Tränen für Ozzy, Feuer, Wasser und Aerosmith: auf emotionaler Achterbahnfahrt mit dem britischen Rockstar.

Berlin (dp) - Berlin, Montagabend, kurz nach 21 Uhr: Die Lichter in der Uber Eats Music Hall gehen aus – und dann knallts. Yungblud rennt auf die Bühne, kippt sich Wasser über den Kopf und schreit ins Mikrofon, als wolle er Berlin in Brand setzen. Und 4.500 Kehlen brüllen zurück.

Willkommen zur ausverkauften "Idols Tour", benannt nach Yungbluds aktuellem Album, mit dem der Brite seine Rolle im internationalen Rockgeschäft endgültig festigte: "My name is Yungblud – I'm fucking crazy!" – und die Menge explodiert.

Vom Rebell zum Rockstar

Dominic Harrison, so Yungbluds bürgerlicher Name, hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Karriere hingelegt: Vom jugendlichen Emopunker, der Wut in gefälligen Pop verpackt, hin zum echten Rocker mit Gefühl, Größe und globaler Relevanz. "Idols" liefert den Beweis des Wandels: eine Platte voller Selbstbekenntnisse, Wut, Liebe und der ihm typischen Energie.

Gerade live wird das deutlich: Schon der neun Minuten lange Opener "Hello Heaven, Hello" rauscht wie im Traum vorbei. Nach und nach erscheinen die Bandmitglieder, bevor Yungblud unter frenetischem Jubel auf die Bühne stürmt. Ein Konfettiregen geht auf das bereits jetzt begeisterte Publikum nieder. Und kaum da, zieht er auch schon sein Jäckchen aus, zeigt den frisch erschlankten Körper und schüttet sich einen Becher Wasser über den Kopf.

Zwischen Mick Jagger und David Bowie

Gut, so warm ist es in der ausverkauften Halle auch wieder nicht, aber Yungblud weiß am besten, wie sehr er dem Publikum und sich selbst noch einheizen wird. Es folgt direkt ein zweiter Hit: "The Funeral". Yungblud springt, schreit und sein breites Signature-Lächeln strahlt bis in die letzte Reihe. Die gefällige Poppunk-Hymne über seine eigene Beerdigung – zu der keiner kommt – verströmt mehr gute Laune, als man sich eingestehen will. "What a shame, shame, shame."

Zwischen den Songs flirtet er mit dem Publikum, zündet sich eine Zigarette an und wartet lässig den Moment ab, bis er den Jubel für laut genug hält, um weiterzuspielen: Ein Rockstar mit der Coolness von Mick Jagger und der Zärtlichkeit eines jungen David Bowie, gesandt von einer Plattenfirma, um uns alle zu retten. Das Spiel mit den Fans hat er perfektioniert. Rudimentäre Sätze auf Deutsch versetzen die Halle in Verzückung, beim 'Zunge raus'-Contest machen alle mit. Natürlich hat er selbst die größte.

Generationentreffen mit Symbolkraft

Mit "Lovesick Lullaby" zeigt sich Yungblud von seiner verspielten Seite, ja, fast schon charmant britisch – nicht zuletzt, weil der Song klingt, als hätten The Streets ihre Liebe zum Rock entdeckt. Die Fans tanzen, lächeln und singen jedes Wort mit. Hier geht es nicht nur um Lautstärke, sondern um eine kollektive Erfahrung.

Und dann: "My Only Angel", das Duett mit Aerosmith. Steven Tyler und Joe Perry sind natürlich nicht anwesend, aber das "Idols"-Logo erinnert eh ein bisschen an deren Bandlogo. Der Song symbolisiert ein Generationentreffen – der Schüler trifft die Meister, und man spürt: Sie reichen den Staffelstab weiter.

Für Ozzy

Emotionen, das kann Harrison. Als die ersten Akkorde von "Changes" erklingen – den Black Sabbath-Klassiker widmet Yungblud seinem kürzlich verstorben Freund Ozzy Osbourne – skandiert das Publikum den Namen des Fürsten der Dunkelheit. Sichtlich bewegt performt Yungblud den Track, er hält inne, Tränen laufen über sein Gesicht. Und als er sich wieder fängt: "Ozzy is about love. Yungblud is about love. You are about love." Jetzt weinen auch die Fans: Nicht nur Yungbluds Freude steckt an, auch seine Trauer, sein Schmerz.

Natürlich bleibt es nicht lange melancholisch. Bei "Fleabag" rennt Yungblud an den Bühnenrand, stützt sich auf seine Fans, verliert das Gleichgewicht und stürzt ein bisschen ab, rappelt sich wieder auf und lacht. Am Ende wirkt es fast, als müsste man ihn von seinen Fans wegzerren. "Fire" macht seinem Namen alle Ehre: Flammen schießen aus dem Bühnenboden, der Bass wummert, die Menge tobt. Dann "Zombie" – der nachdenkliche Abschluss des Gigs.

The Sky is the Limit

Drei verschiedene Fanbecher warten an den Getränkeständen – der Merch für Sparfüchse: stylisch und erschwinglich. Shirts, Vinyl und Halstücher gibt es natürlich auch, wobei zumindest die Girlie-Shirts um 45 Euro zielgruppenuntypisch extrem winzig ausfallen. Die Preise sind okay, denn Yungblud hat eine klare Meinung zu Konzerten: "Everyone should be able to be part of this."

Nach 90 Minuten liegt Berlin jedenfalls in Trümmern – und im Glück. Yungblud raucht, schaut in die Menge, flüstert: "I don't wanna fucking leave Berlin tonight." Und keiner will, dass er geht. Seine Präsenz scheint dabei bis in den hintersten Winkel der Halle zu reichen.

Yungblud ist längst kein Nachwuchstalent mehr. Er ist der laute, kompromisslose junge Wilde, den Rock in 2025 gebraucht hat: "I will return to Berlin every fucking year, until I die", gibt er seinen Fans noch mit auf den Weg in die Nacht. Und die Stadt wartet mit offenen Armen auf ihn.

Setlist:

  • Hello Heaven, Hello
  • The Funeral
  • Idols Pt. I
  • Lovesick Lullaby
  • My Only Angel (with Aerosmith)
  • Strawberry Lipstick
  • Fleabag
  • Lowlife
  • Changes (Black Sabbath-Cover)
  • Fire
  • Ice Cream Man
  • Loner
  • Ghosts
  • Zombie

Text: Désirée Pezzetta.

Fotos

Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen.

4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) 4.500 Fans brüllen, tanzen, lachen und weinen., Berlin, Uber Eats Music Hall, 2025 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof)

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