laut.de-Kritik
Gehobene Mittelklasse aus Kick und Snare.
Review von Alexander EngelenDem einen oder anderen mag der Schock des Little Brother-Splits noch tief in den Knochen stecken. War das Trio doch eigentlich die einzige legitime, moderne Version der klassischen Rap-Band-Idee à la Gang Starr, A Tribe Called Quest oder pre-Elzhi Slum Village.
Doch wie sagte es der stets geistreiche Phonte so schön im Interview: "Wenn ein Mitglied ein Duo verlässt, nennt man das Trennung. Wenn ein Mitglied ein Trio verlässt, nennt man es Evolution." Liebe Trauergemeinde, bitte packt die Taschentücher endlich weg. Phonte und Big Pooh rappen ganz bald auf "Get Back" über Beats von 9th und Just Blaze, Nottz und Khrisis und 9th Wonder veröffentlicht jetzt den zweiten Teil seiner "Dream Merchant"-Reihe.
Da wäre es doch jetzt ein schöner Trost, wenn 9th Wonder im ganzen Durcheinander einen kleinen Klassiker auf den Tisch knallt. Tut er aber nicht. Genauso wenig liefert er die dicke Enttäuschung, die ihm Hater aus irgendwelchen völlig unerfindlichen Gründen prophezeiten.
Denn, und das beweist er auf seinem Soloalbum ganz deutlich, 9th Wonder ist der Gutmensch-Produzent, bei dem es schlecht schon mal gar nicht gibt. Höchstens langweilig. Und daran hat er auf "Dream Merchant Vol. 2" hörbar gearbeitet. Bestimmte seine sehr enge Vorstellung von Beat und Sample-Symbiose in der Vergangenheit zwar den klassischen 9th Wonder-Sound, führte das jedoch gleichermaßen teilweise zu Ermüdungserscheinungen.
Der 18 Track-starke Longplayer macht Schluss mit diesem Konzept. Ein wildes Stakkato-Voice-Sample wie auf "The Last Time" hätte ich dem Produzenten so jedenfalls nicht zugetraut. Mit Raps von Royce Da 5' 9'', Vandalyzm und Naledge ein mehr als gutes Stück Musik.
Auch der interessant klingende Neuling Big Treal bekommt einen sich etwas überschlagenden Beat serviert, der von 9th Wonders gepachteter Zurückhaltung wenig hat. Die größte Überraschung kommt wohl von Little Brother selbst. Mit einem jovialen Kirmes-Beat bekommen Phonte und Big Pooh wohl genau das, was sie an ihrem langjährigen Produzent vermissten: frische Abwechslung.
Der Rest klingt tatsächlich sehr 9th Wonder-typisch, weswegen man angesichts seines unbestreitbaren Talents natürlich nicht gleich die Rap-Polizei holen muss. Die üblichen Verdächtigen aus der Justus League (Scudda, Big Dho, Chaundon) teilen sich das Mikro mit viel versprechenden Newcomern (Skyzoo, Median) und Altmeistern (Sean Price, Royce, Buckshot, Camp Lo) und holen so zwar nicht das Beste heraus, aber mindestens eine gehobene Mittelklasse aus Kick und Snare.
Besondere Erwähnung verdienen Saigons nachdenklich-traurige Kollaboration mit Durham-Affiliate Joe Scudda, inklusive überraschender Scratch-Snoop-Hook ("Saved"). Außerdem das herrlich zurückgelehnte "Backlash", auf dem Buckshot einmal mehr zeigt, wer 9ths bester Partner ist.
Im Gegensatz zum Kritiker-Rest feiere ich auch die zugegeben simple, aber nicht minder mitreißende Borough-Hymne "Brooklyn In My Mind" unter Mitarbeit von Mos Def, Jean Grae und Memphis Bleek. Natürlich könnte in dieser Konstellation Großartigeres entstehen, aber mein zufriedenes Kopfnicken erkläre ich einfach mal mit meiner Brooklyn-Affinität.
4 Kommentare
Schlechtes Album, nur wegen der Features 2 Balken von mir.
Hatte mir auch viel mehr erwartet, aber es ist weiß Gott nicht schlecht...
@Jack the Rapper (« Hatte mir auch viel mehr erwartet, aber es ist weiß Gott nicht schlecht... »):
Doch isses leider, die Platte ist der Griff ins Klo dieses jahr, ganz klar. Finde es ja selber schade, dass ich das sagen muss, aber es ist nunmal so
rower... lass deine hände von boom bap, das album ist beat-technisch eines der besten diesen jahres