laut.de-Kritik

Rock? Steady! Featuring Moneybrother.

Review von

Diese Platte nervt. Viel zu deutlich bekommt man vorgeführt, was man verpasst hat: Eine grandiose Liveband spielt Rocksteady, als hätte sie ihn erfunden, die anwesende Menge amüsiert sich hörbar, vor dem geistigen Auge sieht man das Kondenswasser die Clubwände runterlaufen - und man selber sitzt zu Hause? Nein, so geht das nicht.

Mal im Ernst: Eine 15-köpfige schwedische Truppe rollt zwei Tage lang einen Stockholmer Club auf. Der Versuch, diese Show in die Konserve zu packen, muss scheitern. Klingt gemein? Das Problem ist, dass "Two Nights With Club Killers" eine Ahnung davon vermittelt, wozu diese Damen und Herren in der Lage sind: Bei einer CD fehlt dann eben doch das Live-Gefühl. Dieser Umstand und die in meinen Ohren nicht besonders glückliche Gesangseinlage von Maria Andersson in "Tighten Up" sind aber auch wirklich die einzigen Punkte, die man den Club Killers ankreiden darf.

Jawohl, sie spielen Coverversionen von Klassikern. Dies tun sie aber mit unverkennbar viel Wissen um Herkunft und Hintergründe der Originale und mit einer derartigen Spielfreude, dass man neues, eigenes Material an keiner Stelle vermisst. Eigentlich ist Herbie Hancocks "Cantaloup Island" ausgelutscht wie eine Weißwurstpelle nach dem Elf-Uhr-Läuten. Nicht, wenn die Club Killers "Cantelope Rock" daraus machen: Rock? Steady! Den an sich träge dahin groovenden Track treibt eine alles beherrschende Bläsersektion. Heimatland, Herr Hancock persönlich hätte seinen Spaß, so viel ist mal sicher.

Die Bläser plätten alles. Abgesehen von handwerklichem Können bestechen sie schon allein durch die Personenstärke: Die beiden Bandleader Viktor Brobacke und Gustav Bendt an Posaune und Saxophon (beide aus der Backing-Band von Schwedens Soul-Pop-Export Nr. 1, Moneybrother, bekannt) erhalten von zwei weiteren Saxophonen und drei Trompeten Unterstützung. Zu siebt kann man durchaus etwas erzeugen, das einem "perfect storm" gefährlich nahe kommt.

Sagte ich eben Moneybrother? Der steht bei "You Don't Know" und "Old Fashioned Way" höchstselbst als Gast am Mikrofon. An seiner souligen Stimme ist ohnehin wenig auszusetzen. Wird sie (wie im zweiten Fall) zusätzlich durch gar nicht mal so üble Raps kontrastiert, bereitet die Angelegenheit noch mehr Vergnügen. Den großen Vokalistenpreis verleihe ich allerdings hiermit Anna Maria Espinosa: Glasklar, zuckersüß und trotzdem enorm tragend entfaltet sich ihr Gesang über "Boy I've Got A Date" und "Perfidia", hier zusätzlich unterstützt von Flöte und Orgel.

Der Organist bekommt seinen großen Auftritt in "Sound And Music"; nicht weiter verwunderlich, stammt das zugehörige Original doch aus der Feder Jackie Mittoos - und der war schließlich Keyboard-King im Studio 1. Trompeter Goran Kajfes interpretiert Paul Desmonds "Take Five" - auch diese Nummer unterlegt mit einem Off-Beat-Groove, als wäre es nie anders vorgesehen gewesen. Die übermächtigen Bläser auf Linie zu halten: wahrhaftig keine leichte Aufgabe. Die Rhythmusgruppe meistert diese Schwierigkeit allerdings durchgehend - Hut ab!

Rocksteady, Ska, Reggae und Blue Beat, 15 Vollblutmusiker und ein Stall voll Gastvokalisten (darunter die zu Unrecht noch gar nicht erwähnten Papa Dee, Desmond Foster und Magnus Carlson) zelebrieren in der dampfenden Atmosphäre des Debaser Clubs ein Spektakel, das ich liebend gern aus der Nähe gesehen hätte. Zu spät, verdammt! Immerhin bleibt mir "Lonely Night".

Trackliste

  1. 1. Cantelope Rock feat. Daniel Boyacioglu
  2. 2. Boy I've Got A Date feat. Anna Maria Espinosa
  3. 3. You Don't Know feat. Moneybrother
  4. 4. Lonely Night feat. Papa Dee & Desmond Foster
  5. 5. Exodus (Instrumental)
  6. 6. Sing Your Life feat. Magnus Carlson
  7. 7. Ali Pang (Instrumental)
  8. 8. Every Day Is Like A Holiday feat. Papa Dee & Desmond Foster
  9. 9. Take Five feat. Goran Kafjes
  10. 10. Tighten Up feat. Maria Andersson
  11. 11. Sound And Music feat. Gaffaman
  12. 12. Blam Blam Fever feat. Hakan Hellström
  13. 13. Perfidia feat. Anna Maria Espinosa
  14. 14. Old Fashioned Way feat. Moneybrother & Eye'n'l & Profilen
  15. 15. Introducing D'Whales feat. D'Whales And Papa Dee & Desmond Foster

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