Deutschlands bekanntester zeitgenössischer Komponist ist tot. Karlheinz Stockhausen, der als Pionier der elektronischen Musik gilt, starb am vergangenen Mittwoch im Alter von 79 Jahren.
Kürten (ebi) - Komponist und Genrepionier Karlheinz Stockhausen ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 79 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Kürten bei Köln, teilte seine Exfrau Mary Bauermeister Ende vergangener Woche mit. Stockhausen gilt als einer der renommiertesten zeitgenössischen Klassikkomponisten und beeinflusste mit avantgardistischen Konzepten und elektronischen Experimenten auch die Popmusik.
Seit den 1950er Jahren widmete sich der studierte Musiker und Professor, der Violine, Klavier und Oboe beherrschte, der Neuen Musik und baute als einer der Ersten elektronische Klanggeber in seine Arbeiten ein. Später rekurrierten Popmusiker wie Brian Eno, Pink Floyd, David Bowie, Frank Zappa oder Grateful Dead auf ihn.
Die Beatles bildeten sein Gesicht auf dem Cover zu "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" ab, während die Can-Musiker Holger Czukay und Irmin Schmidt bei Stockhausen studieren durften. Von ihm hätte er den Anstoß für die Strukturfreiheit seiner Musik bekommen, schrieb Miles Davis.
Der für seine Exzentrik bekannte Träger des Bundesverdienstkreuzes und des Polar Music Prizes ("Ich wurde auf Sirius ausgebildet, und dort will ich auch wieder hin, obwohl ich noch in Kürten bei Köln wohne.") komponierte über 350 Werke, darunter die Oper "Licht", an der er 28 Jahre lang arbeitete. Das Werk dauert 29 Stunden und wurde bislang noch nie komplett aufgeführt.
Mitte der Neunziger sorgte Stockhausen auf spektakuläre Weise für ein Klangerlebnis der extremen Sorte, indem er die Mitglieder eines Streichquartetts in vier Hubschrauber setzte und sie über Funk dirigierte. 2001 löste Stockhausen schließlich einen größeren Skandal aus, als er in einem Interview die Anschläge vom 11. September in ihrer akribischen Vorbereitung mit einer Konzertaufführung verglich und als "Kunstwerk" charakterisierte. Eine Aussage, für die er sich umgehend entschuldigte.
Der Komponist hinterlässt sechs Kinder, darunter die Musiker und Komponisten Markus und Simon Stockhausen. Seine Beerdigung im engsten Familienkreis ist für Donnerstag geplant.
13 Kommentare
Ich kenne ihn ehrlichgesagt nicht, ziehe nach dem was ich lese aber meinen Hut, solche Leute braucht das Land...
Ich war einmal dabei, als der in nem Club auf Ibiza aufgelegt hat. Eigentlich n bissl komisch der Style aber die Leute sind schon gut abgegangen. Schade um den Mann. Er ruhe in Frieden.
@DerHeiligeVater (« Ich war einmal dabei, als der in nem Club auf Ibiza aufgelegt hat. Eigentlich n bissl komisch der Style aber die Leute sind schon gut abgegangen. Schade um den Mann. Er ruhe in Frieden. »):
Wie darf man sich das vorstellen?!
@Lomeaux (« Damit wäre jetzt auch der allerletzte Pionier von uns gegangen. Und bewegen uns von Aufguss zu Aufguss weiter.
NUR GUT, dass es Bohlen/Medlock gibt... »):
denk noch an die hip hop / rap pioniere, eine der "neuesten" musikrichtungen
Ruhe in Frieden.
Letzten Monat habe ich mich das erste mal überhaupt mit seiner Musik beschäftigt und jetzt diese Nachricht... Das ist wirklich schade.
@dein_boeser_Anwalt (« @sero (« schöpferische tätigkeit: so eine begrifflichkeit reduziert kunst mMn zu sehr auf die bildenden künste, spontane bzw temporöre aktionskunst die nicht im bild festgehalten wird und trotzdem die (rezipierenden) Menschen zur Reflexion anregt wird bei dieser Definition marginalisiert »):
nein, zum glück nicht. schöpferisch ist hierbei im weitesten sinne zu verstehen, erschaffen und kreiren. das schliesst alle denkbaren formen ein. »):
seh ich genauso. und was am 9/11 nicht nur in Bezug auf die Inszenierung sondern auch an kollektivem Gedächtnis geschaffen wurde (Rezeption/Reflexion etc...) ist einfach eine ganz große "PR Leistung". Das hat Stockhausen gemeint und dem schließe ich mich an