laut.de-Kritik
One-Man-Army trifft Native Tongue-Kommune.
Review von Stefan JohannesbergIm letzten Vers des vierzehnten Albums legt LL Cool J seinen Antrieb offen wie in der Werkstatt. "The last poet, revolutionary with guns loaded / Back to elevate the culture, that's my only motive." Nach fünf Jahrzehnten im Rapgame sah er sich noch einmal genötigt, der Hip Hop-Kultur in den Arsch zu treten. Mama sagte ja einst: Knock them out - und im Gegensatz zu Nas und Common greift LL aggressiv an. Mr. Smith ist "The spirit of Stevie Wonder when 'Superstition' was written / I'm the first bop when you walk into the party /I'm the Chris Rock when you snappin' on somebody / I'm the ingenuity, the mental acuity / Duke Ellington dexterity, I'm truly a rarity / I'm the sound of Miles Davis, it's impossible to bury me" ("Black Code Suit"). Boom.
Getragen von der charismatischen (It's mostly, you know the deal) Stimme drückt er seine stets klar verständlichen Zeilen gewohnt stakkatohaft nach vorne. Mal als B-Boy ("Post Modern"), mal als Boss ("The Force"), mal als einfacher Ex-Bürger von Queens, der nach langer Zeit ins Ghetto zurückkehrt ("30 Summers"), mal als Ladylover ("Proclivities") und mal als Black Panther ("The Spirit Of Cyrus") - alle Persona seiner langen Karriere dürfen mal ans Mic steppen.
Da ist es ihm auch vollkommen latte, wenn "Babygirl is laughing 'cause my slang is old-fashioned / That's always been your problem, Dennis / No passion". Leidenschaft over alles. LL weiß, dass er ein alter Sack ist und gibt der jungen Generation halt ein bisschen von Seite.
Zurück zum Anfang. LL Cool J wollte ja die Kultur "elevaten", was liegt da näher, als sich musikalisch einer der wichtigsten Säulen im Rap zu nähern: dem Native Tongue-Sound. Illmatic-Producer und ATCQ-Legende Q-Tip produzierte jeden einzelnen Track auf "The Force" und schenkte dem Rapper eine Reise durch funky-jazzigen Boom Bap. Das heißt, für hart hittende Beats, großflächige Samples oder dominante Synthies durchsucht man besser andere Bereiche im Spotify-Universum. Live-Drums, Bass und Gitarre bilden das Fundament, immer wieder von irren Geräuschen, Cuts und geloopten Q-Tip-Vocals unterbrochen. Es vibriert und blubbert ("The Force"), die Hands clappen ("Passion") und die Percussion Section trommelt sich die Finger wund ("Black Code Suit").
Die Höhepunkte des Albums sind jedoch mit Abstand die Single "Saturday Night Special", auf der Q-Tip passend zu den Gästen Rick Ross und Fat Joe seine Version eines pathetischen Justice League-Tracks aus dem Laptop schält, und das bereits erwähnte "30 Decembers". Wenn LL Cool J erzählt, wie er nach 30 Jahren wieder die Bahn nach Queens nimmt, funktioniert der zurückgenommene, hier melancholische Sound hervorragend und hebt den Song in die Top Ten aller Cool J-Songs überhaupt.
Trotzdem: Die Kombination aus LLs einfach strukturiertem High Energy-Flow und jenen organischen, zurückgenommenen Beats schmeckt auch nach dem achten Durchlauf gewöhnungsbedürftig. One-Man-Army trifft Native Tongue-Kommune und herauskommt, ja, was? Fakt ist, dass diese Kombination einzigartig ist, die Kultur feiert und im hohen Alter zwei Pioniere des Rap auf einem guten Album vereint. Elevate the Culture? Yo, mos def - auch wenn die "Kings Disease"-Serie oder das neue Common & Pete Rock-Album sicher öfter durch die Airpods dröhnen werden.
2 Kommentare
Die ältere Generation liefert dieses Jahr ab. Klar, das Werk erfindet das Rad überhaupt nicht neu, aber durch die Handschrift von Q-Tip ist es wirklich durchweg sehr stilvoll und ideenreich geraten. Auch die Features sind ordnen sich gut in die Songs ein oder sind so kurz gehalten, dass sie nicht stören.
Album macht spaß und ist verdammt geil produziert. Selten hat man so einen geilen Klang bei einem Rapalbum