laut.de-Kritik
Outlaws, Kopfgeldjäger und Werwölfe.
Review von Markus Brandstetter"Whiskey, Weed and Warren Zevon", so beschrieb der von David Duchovny in der Serie "Californication" verkörperte Autor Hank Moody gerne seine Vorstellung einer guten Zeit. Es war nicht der einzige Querweis auf den 2003 verstorbenen Sänger, Pianisten und Komponisten Warren Zevon. Man kam als Verehrer Zevons nur schwer darum herum, sich zu freuen, dass Zevon damit ein kleines Stück weit posthume Öffentlichkeit zuteil wird, eine Öffentlichkeit, um die er Zeit seines Lebens kämpfen musste.
Zevon hatte zwar Hits, die meisten werden wohl "Werewolves of London" kennen, viele auch durch die scheußliche Verwurstung des Stücks in Kid Rocks unsäglichem "All Summer Long". Aber im Vergleich zu seinen berühmteren Songwriterkollegen blieb Zevon immer mehr ein Geheimtipp – auch wenn ihn Leute wie Dylan oder Springsteen als einen der Größten priesen.
Zevon war blitzgescheit, wortgewandt, als Musiker, Bandleader, Komponist und Texter mit Unmengen Talent gesegnet, aber auch von Dämonen geplagt. Ein großer Geschichtenerzähler, dessen Stücke von Outlaws und Kopfgeldjägern, Liebschaften und Spionen, Gestrandeten und Desperados handelten. Messerscharf, augenzwinkernd, doppelbödig. Was bei Zevon wie ein aus dem Ärmel geschüttelter 3:30-Song daherkam, bot lyrisch Stoff für ganze Filme. Zevon trieb Narrative mit der Leichtigkeit grandioser Popsongs in die Zielgerade, egal ob Rock'n'Roll, Boogie, Blues, Country.
"Dry your eyes my little friend / Let me take you by the hand / Freddie get ready Rock steady / When Johnny strikes up the band" (aus: "Johnny Strikes Up The Band")
"Excitable Boy" war das dritte Album in Zevons Karriere, produziert von seinem Freund und Förderer Jackson Browne. Es zeigt Zevons Musik in seiner ganzen Pracht. Zevon wusste, was er musikalisch tat. Er hatte als Werbejingle-Komponist gearbeitet, als Bandleader bei den Everly Brothers. Er war Studiomusiker, Sessionmusiker – und als ihm alles zu sehr gegen den Strich ging, zog er nach Spanien und begann dort, regelmäßig in einer Bar zu spielen. Der Barchef: ein ehemaliger Söldner, mit dem er schließlich das Stück "Roland The Headless Thompson Gunner" komponierte.
"Roland was a warrior / From the Land of the Midnight Sun / With a Thompson Gun for hire / Fighting to be done / The deal was made in Denmark / On a dark and stormy day / So he set out for Biafra / To join the bloody fray" heißt es in dem Stück. Es ist einer der Klassiker Zevons, wie einige Stücke auf "Excitable Boy" essentielle Wegpfeiler in seinem Schaffen sind.
Mal macht es den Anschein, Zevons Erzählungen fußen im Pantheon der Folksongs, dann wieder wirken sie wie abgebrühte Roadmovies wie zum Beispiel "Lawyers, Guns & Money". "Well, I went home with the waitress / The way I always do
How was I to know / She was with the Russians, too / I was gambling in Havana / I took a little risk / Send lawyers, guns and money / Dad, get me out of this". Schicke Anwälte, Knarren und Geld, die Scheiße ist am Dampfen.
"Excitable Boy" glänzt mit 1970er-Pop-Harmonien und Kadenzen, ist gleichermaßen bissig wie eingängig. Es war nur gerecht, dass Zevon mit diesem Album verdiente Erfolge feierte. Im Januar 2018 wird "Excitable Boy" 40 Jahre alt. Ein guter Grund, sich an den großen Songschreiber und Performer Warren Zevon zu erinnern.
In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.
7 Kommentare mit 2 Antworten
i'm sittin' here playin' russian roulette with my pearl-handled gun
the county won't gimme anymore methadon... and they cut off your welfare check...
"He took little Suzie to the Junior Prom
Excitable boy, they all said
And he raped her and killed her, then he took her home
Excitable boy, they all said
Well, he's just an excitable boy
After ten long years they let him out of the home
Excitable boy, they all said
And he dug up her grave and built a cage with her bones
Excitable boy, they all said
Well, he's just an excitable boy"
Nicht mein Lieblingsalbum von ihm, aber hey - Zevon! Fast immer meilensteinwürdig
Gruß
Skywise
"Im Januar 2018 wird "Excitable Boy" 40 Jahre alt. Ein guter Grund, sich an den großen Songschreiber und Performer Warren Zevon zu erinnern."
Ja, aber... warum kam der Meilenstein dann erst im Januar 2019? Nicht hilfreich bzgl. der obsessiv-anankastischen Anteile meiner Persönlichkeitsstruktur!
Abgefahrener Typ, allein das er für Mickey Cohen gearbeitet hat. Album ist, wie oben schon erwähnt, nicht sein bestes aber zugänglichstes
Und sein kommerziell erfolgreichstes und das mit den populärsten Songs (laut Spotify-Klicks).
Magnolia Electric/Jason Molina haben gerne WZ gecovert:
https://www.youtube.com/results?search_que…
Schöne Würdigung eines genialen Querdenkers.
Neben seinem Frühwerk ist auch das letzte Album "The Wind" besonders hörenswert, das im Wissen des nahenden Todes entstand, mit einer Coverversion von "Knockin' on Heaven's Door" und dem bittersüßen "Keep Me In Your Heart" als Abschiedsgruß.
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