laut.de-Kritik

Gott und Teufel würden ihren Spaß haben.

Review von

Wie sich aus dem Albumtitel "The Devil And God Are Raging Inside Me" unschwer folgern lässt, befindet sich hier jemand im Zwiespalt. Ein innerer Kampf zwischen Gut und Böse sozusagen. Hinsichtlich des Sounds schwanken Brand New eher zwischen rockigen Balladen und experimentierfreudigem Emocore.

Ein gehauchtes "Was loosing all my friends, was loosing them to drinking and to driving..." leitet den Opener "Sowing Season" ein. Anfangs nur von Gitarren begleitet, setzen die Begleitinstrumente explosionsartig ein, und Sänger Jesse Lacey schreit sich mehrfach ein beherztes Yeah von der Seele. Dieses musikalische Schnittmuster wiederholt sich in den für das Gerne eher ruhigen Songs öfters. Frei nach dem Motto, die nette Schale bricht auf, und das wahre Gesicht zeigt sich.

Gerade der Beginn der Stücke ist meist besinnlich gehalten. Eine schöne Ausnahme bildet da "Not The Sun". Hier wird von Anfang bis Ende gut und ehrlich und mit sich ins Hirn fräsenden Passagen gerockt - einer der stärksten Songs der Platte.

Das Ende des irdischen Lebens - und die daran anschließende Frage, ob dann wirklich Schluss ist - bildet den thematischen Schwerpunkt des Albums. In "Jesus" spricht Jesse Lacey Gottes Sohn auch direkt an. "Well Jesus Christ, I'm not scared to die, I'm a little bit scared of what comes after". Sich selbst attestiert er einen Hang zum Dunkeln, wenn er singt: "My bright is too slight to hold back all my dark" und erinnert Jesus daran: "We all got wood and nails".

Auf den Sound des Album trifft die Tendenz zur Dunkelheit weniger zu. Man könnte die Platte auch der kleinen Schwester schenken (siehe Cover). Sie sollte keinen Schaden nehmen, könnte aber tatsächlich mal in Schwarz um die Ecke kommen. Tracks wie "Millstone" und "The Archers Bows Have Broken" könnten eben genauso gut auf einem Good Charlotte-Album zu finden sein. Klar, man hat die Kollegen oder auch die Jungs von Blink 182 vor Jahren gern supported. Aber jetzt will man mehr zeigen als perfekt gemasterte Melodien. Was die Scheibe vom Mittelmaß abhebt, ist besonders Stimme von Sänger Jesse Lacey.

Von Sprechgesang über gehauchte Melodien, einem Wehklagen à la Bright Eyes bis zum straighten Rocker lässt er alle Facetten anklingen. Manchmal meint man auch, ein wenig Nu Metal-Geröhre herauszuhören. Seine Vocals bilden den Kitt für ein Album voll kleiner Experimente. In "Degausser" wird er etwa von einem Kinderchor begleitet.

Brand New schaffen es, sich von ihrer Teenierock-Vergangenheit zu verabschieden. Trotzdem bleibt sich die Combo treu: So hört man das emo-obligatorische psychedelische Kratzen der Instrumente neben klassischen Riffs. "The Devil And God Are Raging Inside Me" geht definitiv als Weiterentwicklung durch. Nicht zuletzt deshalb, weil es die Amerikaner schaffen, düstere Themen zu transportieren, ohne die positiven Emotionen zu vergessen.

Trackliste

  1. 1. Sowing Season
  2. 2. Millstone
  3. 3. Jesus Christ
  4. 4. Degausser
  5. 5. Ambience/Limousine
  6. 6. You Won't Know
  7. 7. Welcome To Bangkok
  8. 8. Not The Sun
  9. 9. Luca
  10. 10. Untitled
  11. 11. Archers
  12. 12. Handcuffs

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49 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    Also ich war schwer begeistert von dem Album und die werten Herren als quasi pseudopunkigen Kinderrock á la Good Charlotte/Blink 182 zu klassifizieren ist schon fast eine Frechheit.

    Das ist endlich mal wieder wahrer, aufregender Rock. Keine ausufernden Experimente, die dann mehr Schein als Sein fabrizieren, wie es bei solch jungen Bands meist der Fall ist, sondern eine Innovative Rock-Mischung mit leichten Emo-Anleihen (und das sage ich als Prog-Fan ;) ), die aufjeden Fall mehr als 3 Punkte verdient hätte.

  • Vor 17 Jahren

    da stimme ich dir zu.. die platte ist richtig stark und wird nach mehreren durchläufen nicht langweilig, sondern besser. muss dazu sagen, dass es das erste brand new album ist, das ich gehört hab. hat aber sofort gezündet. 4/5 hätten es wirklich sein können! der vergleich ist wirklich seltsam. höre davon gar nichts!