Mit Opernpop zum Sieg: Österreich triumphiert vor Israel. Der deutsche Beitrag von Abor & Tynna landet auf Platz 15.

Basel (lru) - Elf Jahre nach dem Sieg von Conchita Wurst ist Österreich erneut Sieger des Eurovision Song Contest. Johannes Pietsch, besser bekannt als JJ, holte gestern Abend mit seinem Genre-Mix aus Oper und Pop starke 436 Punkte und sichert seinem Land damit den insgesamt dritten ESC-Sieg.

Der 24-Jährige verzichtete auf Feuerwerk, Glamour und Großaufgebot. Stattdessen setzte JJ auf Understatement: ein androgyner Engel, eine minimalistische Lichtshow und ein kleines, weißes Papierschiff als Symbol für Aufbruch und Sehnsucht. Klingt sperrig? Ist es auch. Aber genau das macht den Charme aus. Sowohl die Jury, als auch das Publikum feierten den Mut und die Präzision seiner Stimme. Mal wieder zeigt sich: Wer beim ESC gewinnen will, muss nicht in Dramatik ertrinken.

Für Deutschland lief's auch diesmal eher durchwachsen - trotz des Comebacks von Stefan Raab. Das von ihm ausgewählte Elektro-Duo Abor & Tynna landete mit "Baller" auf Platz 15. Ihr düsterer, industrieller Sound gepaart mit Autotune spaltete schon vorher die Gemüter. Gerade der Einsatz von Autotune sorgte für Diskussionen, ist in den ESC-Regularien doch Livegesang vorgeschrieben. Trotzdem kam die Show des Duos an – düster, dystopisch und ungewöhnlich für deutsche Verhältnisse. Ein kleiner Erfolg, auch wenn die Erwartungen höher lagen.

26 Länder traten im Finale gegeneinander an, moderiert wurde die Show von Hazel Brugger, Michelle Hunziker und Sandra Studer. Hinter Österreich platzierte sich Israel auf Rang zwei – trotz massiver Proteste. Eden Golan performte "New Day Will Rise" stimmgewaltig, ließ die politische Brisanz aber nicht außen vor. Aktivisten versuchten während des Auftritts, die Show mit Farbangriffen zu stören, die Polizei griff ein. Die Diskussionen um Israels Teilnahme im Kontext des Kriegs im Gazastreifen sorgten zuvor für viel Wirbel und palästinensische Demonstrationen in Basel. Politisch bleibt der ESC damit alles andere als unberührt.

Auf Platz drei landete Estland mit Tommy Cash und "Espresso Macchiato". Der Beitrag mixte Hip-Hop und Elektro, war abgedreht und experimentell – ein weiterer Mutmacher, der zeigt, dass beim ESC nicht nur Mainstream-Sound reüssiert. Die Zuschauer lieben wohl diese frischen Gegenentwürfe.

Schwedens KAJ folgte mit der Sauna-Hymne "Bara Bada Bastu" auf Platz vier. Skurril, lustig und verdammt eingängig, ein Highlight, das für gute Laune sorgt. Zahlreiche Buchmacher hatten den Song im Vorfeld auf dem Siegertreppchen gesehen.

Italiens Lucio Corsi landete mit seiner Rockballade "Volevo Essere Un Duro" auf Platz fünf. Drama, starke Stimme, Emotionen – klassischer ESC-Rock, der gut ankommt und zeigte, dass Italien immer noch im Spiel ist.

Von tiefgründigen Balladen über verrückte Skurrilitäten bis hin zu experimentellen Sound-Entwürfen: Der ESC 2025 hat wieder alles geliefert, was das große Spektakel ausmacht – Kitsch, Camp und echte Emotion. Politische Spannungen machen den Wettbewerb nicht leichter, verleihen ihm aber eine neue Relevanz. Am Ende gewinnt die Musik, wenn Künstler bereit sind, sich abseits der ausgetretenen Pfade zu bewegen. JJ ist der beste Beweis dafür. Ein besonderer Moment konnte in Basel nicht realisiert werden: Céline Dion, 1988 Gewinnerin für die Schweiz, fehlte trotz aller Spekulationen auf einen Gastauftritt wegen gesundheitlicher Probleme.

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laut.de-Porträt Abor & Tynna

Die Österreicher Geschwister Attila (geb. 1998) und Tünde Bornemisza (geb. 2000) bekamen die Musik in die Wiege gelegt. Vater Csaba spielt Violoncello …

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