Überfällige Idee: Mit dem "Indie Travel Guide" erfüllt der Rockbuch Verlag allen Indie Rock-Fans einen Herzenswunsch. Endlich wissen wir, wo die Szenestars essen, trinken, abhängen oder Platten kaufen.
Konstanz (mis) - "Wäre dieser Reiseführer in den späten 60er Jahren geschrieben worden, hätten dich statt der Dogs vielleicht Syd Barrett, Roger Waters und Nick Mason von Pink Floyd durch die Stadt geführt", empfängt den Leser des "Indie Travel Guide: UK & Europe" (Rockbuch, broschiert, 576 Seiten, 19,90 Euro) der Eintrag zur ostenglischen Stadt Cambridge.
Nostalgischen (sprich: älteren) Musikfans hätte diese Variante vielleicht näher am Herzen gelegen. Der vorliegende Reiseführer übergibt stattdessen arrivierten wie ambitionierten Indie-Bands den Job des Stadtführers, etwa den erwähnten Dogs, Chikinki, The Kooks, The Pipettes, Razorlight, Kaiser Chiefs, Maximo Park, Shout Out Louds oder Bromheads Jacket, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.
Sightseeing und Kneipentipps
Sinn und Zweck des "Indie Travel Guide" ist es, die Protagonisten über Sehenswürdigkeiten und Lieblingsplätze ihrer jeweiligen Heimatstädte parlieren zu lassen, auf dass der musikbegeisterte Reisende anhand der Lektüre nicht nur in London, sondern auch in kleineren Städten wie Leicester (Kasabian) oder Freiburg (Tele) zielstrebig ins Szeneleben abtauchen kann.
Bei großen Städten wie London oder Berlin kommen glücklicherweise nicht nur mehrere Bands zu Wort. Man achtete auch darauf, möglichst unterschiedliche Stadtviertel abzudecken. Dies führt teilweise zwar zu Überschneidungen, etwa wenn so gut wie jeder Londoner als Kunst-Tipp die Tate Modern angibt. Unterm Strich zahlt sich die Vielfalt aber aus.
Luftgitarre mit Chikinki
Beim Stöbern und Querlesen des Szene-Ratgebers überkommt einen nicht nur das Fernweh, es verfliegt auch die anfängliche Enttäuschung über das Fehlen der einen oder anderen Lieblingsband.
So lässt man sich gerne von den Kooks ein Sushi-Restaurant in Brighton empfehlen, den größten Drumshop Europas in Wembley vom Vegas4-Schlagzeuger Bryan McLellan oder ein Heavy Metal-Pub in Bristol, in dem Chikinki Luftgitarre spielen. Und dass Eddie Argos (Art Brut) seine Vintage-Klamotten in Charity-Shops ersteht, haben wir ja schon immer geahnt.
Entwaffnende Ehrlichkeit kommt auch immer gut. So fällt Editors-Basser Russel Leetch für seine Heimat Birmingham beim besten Willen keine Sehenswürdigkeit ein. The Twang kommen in der selben Rubrik immerhin aufs Fußballstadion von Aston Villa.
Rough Trade and more
Nicht fehlen dürfen beim Hauptthema Musik natürlich die Plattenläden. Neben erwartbaren Nennungen wie dem Rough Trade Shop in London oder dem Optimal in München, dominieren zum Glück die unbekannteren Tipps. So schwört Thees Uhlmann von Tomte auf den grandiosen Berliner Laden Mr. Dead & Mrs. Free.
In Köln wiederum vergaßen Suzie Kerstgens (Klee) und Deniz Erarslan (Fotos) zwar den Kompakt-Shop, nicht aber die Rock'n'Roll-Butze Stereo Wonderland, in der auch laut.de-Redakteurin Jasmin Lütz ihre Jugend verbrachte.
Das Konzept des Indie-Guides ist städtetechnisch sicherlich ausbaufähig, betrachtet man die Tatsache, dass Osteuropa komplett ausgespart wird. An den hierzulande eher unbekannten Bands allein kanns nicht gelegen haben.
Die Vertreter aus Spanien und Italien fallen auch eher in die Kategorie "Newcomer von morgen". Als Kuriosum ist das Fehlen der Stadt Zürich zu werten, wo sich zumindest Saalschutz angeboten hätten.
Insgesamt jedoch ist Hard-Fi-Sänger Richard Archer zuzustimmen, der sich im Vorwort freut, in fremden Städten nun keine Einheimischen mehr nerven zu müssen.
1 Kommentar
halt ich für ne gute Idee.