laut.de-Kritik

Dieter Bohlen lotet neue Abgründe aus.

Review von

"Wie ideenbefreit, uninspiriert, billig und lieblos muss ein Produkt denn noch ausfallen, damit König Kunde aufbegehrt, sich empört an die Stirn tippt und sein Geld stecken lässt?" Die Frage ist nicht neu, stellte sie sich doch - und auch da keineswegs zum ersten Mal - bereits angesichts Pietro Lombardis Debüt-Album.

Mit dem Zweitling versucht man offenbar, die Abgründe vollends auszuloten, in die Dieter Bohlen eine bis an die Debilitätsgränze verdummte Käuferschaft zerren darf. Klar, dass die Klappe "Pietro Style" auch noch die Fliege namens Weihnachtsgeschäft zermalmt.

Und man muss natürlich schnell noch Pietros verebbenden Hype reiten, ehe eine neue DSDS-Staffel Rückenwind für neue Casting-Opfer generiert. Oder nur heiße Luft? Egal. Nach Deutschlands zweifellos untalentiertesten "Superstar" kräht dann vermutlich nur noch ein sehr magerer Hahn. Deswegen lautet das Gebot der Stunde: Noch geschwind mitnehmen, was geht. Klar, dass unter solchen Umständen erneut ein so hastig wie herzlos zusammengewürfelter Bohlen-Sampler herausspringt.

Wieder strapaziert der "Pop-Titan" die üblichen Schulbuchreime. "Fire reimt ungebrochen auf "desire", "life" auf "survive", "you" wahlweise auf "true" oder "blue". "And when you're next to me / Baby it's like ecstasy." Wissen wir. Wirklich neu dagegen die Erkenntnis: "Baby make me shalala / Baby with you lalala."

Lombardis Angewohnheit, auf unschuldigen Vokalen herum zu schluchzen - die einem auch hier wieder als "Pietro Style" angedreht werden soll - täuscht auch diesmal nicht darüber hinweg, dass der Knabe des Englischen höchstens rudimentär mächtig ist. Zudem scheint Pietro offenbar wirklich außerstande zu sein, Songzeilen, die maximal aus fünf Vokabeln (von insgesamt allerhöchstens hundertfünfzig) bestehen, korrekt wiederzugeben.

Gut, dass wieder der komplette Text einschließlich jedes einzelnen "Oooooohs" und "Yeahs" im Booklet abgedruckt wird. Daraus hätte Pietro eigentlich ablesen können. Neben den Texten liefert das Beipack-Heftchen ein, zwei durchaus beeindruckende Landschaftsaufnahmen. Die Freude daran trüben allerdings ein meist mit unglücklicher Miene im Bild stehender Karlsruher Kappenträger und die von einem offenbar blinden Grafiker oder dessen Maulwurf inflationär darüber gestreuten Sterne. Es weihnachtet sehr. Hallelujah.

Bevor Pietro-Fangirls anfangen zu heulen, es solle schließlich um die Musik gehen: "Pietro Style" birgt auf der einen Seite seelenlose Drumcomputer-Bummbumm-Beats in Tateinheit mit Kirmes-Synthies, die schon vor 15 Jahren am Autoscooter altbacken klangen. Dem gegenüber stellt Bohlen grauenhaft zopfigen Balladen-Pop. Egal, ob mit Klavier oder Akustikgitarre angerührt: Die langsamen Nummern erwecken sämtlich den Eindruck, G. G. Anderson habe einen in eine Ausgabe der ZDF-Hitparade entführt. Mitklatschen inklusive. Immer schön auf eins und drei. So stelle ich mir die Hölle vor. Diese Sounds können 2011 doch eigentlich niemandes Ernst mehr sein.

Zum krönenden Abschluss regnet es, saisonal bedingt, noch eine Runde "celebration, love and harmony". "Peace on Earth", Alter! "It's Christmas Time". Wer wird denn da so garstig urteilen wollen?

Trackliste

  1. 1. Goin' To L.A.
  2. 2. Baby Feel My Body Rock
  3. 3. It Cuts Like A Knife
  4. 4. When Your Heart Is Missing A Beat
  5. 5. Come Back And Stay With Me
  6. 6. Hey Girl!
  7. 7. Tonight Could Be The Night
  8. 8. I Was So Blind
  9. 9. Cannot Stand The Pain
  10. 10. I Promised My Heart To You
  11. 11. I'll Never Give Up
  12. 12. It's Christmas Time

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22 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    und ich haette gedacht my beautiful dark twisted fantasy wird album der 10er. aber da habe ich mich nach pietros zweiten werk ordentlich in den finger geschnitten.

  • Vor 12 Jahren

    Ich verstehe echt nicht, wieso laut.de so ein vermeidbares Album (das ist die netteste Bezeichnung, die mir für dieses "Werk" einfällt) rezensiert.

    Ich meine die Menschen, die so etwas kaufen können höchstens die Sprechblasen einer Bravo-Zeitschrift entziffern, sie lesen bestimmt keine Kritik...

    Die Autoren sollten ihre kostbare Arbeitszeit nicht mit DBE vergeuden, sondern uns User über "richtige" Musik informieren, z.B. über die neuen Platten von Avenged Sevenfold oder The Sorrow, die ja von euch nicht bewertet wurden.

    P.S.: DBE steht für die Abkürzung Dieter-Bohlen-Erguss und sollte meiner Meinung nach auf jedem Plattencover, bei dem der "Titan" seine Griffel im Spiel hatte, stehen-Als Abschreckung und Warnung.

  • Vor 12 Jahren

    Schonmal dran gedacht, dass Laut.de sich auch finanzieren muss. Ich denke nicht, dass sie das freiwillig machen sondern weils zu den Deals mit den Labels gehört. Und so nutzen sie wenigstens die Gelegenheit und zerreissen so einen Schrott wo es nur geht. Ist doch gut.
    Ich könnte mich natürlich auch irren und die Redaktion liebt es einfach sich ab und zu in Scheisse zu wälzen :D