laut.de-Kritik
Zwischen Macho-Gehabe und Midlife-Melancholie.
Review von Lisa RupprechtWenn man "Barcodes II" von Asche startet, wird man gleich begrüßt mit: "Ich bin schlecht gelaunt, doch sehe bestens aus." ein Satz, der das ganze Album erstaunlich gut zusammenfasst: schlechte Laune trifft auf Selbstverliebtheit, Aggro-Pose auf Spiegel-Selfie.
Das Album ist der Nachfolger von "Barcodes" seiner Debüt EP die man allerdings nicht mehr auf Spotify hören kann, denn sie war wohl etwas zu hart. Schon nach den ersten Takten könnte man versucht sein, den Streamingdienst der Wahl zu schließen, den Verlauf zu löschen und einfach nach einem guten Rapper zu Googeln. Spart Zeit und eine Dreiviertelstunde angestrengtes Kopfschütteln.
Der Rest? Eine Achterbahnfahrt zwischen "Was zur Hölle?" und "Mach bitte einfach aus." Da wird etwa großspurig gedroppt: "Fick deine Mutter, denn so wurde ich Millionär." Klar, der Literaturnobelpreis wackelt. Zeilen über "Klimakleber", die "am Reifen sind wie mein Dry-Aged Steak" vermutlich die neue kulinarische Referenz für alle, die den Geschmack von Rap komplett verloren haben. Die Texte wirken oft angestrengt provokant, peinlich und voller ausgelutschter Klischees, die weder schocken noch unterhalten.
Asche versucht sich an Gangsterrap mit der Überzeugung eines Schülers, der gerade seine erste Lederjacke trägt und sich für unantastbar hält. Unterstützung gibt’s von Szenegrößen wie Fard oder Kollegah, die das Ganze aber auch nicht retten können. Der Vibe: ein nostalgischer Versuch, den Sound der 2000er zurückzuholen, inklusive Beyoncé-Referenzen und einem "Who’s That Girl"-Sample von Eve. Man spürt: Asche will zurück in eine Zeit, in der R. Kelly oder Chris Brown noch gefeiert wurden, trotz oder wegen ihres fragwürdigen Frauenbildes.
Musikalisch hat "Barcodes II" ein paar Beats, die durchaus funktionieren. Insgesamt aber ziehen sich die Tracks wie ausgelutschter Kaugummi. "Sommer Im Kiez" oder "Tränen Auf Die Nikes" klingen wie der Soundtrack zu einer Regionalbahnfahrt endlos, monoton, mit mäßiger Aussicht. Klar, Asche hat Technik, Reimschemata und Wortspiele im Griff. Aber statt damit etwas Neues zu reißen, dreht er sich im ewig gleichen Macho-Film.
Die Reime sind handwerklich solide, mit Wortspielen und Mehrdeutigkeiten, die man als Rap-Fan durchaus appreciaten kann. Aber das ständige Testosteron-Gepose wirkt wie ein Echo aus einer Zeit, in der "Mütter ficken noch als kreative Punchline durchging. Das ist nicht oldschool, das ist einfach hängen geblieben.
Textlich pendelt Asche zwischen dem obengenannten und einem gekünsteltem Seelenstriptease. Eine Mischung, die eher nach akutem Therapiestau als nach ernstzunehmendem Storytelling klingt.
"Junge Aus Dem Viertel" erinnert an Asches Track "Jungs aus dem Viertel" von 2015, der damals auf "Barcodes" drauf war. Die nostalgische Anspielung ändert allerdings nichts daran, dass der Song insgesamt blass bleibt. Auf "Den Haag" behauptet er, die Strecke von Brüssel nach Den Haag in einer Stunde mit dem Audi R8 zu schaffen. Ich hab nachgeschaut, normalerweise dauert das rund drei Stunden. Irgendwie sinnlos, aber ich musste trotzdem kurz grinsen.
Die vorab releasten Singles? Grauenhaft. Mit dem Album kamen immerhin ein paar Momente, die einen vom Ursprungsurteil "Das ist Körperverletzung" abrücken lassen. Fast schon rührend, wie der harte Gangsterrapper krampfhaft versucht, wieder Straße zu sein. Am Ende schaut er doch nur traurig drein, weil ihn die Geister der gefickten Mütter und die eigenen Depressionen einholen. Ach, Asche… das tut mir wirklich leid. Wirklich.
Wer Bock hat auf maskulines Gepose, und jede Menge Selbstüberschätzung, wird bei "Barcodes II" fündig. Alle anderen können direkt skippen.
9 Kommentare mit 5 Antworten
Rappt der immer noch wie Ali As auf schlecht nachgebauten Bushido Type Beats?
Nicht ganz, dieses Mal rappt er eher wie eine Bushido-KI über Bushido Type Beats.
Bin auch kein Fan, finde das auch bestenfalls langweilig, aber wenn man sieht, dass eine Frau die Review geschrieben hat, wundert der passiv-aggressive Unterton nicht. Ich finde es viel interessanter, sich darüber Gedanken zu machen, wie wir es hinkriegen, dass Asche nicht mehr so schlecht gelaunt ist.
Wenn man sieht, dass diesen Kommentar ein Mann geschrieben hat, wundern auch die stereotypen Geschlechterklischees nicht.
Ja, die ganze Rezension liest sich maximal getriggered. So wirkliche etwas auszusetzen an der Musik hat sie nicht, aber klar 1/5 wegen politisch unkorrekt.
Lösch dich.
Noch nie jemanden getroffen der Asche hört
Unter uns: ich auch nicht. Aber wie ist er dann Millionär geworden?
Tränen auf die Nikes?
Die Amigos lächeln müde.
wacklurch par excellence
ENDLICH ist Rap wieder hart.