laut.de-Kritik
Biffy Clyros Erben halten die Flagge hoch.
Review von Yan VogelDie Spielbergs spielen versierten Rock in noisig-punkigem Garagen-Gewand. Die Norweger fühlen sich im anglo-amerikanischen Referenzsystem zuhause. Am nächsten kommen sie modernen Indie-Vertretern wie Japandroids oder Beach Slang. Auch skandinavische Rock'n'Roll-Afficionados wie die seligen Hellacopters haben ihre Spuren hinterlassen.
Genre-fremde Ohren benötigen ein wenig Gewöhnung an den Feedback-lastigen, noisig-fuzzigen Sound. Vor diesem Hintergrund ziehen die Osloer filigran und mit durchdachtem Songwriting vom Leder. Die Spielbergs blicken frisch und unverstellt auf fünfzig Jahre Gitarrenmusik. Wie die Post-Hardcore-Institution Thrice favorisieren die Norweger den alles und jeden umarmenden C-Part.
Getreu dem Motto 'Life Is A Beach' besteigt das Trio ein Surfbrett und rauscht über die majestätischen Fjorde Norwegens. Dabei ist die Band nicht um die großen Gesten verlegen - ähnlich wie Biffy Clyro, deren Fronter Simon Neil der Band bereits einen verbalen Ritterschlag verpasst hat.
Das Eröffnungsdoppel "Five On It" und "Distant Star" springt direkt ins Gesicht und zieht die Rotzbremse zu einem Iro hoch. Danach heißt es jedoch: Fuß vom Gas. Der "Should I Stay"-artige Start von "Not For Long" mündet in einen getragenen Rocker.
Zusätzliche Zwischentöne verleihen diesem Album seine Besonderheit. Der zyklische Kirmes-Synthie stielt in "Distant Star" sogar dem Refrain die Show. Die Spieluhr-Klimperei am Ende von "Familiar" versieht die Stadion-rockig beginnende Ballade mit einem Augenzwinkern. Den Folk-Song "Sleeper" unterfüttert die Band mit Postrock und Ambient Scapes. "Bad Friends" und "4AM" sind Hits, wie sie seit The Gaslight Anthem-Tagen viel zu selten die Gehörgänge durchgespült haben.
Das Cover erinnert an Brand News Meisterwerk "The Devil And God Are Raging Inside Me", nur ohne Schreckgespenter. Es bleibt die triste Vorstadtidylle in der Totalen. Diesem Mief zu entfliehen, stellt für viele Twenty Somethings die Haupt-Antriebsfeder dar, und am spaßigsten geht das immer noch mit Musik.
Da Meister der Gitarrenmusik wie Biffy Clyro ihre Fühler inzwischen in elektronische Gefilde ausstrecken, fühlt sich das Trio aus Norwegen dazu bemüßigt, die Flagge hochzuhalten. Dabei klingen die Spielbergs - ausdrücklich nicht despektierlich gemeint! - wie die genannte Band, verrauscht abgespielt über einen Kassettenrekorder.
2 Kommentare mit einer Antwort
Wo man da The Gaslight Anthem raushören will frag ich mich dann doch.
In der Review stecken dann doch sehr viele Querverweise auf andere Bands
Ja, das ist meistens ein sehr schlechtes Zeichen...