laut.de-Kritik
Hier wird mit offenen Augen geträumt.
Review von Kai ButterweckZwischen dem Schaffen von Bob Dylan, Jefferson Airplane, Blind Melon und Daft Punk liegen sicherlich Welten. Die drei Folk-Hippies von Night Moves sehen das allerdings anders, und so machte sich das Trio aus Minneapolis im vergangen Jahr daran, den Beweis zu erbringen, dass eine vermeintlich absurde Mixtur von Basis-Klängen der eingangs erwähnten Künstler durchaus Homogenes hervorbringt.
Das Ergebnis ist beachtlich. Denn Songs wie die sphärische Woodstock-Hommage "Country Queen", das wippende Kopfstimmen-Spektakel "Only A Child", das mit Achtziger-Gitarren aufgepeppte "Family Tongues" oder die strukturelle Groove-Wundertüte "Horses", belegen, dass unkonventionelle Verbindungen nicht zwangsläufig im Chaos enden müssen.
Zwar serviert das Trio zwischendurch die eine oder andere Schlaftablette ("In The Rounds", "Old Friends"), doch schaffen es die drei Amerikaner immer wieder mit punktuell eingesetzten Überraschungscoups, in Form von abrupten Tempowechseln und detailverliebten Effekt-Einwürfen, die Gehörgänge auf Empfang zu halten. In reichlich Hall gebettet schlürfen psychedelische 68er-Folk-Sounds im Background, während sich Sänger John Pelant mit markanter Stimmfarbe auf die Reise in umgarnende Falsett-Landschaften macht.
Sollte die Psychopharmaka-Industrie dieser Tage nach einem perfekten Produkt-Soundtrack Ausschau halten, dann ist "Colored Emotions" der ideale Kandidat dafür. Wabernd und emotionsgeladen präsentiert sich die knappe halbe Stunde Musik als kilometerlange Sound-Brücke zwischen der altehrwürdigen Bethel-Farm im Sullivan County und Terry Gillians Fear & Loathing-Death Valley.
Night Moves kleben sich mit ihrem narkotisierenden Debütwerk den breitesten aller Hippietronica-Buttons auf die bandeigene Proberaumtür. Der Moment zwischen Schlaf- und Wachzustand ist genau der Zeitpunkt, in dem sich das Schaffen der Amerikaner als nicht enden wollende Klang-Schnittstelle breit macht. Hier wird mit offenen Augen geträumt.
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