laut.de-Kritik
Den roten Faden muss man suchen.
Review von Josephine Maria BayerEine helle Gitarre stimmt das Intro von "Wake Up" an. Die hohen Töne tanzen über einer bedächtigen Bassline. Björn Dixgård singt: "I want you, I swear to my god I need you". Nach einem zarten Klavierintermezzo mit sanfter Harfenbegleitung legt der Song eine dynamische Steigerung hin. Trotzdem ist man nach dem Opener noch nicht so richtig wach.
Das ändert sich mit dem zweiten Song: Im gitarrenlastigen "Frustration" spielen sich Mando Diao den Frust von der Seele. Spätestens im rhythmischen "Stop The Train" wippt der Fuß mit. Patrik Heikinpietis Drums ahmen das Fahren eines schnellen Zuges glaubhaft nach. Das Outro klingt nach Boogie Woogie.
Drei Jahre nach ihrem zehnten Studioalbum "I Solnedgången" und der EP "All The People" melden sich Mando Diao mit "Boblikov's Magical World" zurück. Beim Blick auf die Tracklist springt die auffallend kurze Spiellänge der meisten Stücke ins Auge. Mit einer durchschnittlichen Länge von 2:30 Minuten präsentiert das neue Album Songs im Häppchen-Format, die ebenso schnell aufhören, wie sie anfingen.
Inhaltlich dreht sich "Boblikov's Magical World" um die imaginäre Figur "Boblikov", deren Cartoon-Gesicht das Plattencover ziert. Boblikov zieht wie ein Puppenspieler an den Strippen und hat seine Agenten in der ganzen Welt verstreut. Er ist kein böser Charakter, sorgt allerdings regelmäßig für Chaos und symbolisiert eine Eigenschaft, die alle Menschen gemeinsam haben: Die Tendenz, nach dem eigenen Vorteil zu streben. Laut einer Pressemitteilung der Band ist Boblikov der rote Faden, der sich durch das Album zieht. Man muss allerdings schon genau hinhören, um in den Tracks einen größeren Zusammenhang zu erkennen. Scheinbar kommt es nicht allzu sehr auf die Texte an, es geht schließlich ums Schreddern.
Die Gitarren halten selten still. Das Album bietet solide Rock'n'Roll-Songs, die sich jedoch kaum voneinander unterscheiden und keine wirklichen Highlights bergen. Die Hookline im rockigen "Get It On" erinnert ein wenig an den T.Rex-Hit "Bang A Gong". "More More More" kontrastiert die Country-hafte Leichtigkeit der Strophen mit einem nahezu unerträglichen Bass-Gehämmer im Refrain. Immer wieder dröhnt die titelgebende Zeile aus den Lautsprechern - Chaos pur. Die nächste Nummer, "Primal Call" ist da schon ein wenig entspannter. Aber auch hier wird das Fuzz-Gitarrenpedal großzügig zum Einsatz gebracht und scheppernde Percussionelemente begleiten das klassische Rock'n'Roll-Riff.
Das tanzbare "Fire In The Hall" beginnt mit einem energetischen Gitarren-Riff, dann treiben es Schlagzeug und Bass wie ein Motor an. "Dance like you've never done before, I know you've got the fire in your soul", singt Björn. Der Song hört abrupt auf und weckt den Eindruck, die Band habe keinen runderen Abschluss gefunden. "Rabadam Ching" erzählt die Geschichte eines fiktiven Spions in der Sowjetarmee. Er ist ein mysteriöser Charakter und Boblikovs Handlanger: "It's a story 'bout a traveling man that no one knows and no one understands, he's a secret guy in secret disguise: Rabadam Ching".
Im abschließenden "Loner" ertönt eine gedämpfte Gitarre und klingt, als spiele sie irgendwo in der Ferne. Im Vergleich zu den eher draufgängerischen Tracks, die den Rest des Albums ausmachen, weist "Loner" einen eher gemütlichen Beat auf. Singt Dixgård in "Wake Up" noch von dem Bedürfnis, mit einer anderen Person zusammen zu sein, ist die Botschaft hier das ganze Gegenteil: "Loner I'm a loner / I'm living for the end. Don't you come here." Hinter dieser sonderbaren Entwicklung muss wohl der rätselhafte Boblikov stecken.
5 Kommentare mit 3 Antworten
Geht it on heißt nur in den Staaten Bang a Gong.
Richtig. Sollte man wissen. "Get It On" ist also eine Hommage an "Get It On".
Schade, dass es Charlie von der Primal Call EP nicht aufs Album geschafft hat ...
Das war auch mein erster Gedanke, ich liebe den Song. Ich habe mir als erstes eine Playlist in Spotify mit dem Album INKL. CHARLIE erstellt
Geht gut ab, klingt wieder wie gewohnt. Schön, wenn eine der 00er Bands nach zwanzig Jahren nochmal sowas zustande kriegt.
Sehe ich genauso. Für mich ist es glaube ich das beste Album seit Ode to Ochrasy
Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.
finds gut, besser als die beiden Alben davor