laut.de-Kritik
Ghana meets Brooklyn - zwischen Hip Hop und Weltmusik.
Review von David MaurerEr hat afrikanische Wurzeln, ist kulturinteressiert und weltoffen, besinnt sich zugleich aber sehr auf seine Herkunft - so in etwa beschreibt das gleichnamige Magazin den Afropolitan, den die Schriftstellerin Taiye Selasi mit ihrem Essay im Jahr 2005 verstärkt ins Bewusstsein rief. Auf Samuel Bazawule, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Blitz The Ambassador, trifft diese Beschreibung bestens zu.
Auf seinem neuen Album "Afropolitan Dreams" erzählt er die Geschichte eines jungen Afrikaners, der allen Widerständen zum Trotz seine Heimat verlässt, um es in den USA als Rapper zu schaffen. Dabei vertont der MC, Komponist und Produzent keineswegs irgendeine beliebige Story, sondern nicht selten seine eigene, die ihn aus der ghanaischen Hauptstadt Accra in den New Yorker Bezirk Brooklyn führte: "Just a kid from Africa / Here to tell my story."
Schon "The Arrival" gestaltet sich schwieriger als gedacht. Repetitive Keys und träge Streicher untermalen die Unsicherheit des Neuankömmlings. Perfekt gewählte Samples von U-Bahngetöse und Lautsprecherdurchsagen betonen erst recht das unangenehme Gefühl, fremd zu sein, und rufen auf Anhieb Heimweh hervor. Aber niemand hat gesagt, dass es einfach ist: "It's never as easy as it seems / Living afropolitan dreams."
Die folgenden knapp 45 Minuten führen von den kritisch beäugten Anfängen in der Rap-Szene ("Dollar And A Dream") über ersten "Success" bis hin zum Status "Internationally Known", den Blick stets in die Heimat gerichtet, beflügelt von der stolzen Erkenntnis: "Africa Is The Future".
Noch deutlich imposanter als auf den beiden Vorgängern vereint Blitz zusammen mit seiner eigenen Band The Mighty Embassy Ensemble verschiedene Musikstile in einem wunderbar organischen 'Clash Of Cultures'. Vielschichtige Gitarren und lebensbejahende Bläser erschaffen über Boom Bap und westafrikanischen Trommeln einen Sound, der eleganten New Yorker Funk und Jazz mit Afrobeat und ghanaischem Highlife tränkt.
International verknüpft gibt sich der Ambassador aber nicht nur hinsichtlich der opulenten Instrumentierung. Der multikulturelle Geist des Albums findet sich auch in der Gästeliste wieder, die Features aus Benin, Ghana, Nigeria, Brasilien, den USA und Deutschland beinhaltet. Ob Afropop-Ikone Angelique Kidjo im von Sehnsucht gezeichneten "Call Waiting" oder Fela Kutis jüngster Sohn Seun in "Make You No Forget" - stets lassen die Gastbeiträge die einzelnen Stücke noch farbenfroher und abwechslungsreicher klingen.
Trotz der markanten Weltmusik-Einflüsse, die wesentlich stärker nach außen dringen als auf "Stereotype" und "Native Sun", bleibt "Afropolitan Dreams" natürlich ein Rap-Album, und ein sehr gutes obendrein. Samuel Bazawule klingt am Mikrofon nicht nur hier und da wie ein zurückgelehnter Black Thought, sondern bringt auch vergleichbare technische und lyrische Fähigkeiten mit.
Während "Success" mit wummerndem Bass und gediegenem Flow zum Kopfnicken einlädt, überrascht Blitz in "Internationally Known" mit messerscharfen Doubletime-Passagen, ohne sich in bloßer Skill-Demonstration zu verlieren. Bazawule ordnet eigene Erfahrungen geschickt in einen gesellschaftlichen Kontext ein und erzählt mitunter interessante Geschichten, wie zum Beispiel die ergreifende Heimweh-Nummer "Call Waiting". "You been practicing on your drum set?/ You broke your sticks?/ Don't be upset", ermutigt Blitz seinen Sohn am Telefon, der tausende Meilen entfernt seinen Vater vermisst, bevor er im zweiten Part die von Sorgen geplagte Mutter beruhigt.
Ohnehin lohnt es sich, den tiefgründigen Texten mit größter Aufmerksamkeit zu begegnen, um geniale Zeilen wie diese nicht zu verpassen: "They say you can force a horse to the river / But you can't force it to drink / Well, you can force knowledge on people / But you can't force them to think." Nicht der einzige Beweis, dass Bazawule an die lyrische Komponente seines Albums den gleichen Anspruch stellt wie an die musikalische.
"The blogs said I wasn't Hip Hop enough / World Music had said I wasn't african enough", ruft Blitz The Ambassador die Kritik nach seinen ersten Schritten in der amerikanischen Szene noch mal ins Gedächtnis. Vorwürfe, die sich mittlerweile als vollkommen haltlos herausstellen. Der gebürtige Ghanaer vereint Rap und Weltmusik in einer farbenfrohen und intelligenten Symbiose und erntet dafür mittlerweile auch den verdienten Respekt.
Samuel Bazawule hat es in den USA zum angesehenen Künstler geschafft, seine wahre Heimat Ghana aber nie aus den Augen verloren. Ein wahrer Afropolitan eben.
1 Kommentar
Ich liebe den Kerl einfach