laut.de-Kritik

Warme Töne für graue Tage.

Review von

"Here, Of All Places" ist eine dieser Platten: der Horror eines jeden Kritikers. Nicht, weil sie unfassbar schlecht ist, im Gegenteil. Das Debütalbum von Felix Gebhard aka Home Of The Lame ist sehr gut. Allerdings lässt sich schwer beschreiben, was an dieser Musik so gut ist. Nicht weil sie so komplex ist, so schwer greifbar, im Gegenteil, weil sie so einfach ist. Einfach im positiven Sinne, grundsätzlich, und doch alles sagend, alles ausdrückend.

Schon der Opener "Rooftops" verströmt eine gewisse Wärme, die wirklich zu Herzen geht. Dabei singt der rothaarige Wahlhamburger doch nur über die Nachbarschaft, zumindest vordergründig. Das Mellotron und die Akustikgitarre legen sich wie eine wärmende Decke um die Zuhörenden, und man merkt sofort, mit dieser Platte lässt es sich gut aushalten an grauen Tagen. Felix Gebhard singt über die Zweisamkeit und deren Unwägbarkeiten mit einer geradezu entwaffnenden Offenheit.

In einem dieser recht einfallslosen Frage-Antwortspiele mit einem Jugendmagazin hat er mal auf die Frage nach der Schublade im Apothekerschränkchen geantwortet, Home Of The Lame seien das Valium. Mit dieser sicher nicht ganz ernsten Antwort tut er sich selbst gänzlich unrecht. Klar, "Leave And Shine" und die erste Hälfte von "Mirror Mirror" sind sehr mellow, aber es wartet im nächsten Takt immer wieder eine schöne Melodie und im Fall von "Mirror Mirror" sogar eine wundersame Wandlung zur Fast-Uptempo-Nummer.

A propos Tempo: mit "Secret" erreicht das Album in der Mitte seinen lauten Höhepunkt, hier, scherzt Felix, könne man die Nachbarschaft zu Tore Johansson, dem Produzenten der Cardigans und den Gula-Studios in Malmö, raushören, wenn man denn wolle. "Clouds" ist sicherlich so etwas wie der heimliche Höhepunkt des Albums. So zart und harmonisch wie hier klingen Home Of The Lame nirgendwo anders auf "Here, Of All Places", schön untermalt von Streichern singt Felix vom sich Verlieben.

Den stimmigen Abschluss bildet "New Winter", eine langsame Schieberbluesnummer mit großartigem Pedal-Steel-Guitar-Einsatz. Home Of The Lame ist ein wirklich hörenswertes Debüt gelungen. Felix Gebhard singt in einem makellosen Englisch mit einer Stimme, die so voll und tief und doch so weich klingt, dass es eine Freude ist zuzuhören. Das Hamburger Label Grand Hotel Van Cleef hat einen guten Fang mit Home Of The Lame gemacht. Hoffentlich auf längere Zeit.

Trackliste

  1. 1. Rooftops
  2. 2. Okay
  3. 3. Leave And Shine
  4. 4. The Camper (Pt.2)
  5. 5. Mirror Mirror
  6. 6. Secret
  7. 7. Ode To A Friend
  8. 8. Clouds
  9. 9. Rub Your Eyes
  10. 10. New Winter

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15 Kommentare

  • Vor 18 Jahren

    inmitten der allgemeinen ghvc-abfeierei kommt 2005 noch ein album auf den markt, welches vom hype vielleicht nur gestreift wird. das ist keine musik, die indiejünger auf die laternenpfähle jagt. das sind keine texte, die schlauby-studenten mit edding an die fensterscheiben schmieren. das ist kein typ, dem die mädchen verzückt beim euphorischen tanzen zugucken.
    here, of all places ist eine total normale, unaufgeregte, melancholische, nicht sonderlich anspruchsvolle, zurückhaltende platte. weit weg von hansen band, weit weg von hamburg.
    und sie weiß zu gefallen.
    'clouds' zum beispiel, das dein herz ein bisschen zusammenzieht.
    'mirror mirror' oder 'rooftops' oder 'ode to a friend'.
    die schönsten songs sind die langsamsten. sobald die musik nach vorne geht, wie 'secret', wird sie schnell belanglos.
    sicherlich kein kandidat für das album des jahres.
    aber heute abend der schönste soundtrack zum alleinsein.

  • Vor 18 Jahren

    Schön gesagt, schwester! :klatbier: Ich geh mal lauschen.

  • Vor 18 Jahren

    jaja, ein nettes album. auch live hat der felix es drauf. hab ihn schon zweimal gesehen, wie er für walter schreifels eröffnet hat. das hat er gut gemacht! von hamburg ist er übrigens so weit entfernt wie malmö ... sehr empfehlenswert ist auch die 4-song-ep von 2003, da sind nochmal vier andere stücke drauf. sehr schöne obendrein. review der platte folgt (heute oder morgen). ich geh jetzt erst mal mit dem felix frühstücken, damit der wortlaut auch was wird.