laut.de-Kritik
Man blickt sich tief in die Augen und ballt Fäuste in Hosentaschen.
Review von Kai ButterweckVier Jahre war Ruhe. Nun steht er wieder an: der Rundumschlag aus dem Hause Frei.Wild. Seit fast einem Vierteljahrhundert reiben sich die Südtiroler genüsslich am ausgestreckten Mittelfinger ihrer Kritiker: Sollen sie doch alle denken und schreiben, was sie wollen, so der rutschfeste und schnodderige Kerngedanke des Vierers aus der Gemeinde Brixen im beschaulichen Eisacktal.
Unter dem hölzernen Geweih herrscht immer noch Einigkeit darüber, dass abseits der eigenen Bubble nur engstirnige Idioten umherlaufen. Und so schießt man auch auf dem mittlerweile 17. Studioalbum "Immer Unter Feuer" wieder wild um sich, in der Hoffnung, dass man irgendwie 'alle erwischt' und dem Ziel, 'endlich mal in Ruhe gelassen zu werden' einen Schritt näherkommt.
Stolze 28 Songs umfasst das aktuelle Manifest des Polterns und Aneckens. Thematisch wieder ganz vorne dabei sind: Heimatliebe, besagter Stinkefinger, das gepflegte Besäufnis und Zusammenhalt. "Nur wir rotzen der Gesellschaft mitten in die Fresse rein / Lasst uns im Land der Vollidioten Feinde deiner Feinde bleiben", grölt Sänger Philipp Burger in "Gott Und Wir Selbst". Am leuchtenden Lagerfeuer unter Südtiroler Fichten blickt man sich tief in die Augen und ballt die Fäuste in den Hosentaschen.
Ausgeschlossen wird, wer sich nicht bekennt und demnach auch nicht ins eigene Muster passt. Aber eigentlich verteufelt die Band irgendwie alle und jeden: Wessen Herz nicht die Form eines Geweihsd hat, der hat sowieso von Nichts eine Ahnung. Songtitel wie "Ich Kann Auf Die Fresse Geben", "Oben Befiehlt, Unten Folgt", "Du Bist Ein Idiot" und "Ich Gebe Euch Allen Nur'n Fuck" sprechen Bände.
Der nicht zu bändigende Verfolgungswahn wird mit ganz viel Alkohol betäubt . "Träum ich von Montag, ist Wochenende – Dann gebe ich mir wieder die Kante", johlt die Gemeinschaft lautstark ("Montag Ist Ein Scheisstag"). Noch mehr Promille gibts im Partytrack "Alles Ist Weg". Für das Video reiste man extra wohin? Klar, nach Malle! Passt doch wie Arsch auf Sangria-Eimer.
Überhaupt kann man sich Frei.Wild auch auf der versifften Bierkönig-Bühne vorstellen. Würde man die Gitarrenspuren aus den Liedern subtrahieren, passt mindestens die Hälfte des großen "Immer Unter Feuer"-Ganzen wunderbar ins klassische Partyschlager-Konzept. Wuchtige Gitarren gehören zum Frei.Wild-Gesamtbild aber nun mal dazu.
Rotziger Punkrock steht bei den Südtirolern bekanntlich genauso hoch im Kurs wie pathosgeschwängerter Prollrock. Dazukommen poppiger Schmalz mit Hosen-Wucht im Refrain ("Fürchte Dich Nicht", "Loyalität"), Sprechgesang, der klingt, als hätten Clawfinger irgendwann mal mit Tic Tac Toe im Proberaum abgehangen ("Scheisse Für Die Welt") und klassisches Balladenkino für verliebte Deutschrock-Pärchen und zermürbte Einzelgänger ("Wenn Alles Bricht", "Warum", "Jedes Glück Braucht Auch Sein Leid").
Frei.Wild bleiben sic thematisch und musikalisch treu. Ein kurzer Ausflug ins Reich der Piraten ("Für Meine Freiheit") und ein bisschen Spaß mit Cowboyhut und Banjo ("Und Dafür Liebe Ich Dich") runden ein Paket ab, das nahtlos an vergangene Frei.Wild-Produktionen anschließt. So herrscht in der eigenen Bubble mal wieder großer Jubel, während der Rest das Ganze gelangweilt zur Kenntnis nimmt.


15 Kommentare mit 41 Antworten
Zusammenhalts-Rock für den intellektuellen und moralischen Bodensatz der weißen deutschen Mittelschicht.
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wieder ein neuer morgen ohne daniel caesar review mit ihm kann mans ja machen oder
#rawdatajustice
Frei.Wild! Wir sind endlich wieder da! Deutschlands liebste Feinde! Wir ecken an! Wir verbiegen uns nicht! Versucht erst gar nicht uns in eine Schublade zu stecken!
Und Deutschland so: Uh, sorry, wer seid ihr nochmal?
Jep, die sind mittlerweile Ragebait mit dem Biss der dritten Zähne.
Genre: Alternative, fehlt nur noch das fD
Niceone
Das ist so dämlich, öde und langweilig wie ihr Zielpublikum: geistig schwache Bierproleten mit dem Dorfschild und Telegram als gesellschaftlichem Horizont. Nimm ihnen den Alkohol weg, und schon war’s das mit „Wir“, „Freunde“ und „Zusammenhalt“.
Genau so is es. Besser kann man es nicht zusammenfassen.
Neulich war 'ne Party bei Fritz Bimmel
Es gab Gewürztraminer, Münster und auch Kümmel
Und zum Nachtisch stand etwas besonderes bereit
Die Damen machten Striptease erst und dann die Beine breit
Dann legten alle Männer die Schwänze auf den Tisch
Und alle, alle sangen schwärmerisch:
Pillemann, Fotze, Pillemann, Fotze
Pillemann, Fotze, Arsch
Pillemann, Fotze, Pillemann
Fotze, Pillemann, Fotze, Arsch