laut.de-Kritik
Vielleicht das bessere, weil clevere "Songs For The Deaf".
Review von Michael SchuhDas Jahr 2000: Bill Clinton ist Präsident auf Abruf, Terrorismus gilt als eine Mär aus 1001 Nacht, laut.de sucht händeringend nach Venture-Kapital und Rihanna trägt gerade ihre Schultüte spazieren. Im Alternative-Sektor teilen sich Korn, Limp Bizkit, Marilyn Manson und die Deftones die Anerkennung der Szene. Mittenrein platzt "Rated R", das zweite Album der Queens Of The Stone Age.
Mit den genannten Bands hatte der Sound der Platte überhaupt nichts zu tun, vielmehr handelte es sich hier um eine klare Neuausrichtung klassischen Rock'n'Rolls. Heavy, smart, psychedelisch, straight, muskulös, intelligent, und alles zur selben Zeit: Mastermind Josh Homme schuf ein Werk, dem zu Recht auch zehn Jahre nach der Veröffentlichung noch gehuldigt wird.
Mit Ausnahme der überschaubaren Zahl an Kyuss-Fans erwartete damals niemand die Veröffentlichung mit besonderer Spannung; schon das tolle Debüt ging 1998 gnadenlos unter. Folgerichtig sprach Kollege Mengele in seiner Kritik auch zu einem winzigen Expertenkreis, wenn er erklärte, dass dieser "düstere Kokain-Pop mit altem Kyuss-Material nichts mehr zu tun" habe. Wie wahr!
Homme brach nicht nur musikalische Konventionen, sondern auch mit herkömmlichen Band-Strukturen. Zwei Jahre vor Basser Nick Oliveris Rauswurf ist QOTSA ein absolut gleichberechtigtes Musiker-Kollektiv, in dem Homme selbst nur widerwillig die ihm zugedachte Frontmann-Rolle einnimmt. Unvergessen, wie er auf der damaligen Co-Headliner-Tour (!) mit den Space Lords Monster Magnet im Hamburger Docks 60 Minuten lang seine Schüchternheit zu verbergen sucht, in dem er pausenlos auf den Boden stiert und sich während seiner Gitarrensoli zum Drummer und Bass-Tornado Oliveri wegdreht, letzterer natürlich mit Adamskostüm-Garderobe.
Hommes gewünschte Aussage: Im Mittelpunkt steht immer der Song. Und diesen Songs zuzuhören machte selten so viel Freude wie auf "Rated R". Die Opener-Peitsche: Eine genüssliche, dem Albumtitel gerecht werdende Aufzählung diverser Drogen, kulminierend im Mitsing-Klimax: "C-C-C-C-C-Cocaine"! Da wollte selbst Rob Halford nicht fehlen.
Was folgte, ist hinlänglich bekannt: die Welt verfiel dem eisigen Pop der Single "The Lost Art Of Keeping A Secret" und mit der Rekrutierung von Dave Grohl für Album Nummer Drei wurde Homme zum Rockstar.
Es bleibt der von Deluxe Editions bekannte leicht fahle Nachgeschmack, der durch das Ausbleiben unveröffentlichter Songs hervorgerufen wird. Neun Songs des damaligen QOTSA-Auftritts beim Reading Festival (wo die Band am vergangenen Wochenende vor bedeutend weniger Publikum spielte) zeugen von der immensen Wucht, zu der die junge Gruppe auch ohne Grohl bereits imstande war.
Es bleibt die ewige Fan-Streitfrage, ob "Rated R" nicht vielleicht sogar das bessere, weil clevere "Songs For The Deaf" der Band darstellt. Hier sind die Hits vermutlich ebenso zahlreich vorhanden, nur eben versteckter, im Resultat weitaus versponnener, in jedem Fall aber nicht: weniger magisch. Die auf Bongo-Grooves gebettete LSD-Walhalla "Better Living Through Chemistry", das manische "In The Fade" mit Lanegan oder Oliveris wohl größter Moment als Sänger in "Auto Pilot".
Nicht zuletzt sagen die hier ebenfalls enthaltenen B-Seiten alles über die damalige Form der Gruppe aus: Ob das Kinks'sche "Who'll Be The Next In Line" oder unbekannte Covers wie Carly Simons "You're So Vague": Was diese Männer aus der Wüste auch anfassten, es wurde zu Gold. Aus diesem Blickwinkel gesehen geht diese Wiederveröffentlichung mehr als nur in Ordnung.
12 Kommentare
Warum hab ich diese CD schon seit bestimmt 3 Jahren??? Kam das in Deutschland erst jetzt raus?
Geldspritze.
deluxe edition - wiederveröffentlichung
super werd ich koofen. obwohl hab die ja schon.
Ich weiß jetzt wie er den Gitarrensound macht... wer wills wissen?
http://www.bonedo.de/feature/gitarre-bass/…
never say never