laut.de-Kritik

In Musik übersetzter Fatalismus. Keine Hoffnung, nirgends.

Review von

Low ist eine Band, die kaum Kompromisse zulässt. Keine andere zelebriert die Entschleunigung, Monotonie und Zerbrechlichkeit derart intesiv, kaum eine andere Band blickt tiefer in Abgründe und entwirft dabei Soundlandschaften, die Beklemmung und Verstörung zum zentralen Moment macht. Die Meister des Slowcore.

Nach dem eher ruppigen "The Great Destroyer" bevorzugt das Trio auf "Drums And Guns" wieder die ruhige Spielart, fügt dabei der Gitarre, dem Bass und dem Schlagzeug elektronische Elemente bei, die zu Arrangements führen, die in irritierendem Kontrast zu dem Harmoniegesang stehen. Nach positiven oder fröhlichen Stimmungen muss man auf "Drums And Guns" lange suchen, Resignation scheint der einzige Antrieb zu sein, der Ausweglosigkeit doch noch ein kleines Stückchen Hoffnung abzuringen.

"All the poets/ And All The Liars/ And all you pretty people/ You're all gonna die" trägt Alan Sparhawk im düsteren Opener "Pretty People" zu verzerrten Gitarrenklängen und langsamem Beat vor. Ein bedrückender Einstieg, der die Vergänglichkeit als einzige Gemeinsamkeit der Menschen ausmacht. Da bleibt kein Platz für Optimismus, was sich auch im weiteren Verlauf bestätigt. In "Belarus" bildet ein repetitiver, elektronischer Klangteppich und reduziertes Bassspiel den seelenlosen Hintergrund, dem Sparhawk und Mimi Parker zweistimmig Leben einzuhauchen versuchen. Ganz leise zirpt dazu eine Geige, als ob sie nichts wüsste von der Traurigkeit.

Drummachine, Handclaps und vier Orgelakkorde führen in das rhythmischere "Breaker" ein. "All the bodies break and the blood just spills and spills/ But here we sit debating math/ It's just a shame my hand just kills and kills", singt Sparhawk, begleitet vom entrückten Backgroundgesang seiner Partnerin und einer einsetzenden E-Gitarre, die die vokale Harmonie kontrastiert. "Dragonfly" ist an morbider Schönheit nicht zu überbieten, die monotone Melodie und der Gesang könnten zu Tränen rühren, was der kalkulierte Einsatz der eiskalten Drummachine aber verhindert. Entfremdung wird hier spürbar; vielleicht gerade ein Grund zum Heulen.

Ähnlich strukturiert ist das von artifiziellen Rhythmen begleitete "Always Fade", dessen eintönige Melodie sich einfach nicht in luftige Höhen begeben mag. Dieses Prinzip haben Low perfektioniert, eine schaurige Kulisse zu entwerfen, die gerade das, was sie nicht zeigt, offenbart und den Hörer genau damit konfrontiert. Es hätte alles schöner laufen können. Was bleibt, ist ein in Musik übersetzter Fatalismus.

Zu einem verzwirbelten Beat und der E-Gitarre ironisieren sie in "Hatchet" erstaunlich heiter ihre Stellung im Musikbusiness. Das folgende, leider viel zu kurze "Your Poison" trägt mit seiner Mehrstimmigkeit chorale Züge, deutet zaghaft Euphorie an, um uns dann eines besseren zu belehren und abrupt abzubrechen. Sakrale Gesänge, deren Zusammenspiel mit dem elektronischen Beat und dem abgehackten Klavierschlägen Bedrückung auslöst, prägen "Take Your Time".

"In Silence" und "Murderer" sind die größten Song auf der Platte und bringen das Schaffen dieser Band exemplarisch auf den Punkt. Ein von Sparhawk vorgetragener Text, in den Mimi Parker einstimmt, um gemeinsam zu einem Refrain anzuheben, der von dynamischer agierenden Instrumenten begleitet wird, um schließlich auf dem Höhepunkt abzubrechen. Erwartungshaltungen des Hörers werden konsequent unterlaufen. Sehnsucht ohne Erfüllung. Der Ausklang ist mit "Violent Past" nur vermeintlich versöhnlich gestaltet. "All I can do is fight" heißt es da, plötzlich ist eine klare und harmonische Songstruktur erkennbar, die aber diesmal von der flächigen, dissonanten Instrumentierung gebrochen wird.

"Drums And Guns" ist ein gleichermaßen verstörendes wie faszinierendes Werk. Großartig in der Hinsicht, dass die Arrangements die düstere Weltanschauung perfekt in Szene setzen, was ein seltsame Faszinationskraft ausübt. Das musikalische Ergebnis muss bei dieser Präzision zwangsläufig deprimierend klingen. Ob man sich darauf einlassen will, muss jeder selbst entscheiden. Was zu sagen bleibt, ist: Keine Hoffnung, nirgends.

Trackliste

  1. 1. Pretty People
  2. 2. Belarus
  3. 3. Breaker
  4. 4. Dragonfly
  5. 5. Sandinista
  6. 6. Always Fade
  7. 7. Dust On The Window
  8. 8. Hatchet
  9. 9. Your Poison
  10. 10. Take Your Time
  11. 11. In Silence
  12. 12. Murderer
  13. 13. Violent Past

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