Das Berliner Trio legt im heimeligen Strom los wie die Feuerwehr und überwindet die berühmte vierte Wand.

München (csl) - Eine halbe Stunde Einlassvorlauf hat zur Folge, dass das ungewöhnlich pünktliche Publikum relativ geballt im Strom steht, diesem sehr heimeligen Münchener Club mit einer Breite, die ein guter Kirschkernspucker als Distanz bewältigen könnte. Ein Club, der eigentlich immer eine gute Energie verspricht.

Prompt sieht man Erik Heise, Gitarrist und Sänger von Pabst, sowie Bassist Tilman Kettner am Merchtisch stehen. Nach dem Gig werden sie übrigens ihr Equipment selbst abbauen und verladen, was ein grundsympathisches und bodenständiges Bild der Band zeichnet. Den Merch für ihren Supportact Yeahrs macht das Duo gleich mit. Man merkt auch recht schnell, dass beide Bands befreundet sind.

Yeah, Yeah Yeahrs!

Die vier Yeahrs stammen ursprünglich aus Straßburg, sind in Berlin ansässig und machen ordentlich Alarm: Zwischen Stoner-Rock, Grunge und Post-Hardcore sticht Gitarristin Oyèmi Noize virtuos heraus. Sie explizit hervorzuheben, würde den anderen Dreien, die an ihren Instrumenten ebenfalls glänzen, aber nicht ganz gerecht.

Als weiteres Merkmal fallen die sphärischen Songintros und klanglichen Verwischungen auf, die ich als gewollt empfinde. Auch wenn ein zufälliger Gesprächspartner bei der Pausenzigarette nach dem Auftritt dies als verschwommenen Mix kritisiert.

Das lauteste Biest ever

Als Pabst dann wie die Feuerwehr loslegen, ist Tilmans Bass das lauteste Biest, das ich je an einem Bass live gehört habe. So laut, dass man meinen könnte, sein Wummern würde die Gitarre im Mischpult kicken, einfach absorbieren, auffressen. Daneben macht den Musiker die absolut untypische Art, sein Instrument zu halten, zum Blickfang: Während Bassisten ihre Bässe gerne fast auf Kniehöhe parken, hat er den Gurt so kurz, dass man sich wundert, wie er diese Verrenkungen überhaupt hinbekommt. Tut er aber.

Auch Schlagzeuger Tore Knipping ist technisch so gut aufgestellt, dass die Bühnenenergie, die es für ein gutes Konzert braucht, sofort entfacht ist. Das funktioniert auch deshalb, weil sich Pabst mit ihrem frisch veröffentlichten Album noch einmal getoppt haben: Zeitlose, tanzbare Perlen mit hohem Wiedererkennungswert finden sich auf "This Is Normal Now".

Hefte weg, Leibesertüchtigung!

Und so kickt in der Folge jede live gespielte Nummer, dass es ein wahres Fest ist. Ich löse mich vom Handy und arbeite mich zur pogenden Menge vor. Die Energie der Band spült einen einfach davon. Ob "I felt all There Is To Feel", "Big Big Heart", "OOrca Whale", "Crushed" (mit Yeahrs-Gitarristin Oyèmi Noize), ob "Daddy's Boy" oder "Shake The Disease" – alles sprüht nur so vor Spielfreude. Auch die berühmte vierte Wand überwinden Pabst, wenn sich Tilman ins Publikum setzt und einfach weiterspielt.

Etwas fällt mit der Zeit aber doch auf. Eriks Kopfstimme hat zwischendurch mal einen Durchhänger, und plötzlich denkt man, dass bei aller Inbrunst ein viertes Bandmitglied live nicht schaden würde. Zum einen gibt es keine Backing Vocals, Erik stemmt stimmlich alles alleine. Zum anderen würde eine zweite Gitarre den Sound zuweilen flächiger und dichter gestalten. Die eingespielten Effektsamples wirken ebenfalls alles andere als organisch.

Noch ein Kuss zum Abschied

Geschadet hat es diesem Abend trotzdem nicht, und als das Trio nach einer knappen Stunde in den Zugabenblock hinübergleitet, gibt es kaum Protest. Drei Stücke on top: "Limbo Nr. 5", "Dead Ahead" und den großartigen anschmiegsamen Rausschmeißer "Kiss Me", anmoderiert mit den Worten: "Wir können Euch nicht gehen lassen ohne einen sanften Kuss auf die Stirn". Nehmen wir so mit und gehen alle höchst zufrieden nach Hause.

Text: Christian Schmitz-Linnartz.

Pabst On Tour:

21.01. Stuttgart, Im Wizemann
22.01. Wiesbaden, Schlachthof
23.01. Köln, Gebäude 9
24.01. Hamburg, Molotow
28.01. Dortmund, FZW
29.01. Hannover, Mephisto
30.01. Leipzig, UT Connewitz
31.01. Berlin, Lido

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