laut.de-Kritik
Hier liegen gut und schlecht verdammt nah beieinander.
Review von Anastasia HartleibKurz gab es die Überlegung, die Review zu "Metamusik" als offenen Brief zu verfassen. Es gab sogar schon einen fertigen Text, gegliedert in vier Punkte, warum "Metamusik" gut ist, provokativ-pubertärer, Besserwisser-Vice-Style. "Davon fühle ich mich intelektuell beleidigt", meinte der Korrekturleser dazu. Vielleicht nicht die beste Voraussetzung, wenn man über eine Retrogott & Nepumuk-Platte schreiben will.
Vor allem auch, weil ein Text, der nur beschreibt, warum "Metamusik" gut ist, unehrlich wäre. Aber wie zur Hölle leitet man dann eine Rezension ein, in der gut und schlecht so verdammt nah beieinander liegen?
Wobei schlecht auch nicht der richtige Ausdruck ist. Hier geht es bereits mit dem erstem Problem los: Kann ein Album, das von Retrogott und Nepumuk produziert und gerappt wurde, überhaupt schlecht sein? Wenn man Boombap und Concious-Rap nichts abgewinnen kann, ist diese Frage schnell beantwortet, klar. Aber sonst?
Beide Künstler stehen in dem, was sie tun, ganz oben auf der Qualitätsstufe. Sowohl Retrogott als auch Nepumuk sind Drachen ihrer Rap-Sparte, spucken zynisch-intelligente Reimketten statt Feuer, legen hochwertige Beats statt Eier. Staubig, klar, uniform, wenn man will. Aber so gut! Die warmen Soul-Samples, die einladenden Jazz-Pianos, blechernd leiernden Basslines, trockenen Drums, die Vocal-Schnipsel - die Beats der beiden sind so reichhaltig, einladend und zurückhaltend zugleich.
Wenn man diesem Sound etwas abgewinnen kann, wird "Metamusik" nicht langweilig. Auch weil Reime, wenn sie gut gemacht sind, nicht langweilig werden. Punches, die präziser nicht formuliert sein könnten, Sektionen einer spießig- bis durchschaubaren Rap-Landschaft und treffende Beschreibungen einer Gesellschaft mit fragwürdigen Moralvorstellugen. Wer das alles in Reime packen kann, darf sich getrost Meister seines Fachs nennen.
All das spricht schon dafür, dass "Metamusik" ein verdammt gutes Stück Musik ist. Aber andererseits ist "Metamusik" eben auch ziemlich erwartbar. Und wieder diese philosophischen Fragen: Ist Erwartbarkeit etwas schlechtes? Ja, weil Erwartbarkeit den Tod der Neugier bedeutet. Nein, weil Erwartbarkeit etwas Heimeliges hat, Sicherheit und Wohlbefinden spendet. "Metamusik" ist heimelig, wohlklingend, spendet das Gefühl, mit dem Hass auf 'die da draußen' nicht alleine zu sein. Aber neugierig macht "Metamusik" auch nicht wirklich. Retrogott und Nepumuk - bereits beim Lesen der Interpreten weiß man exakt, wie das Album klingt. Und liegt richtig.
Alle Motive von "Metamusik" hat man bereits gehört. Auf jeder Retrogott-Platte, auf jeder Nepumuk-Platte. Auf einigen vielleicht sogar schon mit mehr Freshness. Dass die beiden sich für dieses Album zusammen ins Studio gesetzt haben, ändert daran nichts. Aber es ändert auch nichts daran, dass Lines wie "Die bürgerliche Mitte schreit nach leichter Berieselung und bekommt was sie verlangt / ein Leben für die Prime Time, die Zeit verläuft im Sand" oder "Mentale Sklaven sehen in ihren Ketten Erfolg" als Klassiker der deutschen Lyrik von Schulklassen analysiert werden könnten. "Metamusik" spielt auf verdammt hohem Niveau - aber macht Qualität ein Album bereits gut? Irgendwie nicht. Irgendwie aber auch schon.
2 Kommentare
Kann mir die Stimme von Nepomuk einfach nicht geben, finde ich wirklich unerträglich.
Das schlechteste Album das ich mir bis zum dritten Track geben konnte.
Kommt danach noch was außer Haus/Maus Peinlichkeiten?