laut.de-Kritik
Wilder Genre-Ritt mit schweißtreibenden Riffs.
Review von Kerstin KratochwillDie Zuschreibung 'normal' ist zum Kampfbegriff geworden – politisch und gesellschaftlich. Musikalisch bearbeiten ihn nun die Berliner von Pabst, gestalten den Titel auf ihrem Cover jedoch mit einer typografischen Abgrenzung ("This Is" Normal Now).
Der Opener "Limbo No. 5" liefert hymnischen Indie-Rock, und ist es normal, wenn man sofort die Lou-Bega-Stimme mit "Ladies and gentlemen, this is Mambo No. 5" im Ohr hat und gleichzeitig in die Normalität der 2020er Jahre mit all seinen The-Bands gebeamt wird? Wahrscheinlich schon, beschreibt doch der Song den Limbus, einen Ort im Dies- und Jenseits sowie einen Nicht-Zustand, in dem wir uns beim Nachdenken übers Älterwerden ja irgendwie immer befinden.
Auf dem vierten Album unterzieht das Trio seinem Sound eine Transzendenz und nennt ihn in Bezug auf den verzerrten Hyper-Pop einer Charli XCX "Hyper-Rock". Soll heißen: Nun knarzen auch Synths in Pabsts Hardcore-Alternative, am deutlichsten ist der Genre-Mix im tanzbar-energetischen "I Felt All There Is To Feel" mit Unterstützung der Labelkollegen DZ Deathrays spürbar.
Auch der poppige Track "Twenty Three" mit der Leipziger Indie-Singer-Songwriterin Blush Always rumpelt schön grungig daher. Den selbstberufenen Hyper-Rock prägen überdrehte Emo-Momente, plötzliche Noise-Ausbrüche, schweißtreibende Gitarren-Riffs und catchy Hooklines. Dennoch finden sich einige viel zu simpel gestrickte Songs, die übermäßig an The Subways, Foo Fighters oder Queens Of The Stone Age erinnern.
So vergaloppieren sich Pabst zuweilen auf ihrem wilden Genre-Ritt - dennoch ist solch ein ungezähmter Sound immer noch spannender als all die braven, Algorithmus-getriebenen Acts, denen man mit Morrissey zurufen mag: "There's no such thing as normal". Und Pabst rufen wir mit Scooter zu: "Hyper, Hyper! I want to see you sweat!"


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