Die Auswertung der Studie im Rahmen eines extra angesetzten Tim Bendzko-Auftritts stimmt hoffnungsvoll und ernüchtert zugleich.
Leipzig (ebi) - Licht am Ende des Tunnels? Die Auswertung der Ergebnisse der wissenschaftlichen Konzertstudie des Universitätsklinikums Halle (Saale) im Rahmen des Tim Bendzko-Auftritts am 22. August in Leipzig lässt Konzertveranstalter Hoffnung schöpfen.
Die Ausgangsfrage, ob Hallenkonzerte unter Pandemie-Bedingungen möglich sind, ohne zu Covid-19-Hotspots zu werden, beantworteten die Forscher grundsätzlich mit ja - allerdings nur unter strengen Voraussetzungen. Derzeit sind alle Großveranstaltungen noch bis Jahresende verboten.
Um die 1.400 zuvor getestete Freiwillige hatten sich an dem Großexperiment in der Quarterback Immobilien Arena beteiligt: Tim Bendzko war dabei in unterschiedlichen Szenarien (Zuschauerzahl und Abstandsregeln im Publikum variierten) drei Mal aufgetreten. Parallel wurden die Bewegungen und Kontakte aller Teilnehmer*innen in der Halle aufgezeichnet sowie später in Computersimulationen verschiedene Lüftungskonzepte untersucht.
AHA + L-Regeln und Infektionsgeschehen
Die Wissenschaftler kamen u.a. zu dem Schluss, dass besonders die Belüftungstechnik in der Location bzw. der regelmäßige Austausch mit frischer Luft eine entscheidende Rolle spielt (Stichwort: Aerosole), so Studienleiter Stefan Moritz. Eine schlechte Belüftung erhöhe das Infektionsrisiko um ein Vielfaches.
Genauso wichtig bleiben die bekannten AHA-Regeln. Maskenpflicht während der gesamten Konzertdauer und Abstand halten: Konzerte sollten nur im Sitzen erlaubt werden, um unkontrollierte Kontakte zu vermeiden. Außerdem müsse die Besucherzahl dem aktuellen Infektionsgeschehen Rechnung tragen. Die Ergebnisse der Studie wurden gestern in einer anderthalbstündigen Pressekonferenz vorgestellt:
Veranstalter und Fans dürften die Studie verhalten positiv aufnehmen. Die detaillierten Empfehlungen der Wissenschaftler, Getränke und Speisen sollten beispielsweise nur am Sitzplatz konsumiert werden, machen Hallenkonzerte mit vielen Besucher*innen wieder möglich. Das ist die wichtigste Nachricht. Gleichzeitig wird von einer vollen Auslastung der vorhandenen Kapazitäten dringend abgeraten - womit wiederum auch Kosten-Nutzen-Analysen in den Vordergrund treten.
Größere Rock-, Metal-, Hip Hop- oder Popkonzerte könnten also, zugespitzt formuliert, unter Theater- bzw. Klassikbedingungen wieder stattfinden. Der Charme solcher Veranstaltungen erschließt sich im ersten Moment weniger. Man müsste es wohl erst selbst erlebt haben, um sich ein abschließendes Urteil bilden zu können. Für Konzertfans sowie die Livebranche, die sich am Rande der Existenz befindet, bedeuten die Studienergebnisse trotzdem ein Leuchtfeuer am Horizont - auch wenn im Kulturbereich im November erst mal alle Rollläden wieder komplett runter gehen.
4 Kommentare mit 13 Antworten
Ist ja ganz schön für Veranstalter und die großen populären Künstler, aber den kleinen, die sowieso immer am Rand des Existenzminimums leben, hilft das null weiter. Die Künstler, denen das hier was bringt, sind die die genug Reserven haben sollten um die Pandemie durchzustehen, daher kann ich hier keine wirkliche Entlastung sehen.
"Getränke und Speisen sollten beispielsweise nur am Sitzplatz konsumiert werden,"
Jap, kennt man aus der Bahn, 2 Std ohne Maske am Kaffeebecher festhalten, spätestens wenn es RL ist und kein Experiment mit Probanden. Dann natürlich auch mit den üblichen Maske-unter-der-Nase-Hurensöhnen.
Auf den Punkt gebracht.
Steht doch fest eine Studie für die Katz, Impfstoff mus her, 70% aller müssen sich impfen lassen, erst dann kann Kleinkünstler Party machen. Unter einem Jahr rechne ich da mit garnix mehr.
Entweder dass, oder die Kultur tritt der Politik geschlossen in den Arsch und fordert Methode Schweden - da funktionierts für die Kleinkunst nämlich noch erstaunlich brauchbar im Vergleich.
"Methode Schweden" wäre für unsere extrem alte und wesentlich größere (und daher komprimiertere) Bevölkerung das Todesurteil.
"unsere extrem alte und wesentlich größere"
Der Weltkriegsbauch im Tannebaum ist aber auch bei uns längst nicht mehr so groß! Also halte ich es für ein Gerücht, das wir extrem überaltert sind, im Vergleich zu anderen europäischen Ländern.
Ausserdem sind Ältere (ab 60) garnicht die Zielgruppe, die die Unterhaltungsbrache im Visier hat. Ob die nun ihre Kaffeefahrt noch machen oder nicht, spielt keine Rolle.
Das wir viele Menschen im Vergleich zu Schweden sind, auf den Quadratkilometer gerechnet, ist klar. Nur drängen sich die Menschen, da eben in den beiden Ballungszentren Göteburg und Stockholm, ähnlich wie in Berlin oder Köln.
Das mit dem Todesurteil gilt allgemein für eine Strategie die auf Herdenimunität hinausläuft.
Sehe da bei genügend Personal, medizinischen Geräten, Betten und 1a Medikamenten auch keinen Bedarf in DE. Wie die Zahlen in Schweden sind bezogen darauf, ist mir nicht bekannt. Vermute aber, das dort nicht jeder von Elchen bewohnte Landstrich, eine Hightechklinik parat hält.
Das sieht da eher so aus: https://www.youtube.com/watch?v=nw-z_FAyIVc
Finde es immer wieder spannend, wie lange sich dieser Mythos inzwischen hält, dass Schweden Irgendwas besonders gut gemacht hätte im Umgang mit Corona.
Ich gehe davon aus, dass das in Schweden genau umgekehrt erfolgt.
Schweden ist riesig im Vergleich zur kleinen Bervölkerung (10mio Menschen). Ob die 60+ jährigen die Zielgruppe sind oder nicht, ist doch gar nicht wichtig. Die Jungen, die dort hingehen würden, seuchen dann die (auch ältere) Bevölkerung weiter durch - ja und dann würde es auf diesem Wege eben doch die ganz Alten treffen. Es gibt in Deutschland immer noch soo viele echt alte Menschen und auch weitere Risikogruppen, als dass man sie allesamt isolieren könnte - davon abgesehen, dass dies auch moralisch unhaltbar wäre. In Deutschland sind die Intensivkapazitäten auch nicht mehr sooo rosig. Das liegt vor allem am mangelnden Fachpersonal, sodass in Kürze auf Personal zurückgegriffen werden muss, dass keine sonderlich großen Kenntnisse in der Intensivbeatmung aufweist. Das alles sagt doch eines aus: Der aktuelle Kurs der Bundesregierung ist nicht so verkehrt.
*das
"oder die Kultur tritt der Politik geschlossen in den Arsch"
Auch so ein Blödsinn, die Kultur, was das überhaupt?
Wenn ich morgens meinen Kulturbeutel aufmache und meine Zahnbürste aus diesem krame, ist das Kultur?
Sicher!
Weiß ja keiner das meine Zahnbürste schon ein paar Tage zu lange in Benutzung ist und ich bisher nicht dazu gekommen bin das Ding auszutauschen. Die ganzen Viren und Bakterien, die sich in den Borsten eingenistet haben, ganz zu schweigen!
Jedes Land macht es so gut es halt kann und will! Deutschland macht es weitesgehend gut und davon zeugt eine relativ gemässigt ablaufende zweite Infektionswelle.
Wichtig scheint generel in ganz Europa, alle versuchen die Ruhe zu bewahren. Da sind so Aufrufe ala "in den Arsch tretten" kaum das geeignete Mittel!
So Zähne geputzt, muss nun zum Doc, Rezepte bestellen und Vorrat an Tabletten besorgen der mich über Weihnachten bringt, bis later!
"Wenn ich morgens meinen Kulturbeutel aufmache und meine Zahnbürste aus diesem krame, ist das Kultur?"
Bitte an Farin Urlaub senden.
Versprochen, eine neue Zahnbürste besorge ich mir auch gleich!
8in mir nicht ganz sicher, was sich die Forscher hier gedacht haben. Ein Künstler wie Tim Bendzko, den die Hälfte des Publikums eh nur als Einschlafhilfe aufsucht, geschweige denn dass da irgendjemand enthusiastisch mitsingt, kann doch wohl kaum als repräsentativ für Konzerte im Ganzen gelten.
Er wollt halt kurz die Welt retten... War wohl nix
Ist irgendwie ne barmherzige Sache, daß der Versuch mit Tim Bendzko durchgeführt wurde. So vermißt man Hallenkonzerte direkt was weniger.