laut.de-Kritik

Jetzt covern schon die Originale ihre alten Songs.

Review von

Kann diesen beratungsresistenten Galliern mal bitte jemand Bescheid stoßen, dass ihr Bossa Nova-Getröte nach zwei Durchläufen ungefähr noch den Spannungsgrad einer Spinal Tap-Reunion aufweist? Mann, war ich heiß, als "3" in die Redaktion schneite. Heiß darauf, endlich mal Schluss zu machen mit dieser Croissant-weichen Lobhudelei auf schlaftrunkene Coverversionen für den Coffee To Go-Shop ums Eck.

Überraschenderweise scheinen Marc Collin und sein NV-Partner Olivier Libaux dasselbe gedacht zu haben. Für "3" gab das Duo tatsächlich ihr starres Brasilien-Konzept auf, so dass die 16 neu auserwählten Wave'n'Electro-Oldies nunmehr in allen erdenklichen Sound-Facetten schimmern. Schade, denn so entziehen sie meinen Veriss-Plänen ziemlich viel Angriffsfläche.

Erschwerend kommt hinzu, dass Nouvelle Vague nun auf einigen Songs sogar mit Originalinterpreten als Duettpartnern posen. Der goldene Hakenschlag zurück zum Originalsong unter dem offiziellen Segen der Komponisten - eine Idee, für die man den Franzosen zumindest Respekt zollen muss.

Spätestens beim von Orgel und Akustikgitarren entfachten Charme des Openers "Master & Servant" muss man sich dann (leider) eingestehen, dass dieser Einfall zumindest noch ein Album lang tragen könnte. Was auch am schönen Background-Gesang Martin Gores liegen könnte. Oder daran, dass die französische Sängerin das Wort "disposable" nicht korrekt aussprechen kann.

"Blister In The Sun" scheint dann selbige in voller Pracht aus dem Hintern, was aber erstens nicht uncharmant gelöst, und zweitens, unter der scheppernden Sound-Ästhetik des Originals eigentlich genau so ist. Mit dem als Country-Ballade konzipierten Talking Heads-Heuler "Road To Nowhere" werden dagegen unschöne Erinnerungen an den überflüssigen Vorgänger "Bande A Part" wach.

Überhaupt: Wieso Collin in Interviews allen Ernstes erzählt, man wolle vor allem "Stücke finden, die in Vergessenheit geraten sind", erscheint in Anbetracht der totgenudelten Nummern "Ca Plane Pour Moi", "So Lonely" oder eben "Road To Nowhere" zumindest fraglich.

Alle Songs auf "3" kennt man dann aber doch nicht und meistens wirds genau dann auch interessant. Etwa wenn Ian McCulloch zum (hier) schwelgerischen "All My Colours" vom zweiten Bunnymen-Album los röchelt oder Birthday Party-Mann Barry Adamson zum Magazine-Stück "Parade" noch eine Oktave tiefer geht.

So findet man auf "3" zwar letztlich doch mehr Licht als Schatten vor, manche Frage bleibt dennoch offen. Etwa warum versierte und sicher nicht unintelligente Musiker wie Collin und Libaux eine Ska-Version von "Ca Plane Pour Moi" für veröffentlichungswürdig erachten. Oder in welchem Daseinszustand man auf die Schnapsidee kommen kann, "God Save The Queen" als Ballade umzusetzen.

Dafür müssten die "Pretty In Pink"-Heroes der Psychedelic Furs und Trent Reznor-Lieblingsbuddy Gary Numan alleine schon ein Dankesschreiben gen Paris aufsetzen, weil man sich wieder an ihre tollen Songs erinnert. "Heaven" und "Metal" gehören klar zu den besseren Covers des Albums.

Und dass eine "Such A Shame"-Ballade nicht peinlich, sondern sogar äußerst einfühlsam und spannend ausfallen kann, muss man auch erstmal hin bekommen. Im ruhigen Stile der Gary Jules-Coverversion von "Mad World" gehalten, verschmerzt man hier auch das Nichterscheinen des großen Talk Talk-Sängers Mark Hollis.

Nun denn: Laut Collin wird "3" das "wahrscheinlich letzte Album sein, dass sich auf New Wave bezieht." Klare Ansage.

Trackliste

  1. 1. Master And Servant
  2. 2. Blister In The Sun
  3. 3. Road To Nowhere
  4. 4. All My Colours
  5. 5. The American
  6. 6. Heaven
  7. 7. Parade
  8. 8. Metal
  9. 9. Ca Plane Pour Moi
  10. 10. Our Lips Are Sealed
  11. 11. God Save The Queen
  12. 12. Say Help Wave Goodbye
  13. 13. So Lonely
  14. 14. Not Knowing
  15. 15. Aussi Belle Qu Une Balle
  16. 16. Such A Shame

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