Tommy Cash gewann mit "Espresso Macchiato" den estnischen Vorentscheid. Beleidigte Italiener fordern nun seinen Ausschluss vom Wettbewerb.

Tallinn / Sanremo (dani) - Während die Suche nach dem deutschen Beitrag für den diesjährigen Eurovision Songcontest noch läuft, haben andere Länder bereits entschieden, wen sie ins Rennen schicken wollen. Im estnischen Vorentscheid "Eesti Laul" setzte sich zum Beispiel Tommy Cash durch. Der Mann, mit bürgerlichem Namen Tomas Tammemets, ist eigentlich ein Rapper. Sein ESC-Ticket nach Basel gelöst hat er aber mit "Espresso Macchiato", einer klamaukigen Pop-Nummer. Mit Ohrwurmpotenzial aus der Hölle, ordentlich Freakpower und einer ... öh ... auf jeden Fall bemerkenswerten Choreografie nahm Cash die Herzen des per Televoting abstimmenden Publikums im Sturm:

Tatsache: Einmal gehört, sofort im Kopf festgesetzt. Der Instant-Ohrwurm nagt nun besonders in Italien an manchem Gemüt. Tommy Cashs Teilnahme war kaum bekannt gegeben, schon weht harscher Gegenwind aus Bella Italia, wo sie vom estnischen Beitrag die ihre Sprache und Lebensart verballhornt wähnen. Die Forderungen reichen bis zu einem Ausschluss Estlands aus dem Wettbewerb. Doch: Wer ärgert sich denn da gar so?

Wer Italien beleidigt, muss weg?

Gian Marco Centinaio, zum Beispiel, der Vizepräsident des italienischen Senats: "Wer Italien beleidigt, muss der Eurovision fernbleiben", gab der eingeschnappt gegenüber der Zeit zu Protokoll. "Wenn Lieder mit sexistischem Inhalt ausgeschlossen wurden, wäre es dann nicht auch angemessen, ein Lied auszuschließen, das eine ganze Kultur beleidigt?"

Centinaio ereiferte sich nicht nur über im Song angeblich reproduzierte Klischees, sondern gleich auch über Cashs "furchtbares Italienisch". Dass der Politiker mit dem fragilen Nationalstolz der rechtspopulistischen Lega angehört, hätte einem spätestens da klar sein können. Fazit: Tommy Cash hat italienische Faschos verärgert. Er hat also eigentlich jetzt schon gewonnen. Darauf einen Espresso Macchiato.


Besseres Italienisch

Italien baut für den Wettbewerb übrigens auf traditionelle Werte (will meinen: solide Eros Ramazzotti-Vibes) und entsendet den Gewinner des Sanremo-Festivals, Olly. Dessen "Balorda Nostalgia", zu deutsch "Bescheuerte Sehnsucht", mag zwar mit besserem Italienisch aufwarten, ist aber pure Schnulzendramatik im Walzertakt und leider so langweilig, dass man den Song schon vergessen hat, während er noch läuft:

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4 Kommentare mit 5 Antworten

  • Vor einem Tag

    Ob Olly zum ESC fährt, soll sich erst noch "im Laufe dieser Woche" entscheiden. Der Mann hat Anfang Mai eigentlich auch ein paar Termine in Italien für seine ausverkaufte Tour. https://eurovisionfun.com/en/2025/02/olly-…

    Und hört auf, das nervige Kaffee-Lied zu promoten!

    • Vor einem Tag

      Es stimmt aber: Es ist ein verdammter Ohrwurm.
      Und dann auch noch so unglaublich passend zu dieser latent schwulen Veranstaltung!
      Wenns die Rechten aufregt: Bonus!
      Zur Strafe boykottieren die Faschos bestimmt den ESC- welch Kollateralnutzen!

      Ich habe wirklich den Eindruck: Das landet ganz vorne. Was soll da sonst noch kommen?

      Ich hoffe, nicht Feuerschwanz. Lordi hatten die da schon, und die wollen jetzt sicher nicht "GWAR in schlecht".

    • Vor einem Tag

      "Was soll da sonst noch kommen?"

      Meine bisherigen Favoriten sind die Beiträge aus Belgien, Albanien, Finnland, Luxemburg und Griechenland. Es ist aber bisher ein schwacher Jahrgang, to be fair. Tommy Cash hat das gleiche Problem wie z.B. letztes Jahr der Windows 95 Man. Das Gimmick des Songs ist ein einziger Gag, der immer unlustiger wird, je öfter man ihn hört.

      "Zur Strafe boykottieren die Faschos bestimmt den ESC- welch Kollateralnutzen!"

      Aber das machen die doch schon seit immer. Und trotzdem werden sie auch dieses Jahr wieder erzählen, dass sie sich für den ESC nicht interessieren, keine Ahnung davon haben und trotzdem eine starke Meinung zu dem Thema haben.

      "Ich hoffe, nicht Feuerschwanz. Lordi hatten die da schon, und die wollen jetzt sicher nicht "GWAR in schlecht".

      Bands haben es oftmals beim ESC schwer. Ich bin jetzt nicht der große Rock-Fan, aber Feuerschwanz hören sich für mich wie "In Extremo auf Temu bestellt" an. Und dann ist deren ESC-Song anscheinend noch ein Feature mit dem einen von SDP. Bin bei dir, hoffentlich gewinnen die nicht.

    • Vor 18 Stunden

      Mich erinnert das daran, wie die Faschos sich aufgeregt haben, als Pink Floyd eine Jubiläums-Ausgabe der "Dark Side" rausgebracht haben, mit dem ikonischen Prisma drauf...und die Rechten gedacht haben, das hätte was mit der Regenbogenflagge zu tun.
      Wo dann angekündigt wurde, daß man jetzt alle Platten von diesem Pink verbrennt deswegen.
      Man war ja immer ein Fan, aber JETZT nichtmehr!

      Und das klang dann auch noch wie eine Anspielung auf die Textzeile "Oh, by the Way- which one`s Pink?"- Wars aber nicht.

  • Vor einem Tag

    Nationalisten sind so peinlich. Er hat unser Land beleidigt, mi mi mi. Kein Aufreger zu billig für diese Leute.

    • Vor einem Tag

      "Er hat unser Land beleidigt..."

      Wenns denn wenigsten so wäre...der ESC kann jedenfalls auf Faschos verzichten.

    • Vor 16 Stunden

      "Kein Aufreger zu billig für diese Leute."

      Jo, scheint fast als würde man ein bisschen künstliches Drama generieren um diese irrelevante Scheißveranstaltung namens ESC zu rechtfertigen.

  • Vor einem Tag

    Find's ein bisschen wohlfeil. Die Italiener machen sich doch implizit selbst ständig über die Lateiner lustig, indem sie überall Olivenöl pflanzen und Straßen pflastern bzw. diese durch unterirdische Gänge untermalen, damit man da rein pinkeln kann. Es wird halt immer weiter getreten.

  • Vor 6 Stunden

    Großartige dance moves, schicke Krawatte und Huldigung eines sehr geilen Getränks. Dass sich die Italien Regierenden daran reiben (manche vielleicht auch heimlich), sagt viel über deren Mangel an Humor aus.
    Dass der ESC kompletter Quatsch mit Sauce ist, weiß doch mittlerweile jeder.
    Aber tausendmal mal lieber Tommy Cash als diese exhibitionistischen Nacktmulche.