laut.de-Biographie
New Model Army
Man könnte wirklich meinen, die Gruppe aus dem Vereinigten Königreich hat was zu verbergen. Während andere Bands sich in den Medien tummeln und dort zum Teil regelrechte Schlammschlachten veranstalten, ist die Anzahl der Berichte über New Model Army spärlich. Wie die Levellers verwenden auch New Model Army einen Terminus aus der Zeit des Englischen Bürgerkriegs für ihren Bandnamen (die oppositionelle Parlamentsarmee besiegte Mitte des 17. Jahrhunderts unter der Führung von Oliver Cromwell die royalistischen Truppen).
1980 gründen Justin Sullivan (Vocals), Robert Heaton (Drums) und Stuart Morrow (Bass) die Gruppe im nordenglischen Bradford. Sullivan und Heaton schreiben gemeinsam die Songs und es folgen erste Auftritte in der lokalen Clubszene. 1983 erscheint bei dem Independet-Label "Abstract" die erste Single "Bittersweet", wenig später folgt mit "Venegeance" das erste Album.
Bereits zu dieser Zeit schart die Combo eine eingefleischte Fangemeinschaft um sich, die zu Gigs der Band teilweise durch das halbe Land reist. 1985 wechseln New Model Army zum Major-Label EMI und veröffentlichen dort ihr zweites Album "No Rest For The Wicked". Kurz nach Erscheinen des Albums wird der Bassist Stuart Morrow durch den damals erst 17-jährigen Jason Harris ersetzt.
Schon 1985 hatten sich New Model Army um Künstlervisa für die Einreise in die USA bemüht, doch erst im Dezember 1986, nach Veröffentlichung des dritten Albums "Ghost Of Cain", genehmigt man ihnen die Einreise und die Gruppe tourt zum ersten Mal in den Staaten.
Das darauf folgende Album "Thunder And Consolation" enthält 1989 gleich mehrere Hymnen, die es mit der erfolgreichen Coverversion "51st State" aufnehmen können: "Stupid Questions", "Green And Grey" und natürlich "Vagabonds", der größte Hit der Gruppe. Die Briten sind auf dem Höhepunkt ihrer Karriere.
Relativ schnell legen sie das Album "Impurity" nach und touren im Herbst 1990 mit Fields Of The Nephilim durch große deutsche Hallen mit bis zu 5000 Zuschauern. Es folgt eine Tour durch kleinere Clubs unter dem Pseudonym Raw Melody Man, 1991 erscheint das gleichnamige Live-Album. Im selben Jahr verlässt die Band ihr Label EMI und wechselt im Laufe des Jahres 1992 zu Epic.
1994 nehmen die drei Engländer eine Auszeit. Sullivan und Heaton widmen sich ihren Projekten "Red Sky Coven" und "Our Souls", an denen sie parallel zu New Model Army immer gearbeitet hatten. Der Auftritt beim Bizarre Festival 1996 sollte eigentlich der letzte der Band sein, doch die Mitglieder finden wieder Gefallen an der Zusammenarbeit. Sie schreiben neue Stücke, mangels eines Plattenvertrags produzieren sie diese selber und bewerben sich schließlich bei einigen Labels. EMI zeigt Interesse und 1998 erscheint nach fünf Jahren Pause das Album "Strange Brotherhood".
Trotz des Erfolgs kehren New Model Army EMI den Rücken zu und gründen mit "Attack" ihr eigenes Label, bei dem 2000 das Album "Eight" erscheint. Auch in der Besetzung der Gruppe gibt es Veränderungen. Gründungsmitglied Robert Heaton verlässt die Gruppe und Michael Dean (Drums), Dean White (Keyboards), Nelson (Bass) und Dave Blomberg (Gitarre) vervollständigen das Line Up. 2004 wird die Band gleich zweifach mit dem Tod konfrontiert. Ihr Merchandise-Verkäufer Darryl Kempster wird in Südafrika im Alter von nur 37 Jahren erschossen und Ex-Drummer Heaton stirbt im November überraschend an Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Nach zwei Compilations (Best Of und Raritäten), einem Soloalbum Justin Sullivans ("Navigating By The Stars", 2003) und einer weiteren Umbesetzung - Marshall Gill ersetzt Dave Blomberg an der Gitarre - erscheint im Herbst 2005 mit "Carnival" wieder ein Studioalbum der Briten. Eine Aussage Justin Sullivans lässt vermuten, dass sie auch nach dreißig Jahren nicht ans Aufhören denken: "Ich persönlich fühle mich besser, wenn ich etwas tun kann. Das Kämpfen hält mich am Leben."
Vom 13. März bis zum 7. Mai 2006 findet in Hamm, der deutschen Partnerstadt von Bradford, zu Ehren des 25-jährigen New Model Army-Jubiläums im Wahrzeichen der Stadt, dem Glaselefant inmitten des Maximilianparks, eine Ausstellung über die Bandgeschichte unter dem Motto "One Family, One Tribe - Art and Atefacts" statt.
Genauso unerwartet wie Robert Heaton stirbt im Dezember 2008 der langjährige Bandmanager Tommy Tee. Aufgrund dieses Todesfalles verschieben sich die Arbeiten am elften Studioalbum "Today Is A Good Day". Die Platte erscheint schließlich im September 2009.
Das 30. Jubiläum feiert die Band 2010 zwischen September und Dezember mit speziellen Konzerten auf vier Kontinenten. Fast alle Shows finden über zwei Tage mit unterschiedlichen Setlisten statt. 2012 kommt es im bandeigenen Studio zu einem verheerenden Brand, bei dem ein Großteil der wertvollen Tonwerkzeuge von den Flammen vernichtet wird. Kurz darauf steigt Bassist Peter Nice, besser bekannt unter seinem Synonym Nelson, aus familiären und persönlichen Gründen aus. Den vakanten Posten am Viersaiter übernimmt Ceri Monger. Bei dessen Konzertdebüt kommt es abermals zum Verlust von Equipment. Tragischerweise werden so gut wie alle Gitarren und sonstige Instrumente aus dem Tourbus gestohlen.
Für die Sessions zum zwölften Album "Between Dog And Wolf" kollaborieren die Briten mit Produzent Joe Barresi, der für seine Arbeiten mit Tool, Soundgarden oder den Queens Of The Stone Age bekannt ist. Auf dem im August 2016 veröffentlichten Album "Winter" geht die Band einen gegensätzlichen Weg und arbeitet mit nicht mehr mit bekannten Produzenten zusammen. Die Scheibe markiert die Rückkehr zum schnörkellosen Rock und ist ein kämpferisches Statement gegen die satt gewordene Baby-Boomer-Generation und gegen den Brexit, für den im dieser Tage Stimmung gemacht wird.
Im August 2019 veröffentlicht die Band ihr 15. Album "From Here" und kündigt eine ausgedehnte Tour durch Europa an - doch dann schlägt Corona zu. Sullivan nutzt die Zeit im ersten Lockdown 2020, um nach 18 Jahren sein zweites Soloalbum auf den Weg zu bringen: "Surrounded" erscheint im Juni 2021. Zur Seite stehen ihm u.a. Tom Moth (Florence And The Machine) und Jon Thorne (Lamb).
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