Wissen, schön umgesetzt
Viel Hintergrundwissen also, schön umgesetzt. Warum aber nur lässt Girard Cohen 1957 eine "CD" mit Gedichten aufnehmen? Und 1976 eine mit Phil Spector, wo die Technik doch erst in den 1980er Jahren entwickelt wurde? Vermutlich handelt es sich um einen Übersetzungsfehler, Girard ist Jahrgang 1971 und kennt sich mit Vinyl bestimmt aus.
Rührend endet das Buch mit einer doppelten Trauer: Cohens letzte Erinnerung, bevor er stirbt, ist die an den Tod seines Vaters. Er läuft in den Garten, kniet sich in den Schnee und weint. Der Rabbi möchte hinaus, um mit ihm zu reden, doch Cohens Mutter hält ihn zurück und erklärt: "Er versucht auf seine Weise, frei zu sein." Eine Zeile aus dem titelgebenden Lied.
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1 Kommentar
Uuhh, klingt naise.