laut.de-Kritik
Schunkeln gegen George W. Bush.
Review von Giuliano Benassi"Welcome to the countrysides - southwestern garage country against blood spangled banners". Willkommen auf dem Land - südwestlicher Garagen-Country gegen blutbestreifte Fahnen", erklären Cracker den Sinn ihres Coverversionen-Albums. Heikel ist dabei nicht nur die Verunglimpfung der hochsymbolischen US-Flagge, die in Übersee als Star Spangled Banner bekannt ist: Das Material ging dem Label so gegen den Strich, dass sie die Band letztes Jahr kurzerhand vor die Tür setzte.
Dabei ist einem die Platte schon nach den ersten Akkorden sympatisch. Akustikgitarren mit Country-Gezupfe, Falsetto-Stimmen und ein Akkordeon begleiten einen in Flammen aufgegangenen Lastwagen voller Kunstwerke aus New York, "ein schreckliches Bild, wenn nur jemand zuschauen würde". Fröhlich kommt auch "Duty Free" daher: "brauchst du etwas aus dem Duty Free-Laden? Ich komme einfach nicht von hier weg", beklagen sich irische Einwanderer in England und USA. "Es gibt Linien, die einfach nicht überschreitbar sind" lautet ihre ernüchternde Erkenntnis.
Die Stilrichtung ist bei Cracker eher neu, nicht aber ihre Einstellung: Sie wollen mit ihrer Musik unterhalten, aber auf soziale und politische Missstände aufmerksam machen. Ist der Süden der USA rassistisch? "Stelle dich gegen die Wand, Redneck-Mutter, dafür dass du deine Söhne so gut erzogen hast. Sie schlagen Hippies zusammen und machen nur Ärger", heißt es unter Klavierbegleitung und knarziger Gitarre in Lied Nr. drei. "Ich muss aufhören zu saufen, ich kann mir das Laster nicht leisten, ich muss nüchtern sein, ich muss neue Lieder schreiben, die sich reimen" singen sie in ihrer Interpretation von Merle Haggards "Reasons To Quit", obwohl es doch "mehr Gründe, nicht aufzuhören, als Gründe, aufzuhören" gibt. Gelungen auch ihre eher ruhige Version von Bruce Springsteens "Sinaloa Cowboys".
Als Seitenprojekt entstanden, tourten Sänger David Lowery und seine Mitstreiter als Ironic Mullets (etwa "ironische Vokuhilas") Ende 2002 durch den Süden der USA und traten dabei in Bikerbars und Billiard-Kneipen auf. Eine 20-minütige Dokumentation ist der CD im QuickTime-Format beigefügt. Die Erkenntnis der Band: Selbst in dieser eher konservativen Umgebung unterstützen nicht alle George W. Bushs Politik, wie der Erfolg ihres eher kritischen Country-Materials zeigt.
Zum Schluss gibt es mit "Ain't Gonna Suck Itself" das einzige eigene Stück auf dem Album, eine bissige Abrechnung mit dem Label, das sie fallen gelassen hatte. Zum Glück haben Cracker ein neues gefunden: Ob man die politische Einstellung teilt oder nicht, musikalisch hat das Album nicht nur Country-Fans einiges zu bieten.
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