laut.de-Kritik
Gestern RAF, heute AfD, immer aktuell: DAF.
Review von Michael SchuhWie oft sich DAF in den letzten 40 Jahren schon auseinander- und wieder zusammengelebt haben, ist inzwischen kaum mehr nachvollziehbar. Es ist der Erfolg der frühen Jahre, der den eher melancholischen Robert Görl (Synths, drums) und den vor Temperament berstenden Gabi Delgado-Lopez früher oder später immer wieder zusammen führt. Im Herbst 2017 ist man wiedervereint, um die vorliegende Sammler-Box "Das Ist DAF" (5-CD-Box ohne Booklet oder 5-Vinyl-Box inkl. 36-seitigem Booklet, Slipmat, Autogramme, Poster) sowie die gleichnamige, autorisierte Band-Biografie zu promoten.
In der Box enthalten sind eine Remix-Platte (6 Remixes von u.a. Giorgio Moroder, Boys Noize, Westbam) und die vier Alben, die ihren Ruhm ausmachen: Das zweite Werk "Die Kleinen Und Die Bösen" (3/5), das die Düsseldorfer noch in Bandbesetzung 1980 in London für Daniel Millers soeben gegründetes Label Mute Records aufnahmen, der 1981er Meilenstein "Alles Ist Gut" (5/5) sowie die Folgealben "Gold Und Liebe" (4/5) und "Für Immer" (3/5). Das sperrige und noch sehr an Can angelehnte Noise-Debüt "Ein Produkt der D.A.F.", das 1979 auf Pyrolators Ata Tak-Label in Eigenregie erschienen ist, bleibt außen vor. Genau so wie das englischsprachige "1st Step To Heaven" von 1986, was sicher keinen Verlust darstellt.
Mit ihrer derben Strommusik, wie es Rummelsnuff formulieren würde, legten DAF ab 1980 einen neuen radikalen Gegenentwurf vor, der eine musikalische Revolution auslösen sollte: Musik für den Körper, erzeugt mit neuestem Synthesizergerät aus Übersee, Maschinen-Beats statt Hippie-Scheiße. Harter Sound für harte Zeiten. Es gab die RAF und nun eben auch DAF, die Deutsch-Amerikanische Freundschaft. Der vorgeblich politische Name dabei eher ironisch angelehnt an die Deutsch-Sowjetische Freundschaft, die Staatsräson der DDR.
DAFs ewiger Verdienst: Den Minimalismus von Innovatoren wie Suicide mit einem härteren Klangbild zu schärfen, homoerotische Bezüge mit NS-Ästhetik oder jeglicher anderer Konfrontation zu verknüpfen und Texte, in denen auch mal Adolf Hitler vorkommt, im Kasernenton rauszubellen: Man darf sagen, darauf war Deutschland im Jahr 1981 nicht vorbereitet. Die Verfolgung seines Vaters unter dem Franco-Regime in Spanien schärften Delgados Sinne für die Kraft von Anarchie, die in seine eigentümliche Deutsch-Prosa einfloss.
Die Provokation geht auf: Mit dem von Conny Plank (Neu!, Kraftwerk, Eurythmics) produzierten "Alles Ist Gut" und der Single "Mussolini" macht ihnen Alfred Biolek den Hof und auch das ZDF-Kulturmagazin Aspekte bittet um einen Beitrag. Das seinerzeit fortschrittlich denkende Majorlabel Virgin verpflichtet DAF für vier weitere Alben, im sicheren Gefühl, mit den wie unter Strom produzierenden Düsseldorfern aufs richtige Pferd gesetzt zu haben. Das irrwitzige Tempo fordert jedoch seinen Tribut: Nach drei Platten in eineinhalb Jahren lösen sich DAF just in dem Moment auf, wo Virgin an einem USA-Eroberungsplan tüftelt. Weil alles gesagt war.
Mag der Kulturschock, den die Musik von DAF seinerzeit auslöste heute auch nicht mehr spürbar sein, zieht die Gruppe doch genau aus diesen längst vergangenen Zeiten ihre Faszination. DAF sind zum Mythos geworden. Und der Sound ist zum Glück hervorragend gealtert. Was man von einigen Alben diverser EBM- oder Techno-Acts, die von DAF inspiriert wurden, wahrlich nicht behaupten kann. So ist man beinahe überrascht, auf einen Song wie "Kebab Träume" zu stoßen, der heute im mauerfreien Deutschland tatsächlich nicht mehr aktuell ist, wenn auch nur textlich. Der 1979 von Delgado-Lopez geschriebene Text wurde erstmals von Mittagspause aufgenommen und 1980 von Fehlfarben auf deren Klassiker "Monarchie Und Alltag" bekannt gemacht.
Deutschland im Jahr 2017: Die RAF ist Geschichte, dafür gibt es heute die AfD. Der Protest gegen das politische Establishment ist in 40 Jahren also nicht verschwunden und er ist auch nicht unbedingt ungefährlicher geworden, er hat sich nur verlagert. Man könnte nun sagen, unsere Zeiten erfordern umso mehr ein neues attackierendes DAF-Manifest im Studioalbumformat. Seit dem letzten Versuch von 2003 ahnen wir aber auch, dass hier vielleicht eine neue Generation einspringen müsste. Denn bei aller Liebe: Eigentlich braucht niemand mehr ein neues DAF-Album, jedenfalls sofern man diese Box besitzt.
5 Kommentare mit 5 Antworten
"Deutschland im Jahr 2017: Die RAF ist Geschichte, dafür gibt es heute die AfD. Der Protest gegen das politische Establishment ist in 40 Jahren also nicht verschwunden und er ist auch nicht unbedingt ungefährlicher geworden, er hat sich nur verlagert."
Unpassendster Vergleich seit langem.
Gebe ich dir Recht! Wenn auch ziemlich sicher mit anderer Begründung!
Zum lachen geht ihr sicher in den Keller. Falls euch noch nicht aufgefallen sein sollte, die überwiegende Mehrheit an Musikredakteuren, auch hier bei Laut, sind weitestgehend unpolitisch unterwegs. Manchmal streifen sie durch ihren musikalischen Keller und suchen nach Ironie, ohne sie zu finden. Lachen tun sie dann aber in aller Öffentlichkeit!
Hat was, beides transatlantische Missgeburten.
...vollkommen überflüssig ..auch heute noch ! 1/5
junge, junge.
wenn man beispiele von vollkommen substanzlosen postings ohne die geringste argumentation oder begründung sucht, bei dir wird man immer fündig.
..tanzt du auch den Mussolini ?? ...
Nicht alle (an den Haaren herbeigezogenen) Vergleiche oder Assoziationen funktionieren. Siehe Überschrift. Aua! Und bei aller Liebe: Eigentlich braucht niemand mehr ein DAF-Album. Eine Single mit vorne Kebap und hinten Gemüsolini drauf reicht ... En Guete!
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
"Das ist Daf"
- Auszug aus dem Langenscheidt Zahnlos-Deutsch/Deutsch-Zahnlos