laut.de-Biographie
Roc Marciano
Rakeem Calief Myer (Jahrgang 1978) gilt als der einzige (Karriere-)Überlebende des Flipmode Squad. Während das Gros der Busta Rhymes-Crew in den 2010ern mehr oder minder von der Hip Hop-Bildfläche verschwunden ist, nutzt der Rapper, Songwriter und Produzent das Sprungbrett geradezu musterhaft. Spätestens seit dem Solodebüt "Marcberg" 2010 zählt er, dessen Pseudonym sich an Boxlegende Rocky Marciano anlehnt, zu den ganz großen Underground-Veteranen.
2001 verlässt der Amerikaner aus der für Crack berüchtigten New Yorker Hempstead-Gegend in Long Island die Rhymes-Posse und gründet seinen eigenen Act. Als Hardcore-Rap-Combo UN mit den drei anderen MCs Dino Brave, Laku und Mic Raw veröffentlicht er 2004 die LP "UN OR U Out" auf 456 Entertainment. Wegen Schwierigkeiten, einen Plattenvertrag zu erhalten, sind UN nicht viel später jedoch schon wieder Geschichte.
2005 taucht Marciano als Feature-MC auf der Wu-Tang Clan-Compilation "Wu-Tang Meets Indie Culture" auf, 2008 auf Pete Rocks "NY's Finest". Sein No-Bullshit-Rap, in dem hypnotische Loops auf eindringliche Straßenpoesie treffen, macht ihn schnell zum Kritikerliebling. Konsequenterweise verfolgt er fortan seine Solokarriere.
Mit der vollständig selbstproduzierten Albumpremiere "Marcberg" hat Marciano zwei Jahre darauf nicht mehr nur die gesamte informierte Blogosphäre hinter sich, sondern bucht auch die renommiertesten Hip Hop-Produzenten fürs Studio ein: The Alchemist und Q-Tip sind vom authentischen 1990er-Sound so begeistert, dass sie für den Nachfolger "Reloaded" (2012, Decon Records) direkt eigene Beats beisteuern.
Weder Zeitgeist-Hipstertum noch fades Retrorapplagiat, sondern staubigster Boom Bap und Stream-of-Consciousness-Erzählstil prägen Roc Marcianos Werke. Nach Mentoren in frühen Jahren gefragt, erinnert er sich: "Das Rappen kam ganz natürlich zu mir, indem ich von den Besten lernte, die damals im Radio liefen. Dabei habe ich zu vielen MCs aus Long Island aufgeschaut. Public Enemy, De La Soul, Grand Daddy I.U., EPMD, Biz Markie und Rakim natürlich. Unser Stadtteil hatte definitiv einen starken Einfluss auf das Hip Hop-Geschehen."
Seinen Produktionsstil beschreibt Meyer als Versuch, "die Musik so zu erschaffen, als würde ich einen Film machen". Szenen und Kapitel tragen dabei Newcomer wie Action Bronson und Legenden wie Madlib gleichermaßen bei.
Das Rezept gelingt ihm auf "Marciology" 2024 ausgesprochen gut. Die dichte, leicht schaurige Angelegenheit mit exzellenter Eigenproduktion hievt den MC zurück ins Gedächtnis einer neuen Generation von Rap-Afficionados und verdientermaßen auf zahlreiche Jahresbestenlisten.
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