laut.de-Kritik

Großes Drama mit der Faust in der Tasche.

Review von

Model/Actriz bekamen für die Single "Cinderella" schon in der März-Ausgabe von Ummz Ummz Vorschusslorbeeren. Der so clubbig-rockige und stets überfickerige Vorgänger schlug 2023 auch beim Kollegen Gölz auf wärmste Gefühle. Ist "Dogsbody" mit seiner Mischung aus Glam, Electroclash, Dancepunk und 20 anderen Spielarten Hypothek – kann man das wiederholen, sollte man es? Oder ist "Pirouette" die zweite Sprosse einer vielversprechenden Karriere?

Der Opener "Vespers" legt musikalisch eine neue, aber richtige Spur. Zwar findet man rasch das bekannte Band-Trademark-Element der 00er-NYC-Stimmung wieder, der Song will aber gar nicht besonders bedrohlich wirken. Die Handbremse wird hier nicht gelöst, das Noise-Donnerwetter bleibt aus. Model/Actriz hören sich auf "Pirouette" stellenweise an, als hätte Elias Bender Rønnenfelt sich endlich mal geräuspert und nur eine der Gitarren von Wieth & Morilla funktionierten, woraufhin der andere auf eine TB-303 umsteigen muss. Die Brooklyner sind von der charmant-chaotischen Samplerei auf "Dogsbody" umgestiegen auf Elektronik als klassischeres Instrument und wesentlicher Rhythmusträger neben den zackigen Figuren, die Jack Wetmore seiner Gitarre entlockt. Das wirft das Bandgefüge vom NIN-Crescendo deutlich näher an Keles Solowerk.

Auch inhaltlich ist der Opener mit seiner giftigen Ansprache an das lyrische Ich symptomatisch für Sänger Cole Hadens sehr viel cleanere Tiraden gegen den eigenen Ruhm und die Unfähigkeit, damit und mit ethischen Fragen drumherum umzugehen. Wohlgemerkt in einer seltsamen Kombination mit dem queeren Dauerständer, den der Mann nun mal nach wie vor mit sich rumträgt. "Drama" bleibt das Stichwort und jeder Mozzer-Fan weiß: Wenn einer Drama so richtig beherrscht, ist das eine der tiefsten Requisitenkisten der Kunst und das tut Haden.

Nur wird das Drama hier mit der Faust in der Tasche ausgelebt, weniger kakophonisch, aber innerlich nicht weniger zerrissen. "Acid Rain" und der Closer "Baton" sind Ausreißer, ohne fehlplatziert zu sein; beide könnten auch aus Damon Albarns Feder stammen. Das gilt für den Rest des Albums nicht und das schon gelobte "Cinderella" zeigt als zweiter Track die Mischung aus Theatralik und Zackigkeit, die die Scheibe auszeichnet. "Poppy" vermählt diese Pole nicht besonders elegant, bleibt dabei neben dem tollen, hypermelodischen "Diva", dem seltsam besänftigenden Interlude "Headlights" aber eine Ausnahme.

Leider hält auf der zweiten Albumhälfte nur das zitterige "Doves" dieses hohe Niveau. "Departures" bleibt im Sound, ist aber schlicht weniger spannend geschrieben als der Rest. Hadens affektierte Stimme wirkt hier larmoyant, statt Reibung mit dem Sound zu schaffen. "Audience" wirkt ein wenig verloren ob seiner hämmernden Bassdrum, die der Rest der Mannschaft eher planlos ignorieren. "Ring Road" ist "Dogsbody" am ähnlichsten: Acid-Bass und Noise dürfen aufdrehen. Insgesamt viel Gimmickhaftes, was der Erstling noch vermied, dennoch ein interessantes Zweitwerk.

Trackliste

  1. 1. Vespers
  2. 2. Cinderella
  3. 3. Poppy
  4. 4. Diva
  5. 5. Headlights
  6. 6. Acid Rain
  7. 7. Departures
  8. 8. Audience
  9. 9. Ring Road
  10. 10. Doves
  11. 11. Baton

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