laut.de-Biographie
Umme Block
Zufälle, fehlerhafte Töne, Wendungen, die schief klingen – sie müssen nicht 'falsch' sein. Für Klara und Leoni entstehen aus solchen Zutaten genau die Song-Bestandteile, die sie tatsächlich für die fertige Produktion nutzen. "Dass wir irgendetwas falsch machen und es dann doch so einsetzen, wie es in unseren Ohren erst mal falsch klingt", so skizziert Keyboarderin Klara den Jam-Session-Charakter, der sich in der Arbeit von Umme Block spiegelt.
Sie erläutert dem BR im Interview auch, wie das live funktioniert: "Wir merken auch bei den Zuhörern (...), wenn vielleicht ein bisschen was daneben geht, dass die Leute das fast gut finden, weil heutzutage alles so glatt und so vorproduziert ist. Eben dieses Handwerkliche, das bereitet uns große Freude."
Leoni vermutet beim Publikum dann ein "Mitfiebern (...), und überrascht sein. Und das ist glaube ich auch etwas, was wir beide von der Musik erwarten, dass Musik uns überrascht", verrät sie dem Münchener Jugendradio PULS. Somit weiß die Sängerin und Synthie-Spielerin, auch Lampenfieber zu schätzen. Bühnen kennen die beiden Musikerinnen zwar sehr gut, auch als Team aus zehn Jahren Zusammenarbeit. Ihre musikalische Rezeptur aus nachdenklichem Dream Pop und harten Elementen setzen sie Anfang 2018 um. Dieses Genre stellt eine neue Herausforderung für sie dar. "Wir fühlen uns mittlerweile sehr sicher. Aber ich denke auch, dass Lampenfieber dazugehört. Es gibt manchmal Konzerte, bei denen wir es sehr wenig verspüren, aber dann ist es gar nicht unbedingt so gut", schildert Leonie im Gespräch: "Also ich habe immer den Eindruck, ich bin konzentrierter und besser, wenn ich aufgeregt bin."
Die Presse hört in den ersten Songs des Münchener Electropop-Duos fast alles heraus: Trip Hop, Soul, Psychedelic, Wave, Hip Hop und Jazz. Doch trotz all solcher Zuschreibungen: Ursprünglich machen Leoni Klinger und Klara Rebers jahrelang als NouNours akustische Duett-Musik. Beide singen damals.
Sie tingeln vor allem durch die lokale Szene der bayerischen Landeshauptstadt, sind auf Kleinkunst-Brettern mit Singer-Songwriter-Folk-Pop unterwegs. Auch Coverversionen führen sie auf und sind ein reiner Live-Act, obschon sie eigene Kompositionen einbringen – alles übrigens strikt ohne Liebessongs.
Musik zu machen läuft nebenbei. Zu dieser Zeit befindet sich der Lebensmittelpunkt von Leoni in Weimar. Eigentlich schön dort, wie sie sich erinnert, aber "ganz schlimm war, dass eine der wichtigsten Studentenkneipen einfach durch ein AfD-Büro ersetzt wurde. Das war richtig krass. Da gabs viel Aktionskunst und Aktionismus. Aber das ist ja eigentlich nicht so wichtig für unsere Musik". Gesellschaftliche Sensorik taucht dann aber später zu einem anderen Thema im Song "Yellow Lights" auf. Als Leoni nach ihrem Studium wieder in den bayerischen Süden zurückkehrt, entwickeln die beiden Freundinnen einen neuen Sound.
Zu den experimentelleren Tönen findet Lead-Sängerin Leoni nun Texte über Beziehungen doch passend. Aber nicht unbedingt bezogen auf klassische Zweisamkeit: "Yellow Lights" beschäftigt sich ohne starre textliche Linie mit Gefühlen von Polyamorie und Formen offener Beziehungen. Für viele Menschen ihrer Generation sei das ein Thema, das umtreibt. Offen möchte sich Leoni auch die Deutungsmöglichkeiten ihrer Texte halten. Statt Storytelling tauchen daher Umrisse auf.
Weniger vage gestaltet sich das Verhältnis der beiden Musikerinnen zueinander. Sie wachsen beide in München-Haidhausen auf. Mit drei oder vier Jahren sollen sie sich schon auf Kindergeburtstagen gesehen haben, belegen einige Fotos. Als sie 13 sind, entdecken sie die gemeinsame Liebe für Musik. Klara spielt Klavier, lernt das Instrument ganz klassisch. 18 Jahre Erfahrung an den Tasten stecken später im Debütalbum.
In Haidhausen wohnen die beiden als Schülerinnen einen Häuserblock voneinander entfernt. Ein gegenseitiger Besuch bedeutet, nur einmal kurz um den Block zu laufen, 'umme' Block. Als sie älter werden, ziehen sie auch oft miteinander um die Häuser, somit auch 'umme Block'.
Dank eines gemeinsamen Musikerkumpels stoßen sie 2017/18 auf ein selten gewordenes Gerät, das sie fortan für die Beat-Erzeugung benutzen: den Kaossilator von KORG. Das kleine Loop- und Effekte-Pad war in der Phase zwischen 2007 und '12 auf dem Markt, nachdem der Electropop mit Bands wie Empire Of The Sun und Florence And The Machine neuen Aufwind erfährt.
Umme Block erwerben das Gerät in einem Spontankauf online. Ein Roland-Synthesizer und das polyphone Keyboard-Wunderwerk Novation MiniNova veredeln die Musik zu einem Pudding aus analogen und virtuell-analogen Soundquellen, in den sich ab und zu eine E-Gitarre mischen darf.
Mit den ersten Synthie-Songs spielen Umme Block im Vorprogramm von Some Sprouts, Blackout Problems und Orchester-Rapperin Fiva. Als die Song-Anzahl wächst, landet das Duo dann 2019 auch auf den Line-Ups verschiedener Tagesfestivals bayerischer Radiosender. So treten die beiden auf dem Radio Z-Winterfest, der M94.5-Sommernacht und in einem proppenvollen Saal auf dem PULS-Festival des BR auf, wo sie der parallel performenden Alice Phoebe Lou den Rang ablaufen. Jeder Auftritt zählt, um das Debütalbum finanzieren zu können. Das Musikbusiness läuft auch dann noch nebenbei: Beide Musikerinnen üben jenseits von Umme Block ihre 40 Stunden-Jobs aus.
Bewunderung hegt Klara für die Musik Pink Floyds, ebenso für Persönlichkeiten wie Tash Sultana oder Billie Eilish. Umme Block können sich auch schnell auf Massive Attack als Maßstab für gute Musik einigen. Zugleich hört Hauptkomponistin Klara viel mehr Hip Hop, als man es dann beim Hören des fertigen ersten Albums "25 Hours" ahnen würde.
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