laut.de-Kritik
Der Weichzeichner führt das Kommando.
Review von Artur SchulzHauchzart! Ein Adjektiv, das in erster Linie für lieblich flötenden Mädchengesang vom Kaliber Charlotte Gainsbourg oder Marit Larsen verwendet wird. Doch hauchzart intonierende männliche Stimmbänder? Sollte man im Falle Maximilian Heckers nicht von vornherein chauvimäßig in die Tonne treten.
Die Vorzüge und Schwächen seines Albums lassen sich schon zu Beginn festzurren. Der Opener bietet vertraut anmutende Spannungsbögen und Akkorde: Haben womöglich The Verve einen neuen Song eingeschmuggelt? Denn "The Whereabouts Of Love" hantiert äußerst gefühlsecht mit Britpopelementen der Güteklasse Ashcroft & Co. Die einnehmende Hook intrumentiert Maximilian mit sphärischem Gitarrenhall. Und trotz bewusster Anlehnung beweist die Nummer durchaus Eigenständigkeit.
"Head Up High" variiert diese Vorgehensweise. Ebenfalls ein hörenswerter Track, der gleichwohl an den Opener nicht heranreicht. Ein wenig zu selbstverliebt in seine weich und flauschig streichelnden Sound kreist die Nummer.
Die Nähe zum Britpop kommt - neben Heckers ohnehin nie versteckter Affinität zum Genre - nicht von ungefähr: Als Produzent agiert Martin Glover aka Youth (The Verve, McCartneys The Fireman, Embrace). Offensiv benennen Hecker und Youth ihre Vorlieben für Acts wie Coldplay, Travis und Scott Walker. Es spricht für beide, dass dabei nie ein müder Abklatsch herauskommt. Und droht derlei Gefahr trotzdem, reißt Hecker das Ruder stets noch rechtzeitig herum.
Bis auf den Bass übernimmt der Berliner sämtliche Instrumente selbst. Das Zusammenspiel von Künstler und Produzent gerät erwartungsgemäß homogen und harmonisch. Passend zu Heckers Intentionen steht der Wohlklang im Vordergrund, garniert mit einer Menge Sentimentalität und Melancholie. Der Weichzeichner führt das Kommando, doch Kitsch bleibt außen vor.
"The Time We Shared In Blaze And Laughter" gefällt als gefühlvoller Spätsommerwalzer. Sanft schwillt die Orgel auf "If Only I Could See". Lediglich "Heavenlies" hält eine Reihe straighter Beats und Guitarparts parat, inklusive einer Prise Flower Power. Nach dem spartanisch instrumentierten Vorgänger "I Am Nothing But Emotion, No Human Being, No Son, Never Son Again" wählte Hecker bewusst eine üppigere Ausstattung - und beweist sich erneut als überdurchschnittlicher Songwriter mit feinem Gespür für Atmosphäre und Stimmung.
Zielbewusst steuern die einzelnen Stücke nach mitunter vielschichtigem Aufbau auf ihren Höhepunkt zu. "Mirage Of Bliss" konzipiert Hecker als sehr persönliches Werk über den Widerstreit zwischen der Hoffnung auf Liebe und dem gleichzeitigen Wunsch nach Isolation. Harsche Dissonanzen zwischen diesen Gegenpolen finden allenfalls in einigen Lyrics statt.
Keine Frage, Hecker schmeichelt beide Ohren. Doch ähnlich dem Öffnen mancher Champagnerflasche fällt nach dem satten 'Plopp' des Korkens das darauffolgende 'Zisch' trotz erlesener Zutaten mitunter etwas zu unspektakulär aus.
1 Kommentar
Das Album ist insgesamt stimmig - keine Ausreißer.
Wem schon das erste Lied nicht gefällt, kann getrost ein anderes einlegen. ^^
Mein Fazit: schöne Spätsommer-Entspannungsmusik für ruhige Abende.