laut.de-Kritik
Die punkige Version der Hamburger Schule schießt aus den Schläuchen.
Review von Stefan JohannesbergNeugierig geworden durch den Namen Superpunk und die teilweise deutschsprachigen Titel krallte ich mir das Album bei der wöchentlichen Ausgabe der neuesten Scheiben. Ich wusste nach dem ersten Song, dass mir da ein wahres Kleinod in den Schoß gefallen ist. War das Label L'AGE D'OR in seinen Anfangstagen eher für abgehobene Intellektuellen-Mucke à la Die Sterne oder Blumfeld bekannt, so gaben Tocotronic der Hamburger Schule einen guten Schuss Rock bei. Superpunk dagegen erweitern das Repertoire um eine lebendige Punk-Attitude. Sie klingen wie das uneheliche Kind von Tocotronic und den Goldenen Zitronen, mit Bernd Begemann als Onkel.
Schon der Opener "Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen" ist ein Klassiker. Hier wird nicht lamentiert, hier wird losgerockt. Ein schneller, straighter Rhythmus und ein melodiöses Orgelspiel treiben den Song nach vorne. Das Lied handelt von all den Leuten, die einem im Leben an den Kragen wollen. Grandiose Zeilen wie "Doch ich bekämpfte meine Furcht und sie kamen nicht durch" geben die Kraft, immer wieder aufzustehen, auch wenn die Lage noch so hoffnungslos ist. Besonders die Stimme von Carsten Friedrich drückt der Musik seinen Stempel auf. Er hat die seltene Fähigkeit, die Texte als Wahrheiten rüberzubringen. Man glaubt und fühlt alles, was er mal leidend, mal aggressiv singt.
So wechseln sich politische Themen mit Geschichten aus der eigenen, kleinen Welt ab. Alles wird mit dem nötigen Schuss Ironie garniert. Absolutes Highlight ist das groovende "Neue Zähne für meinen Bruder und mich". Hier wird aus einer absolut liebenswerten Sicht die Entführung eines Bonzen geschildert. Die Ironie kommt dann durch die Hintertür, da man den Industriellen nur für ein neues Gebiss gekidnappt hat. Man fühlt halt keinen Hass auf die Reichen, aber man mag sie auch nicht.
So kann ich mich nur den Worten von Jan Müller, seines Zeichens Ex-Superpunk und Bassist von Tocotronic, anschließen. "Ich wünsche diese Platte oft zu hören, nicht nur im Radio und in Diskotheken, sondern auch in Schulen und auf Kundgebungen zum 1. Mai, dem Kampftag der Arbeiterklasse. Danke sehr, danke."
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Grandios