Der Bassist der legendären 80er Indie-Band ist tot. Freunde wie Tim Burgess, Rick Astley und all seine Smiths-Bandkollegen trauern um einen Hochbegabten.

Konstanz (mis) - Andy Rourke, Bassist der legendären Indie-Band The Smiths, ist tot. Er starb im Alter von 59 Jahren nach längerer Krankheit an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die Nachricht von seinem Tod erfuhr die Öffentlichkeit gestern zuerst über den Twitter-Account des ehemaligen Smiths-Gitarristen Johnny Marr. Dort hieß es weiter: "Andy wird als gütige, wunderbare Seele bei allen in Erinnerung bleiben, die ihn kannten sowie als hochbegabter Musiker bei den Fans." In seltener Eintracht mit Marr erinnert sich heute auch Sänger Morrissey auf Morrissey Central mit einfühlsamen Worten an seinen früheren Mitstreiter: "Er war sich seiner Kraft nicht einmal bewusst, aber nichts von dem, was er spielte, konnte von anderen nachgespielt werden."

Neben Marr zählte dessen Schulfreund Rourke zur Kernbesetzung der Gruppe aus Manchester, die mit Morrissey und Drummer Mike Joyce zwischen 1982 und 1987 vier wegweisende Studioalben einspielte. Aufgrund seiner Heroinabhängigkeit musste er die Band für etwa drei Monate verlassen, kehrte aber wieder zurück. Die Band beeinflusste Generationen von Musiker*innen, weshalb über die Jahre dementsprechend horrende Reunion-Angebote an sie herangetragen wurden, für die sich in erster Linie Morrissey und Marr nicht empfänglich zeigten.

Obwohl Rourke stets im Schatten von Morrissey und Marr stand, und damit eine Art George Harrison-Position innehatte, sind seine melodischen Song-Beiträge am Bass integraler Bestandteil des Smiths'schen Indie-Rock-Zaubers. Diese treten etwa auf den Hits "There Is A Light That Never Goes Out" oder "This Charming Man" zutage, was man im letzteren Fall auch in einer Version, die ausschließlich seinen Bass enthält, nachhören kann. Neben Peter Hook von der ebenfalls aus Manchester stammenden Band New Order gehört Rourke zu den prägendsten Bassisten der 80 Jahre-Independent-Szene. Die funky Bassline in "Barbarism Begins At Home" (auf "Meat Is Murder", 1985) zeigt außerdem seine Wandlungsfähigkeit.

Nach dem Smiths-Split spielte Rourke eine Zeit lang auf Morrisseys Solosongs, zog dann aber mit Drummer Joyce vor Gericht, um mehr als die ihm zuerkannten zehn Prozent Anteile an Songwriting-Tantiemen einzufordern. Rourke einigte sich mit Marr und Morrissey außergerichtlich und akzeptierte die Zahlung von vergleichsweise läppischen 83.000 Pfund. Als Drummer Joyce 1999 in einem neuerlichen Prozess mit einer Million Pfund sowie 25 Prozent Songwriting-Tantiemen das Gerichtsgebäude verließ, meldete Rourke bereits Bankrott an.

Er spielte auf Songs von Sinead O'Connor, Ian Brown, The Pretenders, Badly Drawn Boy sowie in der Band D.A.R.K. mit Cranberries-Sängerin Dolores O'Riordan und dem New Yorker Produzenten Olé Koretsky, die 2016 das Album "Science Agrees" veröffentlichten. In den Nullerjahren zählte er zeitweise zur Formation Freebass mit Gary "Mani" Mounfield von Primal Scream und Peter Hook. Zudem sieht man ihn jahrelang als DJ bei Indie- und 80er Parties.

Nachdem Marr und Morrissey eine Reunion über die Jahre vehement ablehnen, kommt es 2018 beinahe zu einer Wiedervereinigung der Schattenfiguren: Unter dem Namen Classically Smiths wollen Rourke, Joyce und der 1986 zur Band gestoßene Live-Gitarrist Craig Gannon die Hits ohne die beiden prominenten Kollegen, dafür mit dem Manchester Camerata Orchestra live aufführen. Eine Pressekonferenz wird jedoch zur Farce, nachdem Gannon und Joyce ohne den mittlerweile in New York wohnhaften Rourke auftreten und dieser kurz darauf mitteilen lässt, seine Teilnahme an diesem Projekt nie zugesagt zu haben. Mit Marr hatte sich Rourke längst wieder versöhnt. Ende 2022 kam er bei dessen Gastspiel im New Yorker Madison Square Garden auf die Bühne. Zahlreiche Kollegen und Wegbegleiter von Rourke kondolierten bereits in den sozialen Medien.

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