laut.de-Kritik
Feminines Postpunk-Shoegazing mit einigen Hymnen.
Review von Martin MengeleDieser Bandname könnte schon vorab schwer auf den Schultern der Band lasten, denn irgendwie klingt 2:54 wie das Zeitmaß zum perfekten Radiohit. Eine auf Uptempo getrimmte Schrammelgitarre, die mit einem treibenden Beat mithalten muss, eröffnet jedenfalls schon mal eine ganz eingängige Hymne. Mit Strobolichtern unterlegt könnte diese als Nocturno an Vordenkerin Siouxsie Sioux gelten. Aber auch den Cranes und Blonde Redhead wird hier Tribut gezollt.
Als erste Single wurde "You're Early" ausgewählt, die geschickt einen elegisch leidenden Refrain auf mehrstimmigen Aahs und Uuhs wandern lässt. Wer da noch nicht in Schwingung ist, wird auf einer einsamen Cowbell in den richtigen Takt geklopft. Das ist produktionstechnisch zwar klischeebeladen, jedoch völlig legitim, wenn man gerade dabei ist, stimmungsmäßig in einem schwarzen Gothic-DeLorean in die 80er Jahre zurückzudriften. Andererseits kniet man demütig vor so viel Stilbewusstsein und schürft sich die unwürdige Haut auf Beton auf.
Nach diesem süßen Schmerz lenkt im Prolog von "Easy Undercover" der rauhe Bass-Groove als reine Wohltat sein Ohrenmerk auf sich, um im Zusammenspiel mit der sägenden Gitarre derbe aufzuschlagen. Das erinnert im Pathos an unausweichliche Manifeste vergangener Tage, etwa "A Forest" von Smith und Gallup oder an eine heruntergepitchte Version von Eldritch und Husseys "Marian", nur mit weniger todbringendem Gesang.
Die vorab als EP ausgekoppelte Nummer "Scarlet" kommt wie maskiert mit einer sanften an Josh Homme erinnernden Gitarre daher, die willfährig in einen Industrial-Auftakt hineingepeitscht wird. Im Gesamtkontext mit den schleppenden Vocals erinnert das tatsächlich auffällig an Garbage, hat aber nie einen bitteren Nebengeschmack nach Kopie. Der Druck wird in der leidend monotonen Strophe rausgenommen und verliert im Refrain zugunsten einer Mitsingzeile an Fahrt, die aber nicht das schwermütige Grundtimbre entschärft.
"Sugar" bringt erneut mit treibenden Bass-Rhythmen in Fahrt und klingt in Vereinigung mit Gitarre und Gesang wie das klar verständliche SOS einer Tanzfläche, die zu heftigem Shoegazing einlädt. Das kantige Klagen klingt nach Karen O, nur hier milder und zu wenig schlampig, um Punkrock zu sein.
Insgesamt könnte man angesichts der Schwere in der Instrumentierung und des dargebotenen Weltschmerzes kritisieren, dass Sängerin Colettes Organ doch viel zu stark auf Süßholzraspeln getunet ist, während unter ihr der Mahlstrom aus Gitarren alles ins Dunkle hinabreißt. Aber vielleicht ist es genau so eine Kombination, die diese feminine Leichtigkeit so sexy macht.
Einen Song unter drei Minuten fürs Airplay zu finden wird für die Ladies jedenfalls schwieriger, als die Bürde, radiotaugliche Harmonien zu komponieren. Denn es ist zumindest ein phänomenales Songwriting, das hier als Yin die perfekte Übereinstimmung zu seinem Yang findet.
7 Kommentare
Nächstes großes Ding? Auf jeden
sehr schönes album. erinnert mich irgendwie an einen mix aus interpols post punk und dem minimalismus der the xx.
Freut mich davon hier zu lesen, hab mich schon länger auf die Scheibe gefreut und es hat sich gelohnt!
A Salute = Favorite
Will hier keine Korinthen kacken, aber in der Überschrift steht Showgazing statt Shoegazing. Falls ihr das noch ändern wollt =)
Werd mir das mal auf Youtube und Konsorten anhören, von der Beschreibung her könnt's mir gefallen.
Definitiv Album des Jahres für mich! Mächtig Spooky, die Damen.