laut.de-Biographie
Bill Laswell
Was haben Mick Jagger, Johnny Rotten und Miles Davis gemeinsam? Bill Laswell! Als dieser 1955 als Sohn eines Ölförderungsanlagenmechanikers in Illinois geboren wurde, deutete längst noch nichts auf sein späteres Wirken hin. Heute ist der umtriebige Tausendsassa einer der einflussreichsten Musiker des Planeten. Egal ob als Komponist, Bassist, oder Produzent: Ohne den rastlosen Amerikaner sähe die musikalische Entwicklung der letzten Dekaden deutlich ärmer aus.
Er hat u.a. maßgeblichen Anteil an der Entwicklung von Ambient und Dub. Ebenso kreuzte er als einer der ersten beide Genres miteinander; sowohl in fröhlicher Form wie auch als finstere Dark-Ambient-Dub-Variante. Diese Zweigeteiltheit in Stimmung und Atmosphäre zieht sich dabei wie ein roter Faden durch seine eigenen Stücke. Beide Richtungen fußen meist auf einer Grundierung aus Funk, Hip Hop, mantrischer Repetition oder Jazz.
So gibt es zur einen Seite eine höchst ausgelassene, oft gen Worldmusic strebende Groovemaschine, die vom archaischen Naturvolkbeat über indische/arabische Skalen bis zu deftigem Rock alles einbaut, was das musikalische Herz in ausgelassene Trance versetzt. Trotz ihrer Komplexität sind diese Tracks meist sehr leicht konsumierbar und setzen bewusst auf instinktgesteuerten Rausch. Als Anspieltipp empfehlen sich zum rituellen Einstieg pulsierende Edelstein wie das jazzy "Thunupa", das psychedelische "Shashamani" oder das fröhliche "Ohm Shanti".
Diametral entgegen dieses bunten Spielplatzes lauern Laswells dystopische Nummern, deren endzeitliche, regelrecht finstere Wirkung lediglich ihr Rhythmus abfedert. Heraus kommt - wie etwa in "Skulls Of Broken Hill" oder "Broken" - eine Art horrorfilmreifer Depri-Dub, der ebenso süchtig macht wie seine lebensbejahenden Brudersongs.
Daneben spielt Laswell ab ca. Ende der 70er in zahllosen Bands, die oft ihrerseits musikhistorisch Bedeutendes schufen. Als ein Teil der Golden Palominos ist Laswell inmitten der Punk/New Wave-Welle bereits Miterfinder des No Wave. In Herbie Hancocks Rock It-Combo wird er zum Pionier erster Crossover-Ideen zwischen Jazz und Hip Hop. Und mit Last Exit oder Painkiller entwickelt er an der Seite von Peter Brötzmann und John Zorn derbe Cocktails aus Free Jazz, Punk und Metal.
Laswells berühmteste Fingerabdrücke gelingen ihm gleichwohl in seiner Eigenschaft als Produzent, Mixer und Remixer. Das besondere ist hierbei sein Status als aktiver Ideengeber, dessen Einfluss zwar ausnahmslos erkennbar ist, dabei jedoch niemals den Fokus von den Trademarks des jeweiligen Künstlers nimmt. An dieser Stelle ist die Liste ruhmreicher Werke, die nur durch sein Zutun entstehen konnten schier endlos.
Miles Davis schneiderte er post mortem als erster überhaupt ein kongeniales Remix-Korsett. Jaggers erstes Soloalbum "She's The Boss" verpasste er den typischen, weltweit erfolgreichen 80er Rocksound. Motörhead bekommen zwei Alben von ihm. Public Image Ltd hätten ihren Meilenstein "Album" samt Hitsingle "Rise" nicht ohne Laswell gestemmt. Daneben macht er Platten für so unterschiedliche Leute wie Sting, Iggy Pop, Yoko Ono, Ryuichi Sakamoto, Laurie Anderson, Icehouse oder die Ramones klar.
Diese kaum fassbare Bandbreite ist für den Meister selbst kein Widerspruch. "Auf einer höheren Ebene gibt es keinen Unterschied zwischen Stilen und keine Gegensätze zwischen Improvisation und Komposition. Man erbaut Sachen und dekonstruiert einiges davon. In der Musik jedoch gibt es die Besonderheit, dass man auch durch Einreißen von Strukturen simultan immer etwas kreiert. Da ist immer ein Plan in uns, der unsichtbar bleibt und meistens unbewusst. Er ist oft versteckt, aber er ist immer da."