laut.de-Kritik
Zwischen Avantgarde und tanzbarem Rausch.
Review von Toni HennigHaley Fohr alias Circuit Des Yeux machte spätestens 2017 mit ihrem Avant-Folk-Album "Reaching For Indigo" Kritiker und aufgeschlossene Musikhörer auf sich aufmerksam. Vor vier Jahren kehrte sie mit "-io" mit einem recht cineastischen Werk zurück. Nun zeigt sich die Chicagoerin mit "Halo On The Inside" erneut von einer neuen Seite.
Dabei gibt "Megaloner" mit schweren Industrial-Tönen, androgynen Vocals und gespenstischen Pianotönen die stockfinstere Richtung der Platte vor. Textlich geht es in dem Track jedoch gar nicht mal so düster zu, wenn Fohr an der Romantik festhält und auch sonst hat sie in beängstigenden Zeiten die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Dennoch schwingt, wie in "Canopy Of Eden", in dem sie sich zu schroffen, tanzbaren Klängen wie eine Schamanin geradezu in einem hypnotischen Rausch singt, immer eine gewisse Bedrohlichkeit und Brüchigkeit mit.
Mit "Skeleton Key" dringt sie in Scott Walker-Sphären vor. Ähnlich wie beim US-amerikanischen Sänger, der sich ab den 90ern zunehmend avantgardistischeren Tönen verschrieb, erschließt sich das Ergebnis erst nach mehrmaligen Hören. Ähnlich sperrig geht es auch in "Anthem Of Me" zu, das von tonnenschweren Drones und noisigen Feedbacks lebt. Bei den dissonanten Pianoklängen und dem einsamen Gesang in "Cosmic Joke" denkt man gar an eine pechschwarze Version von Nina Simone.
Am besten klingt die US-Amerikanerin dennoch, wenn sie sich von ihren Vorbildern löst und versucht, musikalisch auf eigenen Füßen zu stehen. In "Cathexis" lässt sie sogar ein paar wenige Lichtstrahlen in ihrer Musik zu, wenn nach und nach luftige, shoegazige Gitarren im trippigen Klangbild im Stile der "Silent Hill"-Soundtracks die Oberhand gewinnen. "Truth" entfaltet mit schiebenden Dance-Tönen, wavigen Saitensounds und infernalischen Gesangsausbrüchen eine fast schon kathartische Wirkung, während "Organ Bed" intim und dramatisch beginnt, sich jedoch mit voranschreitender Spielzeit in immer trancehaftere Sphären aufschwingt.
Das von tiefen Ambient-Tönen und Orgelsounds geprägte, stark nach Anna von Hausswolff klingende Instrumental "It Takes My Pain Away" bildet zwar einen stimmungsvollen, schwermütigen Abschluss. "Organ Bed" hätte die Scheibe aber noch etwas stimmiger und gelungener abgerundet.
Letzten Endes klingt "Halo On The Inside" etwas zu sehr nach kreativem Selbstfindungsprozess, um im avantgardistischen Pop-Bereich wirklich herauszuragen. Dass sie das Zeug dazu hat, zu den großen Namen im Genre aufzuschließen, beweist aber Haley Fohr in den besseren Momenten.
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