laut.de-Kritik

Für Alleinstehende mit masochistischen Vorlieben.

Review von

"Unbestreitbar besonders" sei das neue Album von Cocorosie, schreibt das britische Wire Magazin, die Online-Ausgabe des amerikanischen Rolling Stone fabuliert gar von einem "Traum" und lobt die "verhexten und gruseligen Sounds". Gruselig, langsam kommen wir der Wahrheit näher. Für Alleinstehende mit masochistischen Vorlieben mögen Cocorosie durchaus eine Acoustic Folk-Entdeckung der besonderen Art darstellen, in "La Maison De Mon Rêve" aber mehr zu sehen als ein nett gemeintes Lo-Fi-Demo zweier wiedervereinigter Ami-Schwestern ist dann doch eher lächerlich.

Ich gebe offen zu, dass ich schon ob der staatstragenden Soundbeschreibung im Label-Info laute Zweifel am Happy End hegte: "Ihre Musik klingt wie eine Hochzeit von John Frusciante und Carole King mit Nina Persson als Trauzeugin." Nun, Frau King mag höchstens als unerreichbare Inspiration für das Schwestern-Paar herhalten, von einer durchdachten Gesangsperformance à la Frau Persson höre ich auch meilenweit nichts. Und Herr Frusciante? Okay, Cocorosie könnten in der Tat die Art von Drogen goutieren, die der Peppers-Gitarrist bei den Aufnahmen seiner ersten beiden Soloalben bevorzugte.

Diesen Eindruck stützen die seltsamen Hintergrundgeräusche, die das komplette Album hindurch manch guten Song-Ansatz zunichte machen. So wäre der Opener "Terrible Angels" eigentlich recht schön, wenn einem das penetrante Krähen eines Hahns nicht irgendwann Schweißperlen auf die Stirn treiben würde. Das völlig abgedrehte "By Your Side", in dem die Damen ihren kaputten Drumcomputer vorstellen, geht dagegen beinahe schon wieder in Ordnung. Aber mit zunehmender Dauer ist "La Maison De Mon Rêve" eher unbestreitbar nervig als in irgendeiner Weise besonders.

Ausgestattet mit ihren hohen Stimmchen und zahlreichen Baby-Rasseln steigern sich Sierra und Bianca Casidy in einen zwölf Songs andauernden Rausch hinein, der ein schwer zugängliches, exzentrisches Album hinterlässt. Da hilft es auch wenig, dass in dem an Cutting Crews Hitrefrain "Died In Your Arms Tonight" erinnernden Instrumental "Candy Land" und dem zarten "Good Friday" zwei annehmbare, naja, Folksongs für Berufsverzweifelte mit dabei sind. Nebengeräusche wie das Klackern ihres Spritzbestecks oder das Naseputzen während der Aufnahme hätten Cocorosie aber besser unterlassen. Ausnahmsweise glaubt man ihnen deshalb jedes Wort, wenn sie behaupten, "einfach auf den Aufnahme-Knopf unseres Tape-Recorders gedrückt und zwölf Songs eingespielt" zu haben. Sehr seltsam.

Trackliste

  1. 1. Terrible Angels
  2. 2. By Your Side
  3. 3. Jesus Loves Me
  4. 4. Good Friday
  5. 5. Not For Sale
  6. 6. Tahiti Rain Song
  7. 7. Candy Land
  8. 8. Butterscotch
  9. 9. West Side
  10. 10. Madonna
  11. 11. Hatian Love Songs
  12. 12. Lyla

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22 Kommentare

  • Vor 20 Jahren

    Ich weiss gar nicht wo Anfangen :sweat:

    Auf jedenfall hab ich mir heute endlich die ganze CD besorgt. Bis dato war ich nur besitzer von einigen MP3-Dateien. Als ich das erste lied von den beiden Schwestern gehört hab, By sour side wars, dacht ich einfach nur "Was ist den das" jedoch schon nach 30 sekunden überkamms mich.

    Wie kann man so simpel etwas so schönes machen. Das Album ist so simpel und doch so komplex, so anderst und doch eingägig. Das erste mal dieses jahr nach Modest Mouse - Good news for people who love bad news kann ich sagen "Das ist mal was anderes". Das ist jedoch nur meine bescheidene Meinung.

    Vielen wird die ART musik sicherlich nicht gefallen, dass ist mir klar. Aber dennoch empfehl ich jedem ders noch nicht gemacht hat, hört euch was an! Umbedingt anhören sollte man sich sicher Terrible Angels! Und ansonsten sind wirklich ALLE songs einfach nur der Hammer.

    Für die Intressierten gibts hier kostproben:
    Klick (http://www.indiepoprock.net/review.php?id=…)

    Und wieder einmal mehr sieht man das Laut.Reviews nix taugen... aber ist man sich ja gewohnt!

  • Vor 20 Jahren

    Und wer sich noch davon überzeugen will, dass die Damen ihr können auch live zeigen können, schaut euch mal die ME-Sessions an:

    Klick (http://me.streams-pur.de/specials/index_me…)

    Da sieht man auch gut, wie simpel das ganze eigentlich ist :).. aber verdammt diese wahnsinns stimmen einfach umwerfend!!!

  • Vor 20 Jahren

    hab mir mal "Jesus Loves Me" angehört ..
    Stimme ist schon mal sehr geil,
    ... irgendwie sehr schräg das Ganze, aber ich glaub ich hör mir das Zeugs mal ein bisschen näher an :)

  • Vor 19 Jahren

    Kann nur zustimmen, Terrible angels und By your Side is der Wahnsinn!
    Dachte auch beim ersten mal hören, "oh Gott, was ist DAS denn? Da sind ja nicht mal E-gitarren dabei!" Aber es sind einfach nur wahnsinnig schöne Songs!

    Muss mir endlich die beiden Alben mal besorgen!

    Hat sich irgendjemand von euch schonmal was von Devendra Banhart angehört? Soll ja auch nen ziemlichen Sprung im Helm haben :)

  • Vor 19 Jahren

    Das neue Album von Devendra Banhart "Cripple crow" finde ich ganz wunderbar, mit den früheren habe ich noch etwas Probleme. Und unbedingt auch bei Antony & the Johnsons reinhören!

  • Vor 19 Jahren

    Jepp, sowieso. Und Banhart hat auch 'ne Fliege im Helm, völlig richtig ... trotzdem cooler Typ. ;)